Hallo,
Europcar sei Dank, konnte ich für 10 Tage und 2.500 km den neuen VW Beetle 1.2 TSI ausgiebig testen. Hier mein Bericht als VW-Neukunde:
Zur Sicherheit:
Top, wenn man die fehlenden Airbags für die hinteren Passagiere vernachlässigen kann. Beim Golf kann man diese aufpreispflichtig einbauen lassen, im Beetle leider nicht.
Zum Design:
Der Beetle war in der Design-Linie, aussen schwarz, innen schwarz, Sitze Textil Antrahzit, Instrumente, Teppich und Himmel in Titanschwarz ausgestattet.
Während der neue Beetle von außen einfach nur genial ist, so ist das Titanschwarz am Autohimmel einfach nur bedrückend. Dies liegt v.a. daran, dass das Dach sehr weit nach vorne zur sehr steilen und kleinen Frontscheibe reicht und damit deutlich in das Gesichtsfeld hineinragt. Leider kann man keine dunklen Sitzbezüge in Kombination mit einem hellen Himmel bestellen. Fazit: Ohne Panoramadach ist der schwarze Fahrzeughimmel kaum erträglich.
Das grundsätzlich in der Designausstattung sehr schöne in Außenfarbe lackierte Instrumentenbrett, auf Neudeutsch Dashboard. kommt bei dieser Innenausstattung in Titanschwarz leider nicht zur Geltung. Dafür dürfte das Material wöchentliche Pflege erfordern, wenigstens in schwarz sieht man nach wenigen Tagen Fingerabdrücke und Staub. Auch scheint das Material sehr empfindlich zu sein. Der Mietwagen hat schon nach 9.000 km und 4 Monaten einige Kratzer innen aufzuweisen.
Zur Sicht:
Der Beetle ist nach vorne und zu den Seiten sehr übersichtlich. Nur der Blick nach hinten hat sich auch nach 70 Jahren bauartbedingt nicht wirklich verbessert. Ein Parkassistenzsystem ist daher unverzichtbar. Dieses bewerkstelligt seinen Dienst akustisch und optisch sehr zuverlässig. Im Zweifel sollte man es manuell einstellen. Fährt man zu spritzig in die Parkbucht, spricht es nicht zwingend an.
Bei Regen räumen die Scheibenwischer das Wasser von 90% der Glasfläche. Nur oben rechts, wo es nicht stört, kommt der Scheibenwischen nicht hin.
Den fehlenden Heckscheibenwischer habe ich nicht vermisst. Anders als beim Käfer meines Vaters bleibt die Heckscheibe erstaunlich sauber.
Zur Verarbeitungsqualität:
Der Beetle sieht sehr wertig verarbeitet aus. Das Fahrzeug rappelt und klappert nicht, die Türen schliißen leicht aber satt. Kritikwürdig fühlt sich das Armaturenbrett und die Verkleidung der A, B und C-Säulen an: billiges Hartplastik. Leider kann man das Armaturenbrett nicht einmal gegen Aufpreis z.B. mit Leder oder aufgeschäumten Kunststoff ausstatten.
Auch das Lederlenkrad fühlt sich nicht ganz so hochwertig an. Besonders ärgerlich ist der Einsatz eines Billigplastikteiles in der 6 Uhr Position des Lenkrades. Auch dieses lässt sich nicht gegen Aufpreis ersetzen.
Die einzige Fehlfunktion konnte ich an der elektr. Fahrerscheibe feststellen. Der Einklemmschutz spricht immer wieder beim Hochfahren der Scheibe an, so dass es schon ein paar Anläufe erfordert, die Scheibe zu schließen. Auch schließt die Scheibe nicht vollständig, nachdem man eingestiegen ist und die Türe geschlossen hat. Hier hat VW nämlich eine sehr sinnvolle "Einstiegsautomatik" installiiert, welche beim Öffnen der Türen die Scheibe um 5 mm senkt und nach dem Schließen wieder anhebt, so daß die Luft beim Schließen gut entweichen kann.
Zur Funktionalität:
Was fehlt, ist ein Gurtvorholer, wie man ihn z.B. aus dem 3er BMW kennt. Die B-Säule steht so weit hinten, dass man sich beim Anschnallen selbst mit langen Beinen und weit zurückgefahrenem Sitz deutlich nach hinten drehen muß, um den Gurt zu erreichen.
Die Einstiegshilfe zum Vorfahren der Vordersitze funktioniert hingegen hervorragend und leichtgängig. Selbst meine 6-jährige Tochter konnte den Vordersitz sowohl beim Ein- als auch beim Aussteigen bequem nach vorne schieben. Beim Zurückfahren des Vordersitzes rastet dieser wieder in der Ausgangsposition mit allen Einstellungen ein: einfach und genial.
Der Fahrersitz bietet auf langen Fahrten nicht genug Halt, hier ist die aufpreispflichtige Lordosenstütze dringend zu empfehlen.
Selbst mit zwei kleinen Kindern ist der Zweitürer sehr praktisch. Mir persönlich fällt das Anschnallen der Kinder beim 2 Türer mit vorgeschobenem Vordersitz wesentlich leichter, als bei einem 4-Türer.
Auch Erwachsene haben hinten überraschend viel Platz und Kopffreiheit.
Der Kofferraum ist ggü. dem Vorgänger deutlich gewachsen und absolut alltagstauglich. Die weit aufschwingende Heckklappe lässt sich bequem öffnen und wird nach wenigen cm von den Dämpfern automatisch aufgezogen. Das System ist so gut austarriert, dass sich die Klappe ohne großen Kraftaufwand wieder schließen lässt. Nur das Schloß will manchmal nicht zufallen, die letzten cm des Weges sollte man mit etwas "Schmackes" zudrücken.
Zu Motor, Fahrdynamik und Fahrwerk:
Abgesehen vom Verbrauch, ist der 1.2 TSI mit 105 PS einfach nur ein Traum. Der Beetle liegt wie ein Brett auf der Straße, Autobahnabfahrtkurven mit 70 km/h durchfährt man ohne jedes Zögern, der Fahrtkomfort ist trotzdem sehr angenehm und nicht zu sportlich. Der Motor zieht den Beetle bis 160 wie am Gummiband. Erst darüber merkt man, dass es wirklich nur der kleine Motor ist, der das Fahrzeug antreibt. Das 6 Gang Schaltgetriebe ist sehr leicht, schnell und angenehm zu schalten. Die Abstufungen sind gut auf die Dynamik des Motoes abgestimmt.
Zum Verbrauch:
Im Schnitt habe ich 8 l / 100 km benötigt.
Bei sehr sparsamer Fahrweise konnte ich mit 7 1/4 l auskommen, bei normaler Fahrweise waren es 8 1/2 l und mit Bleifuss auf der Autobahn zieht sich der 1.2 TSI satte 10 l rein.
Das ist nicht mehr zeitgemäß. Wer also viel unterwegs ist, sollte sich einen TDI zulegen.
Zum Navi CNS 310:
Bisher fahre ich privat mit einem mobilen Navigon, das an sich sehr präzise, schnell und gut ist. Mit dem VW-Navigationssystem kann es aber nicht mithalten und auch im Vergleich zu anderen Herstellersystemen ist das CNS 310 einfach, superschnell (2 Sekunden zur Routenberechnung) und sehr präzise. Auch Verkehrsstörungen werden schnell und zuverlässing verarbeitet, die prognostizierten Fahrzeiten sind extrem präzise, die Abweichungen lagen unter 5 Minuten. Ledigleich die Auswahl alternativen Routen habe ich nicht finden können - allerdings habe ich auch nicht das Handbuch gelesen, weil das System sehr intuitiv zu bedienen war.
Zu den Instrumenten:
Sehr schön gelungen und sehr gut ablesbar sind die Rundinstrumente mit weißen Ziffern und rot beleuchteten Zeigern. Auch die Multifunktionsanzeige ist sehr informativ: Beim Einstieg werden geöffnete Türen, offene Gurte hinten und Gurtwarnsymbol für Vordersitze eingeblendet. Bei der Fahrt wird die Distanz zum nächsten Wegepunkt des Navi und Fahrtrichtungspfeile eingeblendet. Bei Bedarf lassen sich der Verbrauch, Durchschnittsverbrauch etc. einblenden. Rechts oben wird der eingelegte Gang angezeigt. Ist dieser mit einem Pfeil nach oben markiert, sollte man den nächsten Gang wählen. Ich erkenne, dass ich aus dem Gefühl heraus oft zu spät hochschalte.
Was bei meinem Modell fehlt, sind die für geschenkte 150 € zuwählbaren drei Rundinstrumente für die Mitte des Armaturenbrettes. Ich habe mir einen Vorführwagen angesehen, in dem diese verbaut waren: einfach schick, ein Muss ! Diese Instrumente braucht man zwar nicht wirklich, sie sehen aber toll aus. Ohne diese klafft eine kleine Ablagemulde im Armaturenbrett, praktisch aber hässlich.
Zum Tempomat:
Der Tempomat wird mit dem linken Hebel am Lenkrad bedient. Ein kleiner Schalter am Hebel kann den Tempomaten ein und ausschalten bzw. die letzte Geschwindigkeit reaktivieren. Der Tempomat schaltet sich aus, wenn die Kupplung oder Bremse getreten wird. Ein erneutes kurzes Eindrücken des Hebels reaktivviert ebenfalls die letzte Geschwindigkeit. Das ist oft nicht sinnvoll, besser funktioniert es, wenn man den Hebel solange eindrückt, bis man die leichte Beschleinigung spürt und dann im Verkehr mitfließen kann. Da der Motor so spritzig ist und zum dynamischen Fahren verführt, ist der Tempomat sehr zu empfehlen, wenn man spritsparend unterwegs sein möchte.
Zur Klimatronic:
Trotz Klimatronic ist es mir nicht gelungen, ein befriedigendes Belüftungskonzept einzustellen. Entweder spürt man das Gebläse zu deutlich und friert oder es ist zu warm / zu schwül und das bei Außentemoeraturen zwischen 16 und 26 Grad Celsius. Nach einer Probefahrt mit dem Passat vermute ich, dass dies an der sehr kurzen Distanz zwischen den Gebläseöffnungen zum Körper und an der zu starken Gebläsestufe in der Minimalstellung liegen könnte.
Zum Licht und Sichtpaket:
Weder die Abblendautomatik noch der Regensensor überzeugen wirklich. Ein falsch eingestellter Scheinwerfer des Fahrzeuges hinter mir blendet selbst bei Tageslicht so sehr, dass ich den Innenspiegel wegdrehen muss. Mein manuell umklappbarer Innenspiegel in meinem Mazda ist da wesentlich effektiver. Auch der Regensensor ist bei dem Aprilwetter im Juli mit den wechselnden Lichtbedingungen oft überfordert. Fazit: Das Geld kann man sparen.
Mein Gesamtfazit:
Ein wunderschönes, praktisches Automobil im Retrodesign, jetzt auch für Männer. Ich habe meinen jetzt bestellt: in Weiß, als TDI und - mit zusätzlichen Rundinstrumenten und natürlich Panoramadach ;-)
Die Konkurrenten Fiat 500 und Mini könne einpacken, der Fiat ist zu klein und der Mini für die gebotene Qualität viel zu teuer.
Gute Fahrt
Martin
PS: Habe erfahren, dass die Lieferzeit 6 Monate dauert. Weil ich dringend einen neuen fahrbaren Untersatz benötige, bin ich jetzt auf einen Passat CC Jahreswagen umgestiegen. Ist auch ein 4-Sitzer ;-)