Nicht von ungefähr war der Alfa Romeo 156 das Auto des Jahres 1997 und gilt vielen nach wie vor als eines der schönsten Autos der Neuzeit.
Meine schwarze "bella" war in der Ausstattung (Vollleder rot, Klimaautomatik, Sitzheizung, 4 elektr. Fensterheber, Selespeed, 16-Zoll-Alus) relativ selten. Dummerweise hatte ich das große Pech, dass der Wagen kurz nach dem Kauf sofort in die Werkstatt musste. 5 Liter Ölverbrauch auf 1000 km - Diagnose: Kolbenkipper, neu gemacht wurden ein Kolben, ZKD, Deckeldichtung, Hydrostößel, Ventilschaftdichtungen, 2 Zündkerzen, Riemenspanner, Wasserpumpe & Nockenwellensensor. Zylinderkopf komplett überholt & Ventile neu eingeschliffen - ich investierte 1800 Euro in die Reparatur.
Positives:
Kleine Ungenauigkeiten in Schaltanzeige und Kombiinstrument geschenkt - zumindest die Elektronik ist besser als ihr Ruf. Auch Selespeed funktioniert in meiner "bella" hervorragend, sollte in Abständen kalibriert und das Öl getauscht werden. Gehört zu Alfa dazu, genauso wie die Ölwechselintervalle von MAXIMAL 10.000 km (ach ja, beim 2,0 TS bitte UNBEDINGT 10W60 verwenden!!!), und die Zahnriemenintervalle von etwa 60.000 km. Wer liebt, pflegt und seinen Alfa sollte man lieben.
Dafür bietet der 156 mehr Auto für's Geld als jede andere Mittelklasselimousine seiner Zeit. Das Design ist zeitlos, schnittig und einfach wunderschön, das Platzangebot verblüffend groß. Selbst auf den hinteren Plätzen reist man bis etwa 1,85 bequem, die vorderen Ledersessel sind fürstlich. Eng wird's allerdings für die Knie des Fahrers, zudem sitzt man in der 1,38 Meter flachen Karosse nahezu auf dem Asphalt.
Der Doppelzünder (2 Zündkerzen pro Zylinder, effektivere Verbrennung, mehr Leistung) ist nicht unbedingt ein Leisetreter. Doch das hochfrequente Schnurren stört nicht. Der Motor ist sehr hochdrehend (3000 upm bei 100 km/h im Fünften) und erreicht seine maximale Leistung erst bei 6300 upm. Den Mutigen, der die Drehorgel ausfährt belohnt der Alfa mit einem nahezu ferrariartigen Sound. Lässt man's ruhiger angehen, sind Verbräuche unter 7,5 Liter machbar, allerdings nur wenn der Fahrer per Hand schaltet, wer im Vollautomatikmodus fährt (bei Selespeed "City" genannt) dürfte konstant um 8,5 Liter liegen. Selespeed ist halt technisch veraltet und schaltet extrem spät hoch. Auch die Schaltzeiten sind lausig.
Die Handhabung von Selespeed bedarf übrigens insbesondere bezüglich der Feinheiten in Sachen Anfahren und Rückwärtsgang bei den meisten Leuten etwas Übung.
Beeindruckend die Alltagstauglichkeit der 4,45 Meter langen Limousine. Im knackigen Heck verbirgt sich ein geräumiger Kofferraum, in der Rückbank integriert ist eine Durchlademöglichkeit. Die Sitzheizung ist ein nettes, aber überflüssiges Accessoire, da die Heizung sehr leistungsfähig ist und den Hintern des Fahrers auch im Winter verhältnismäßig schnell auf Temperatur bringt. Konträr überzeugt auch die Klimaautomatik, die im Sommer unverzichtbar ist - wie gesagt, mein Auto war schwarz.
Kleine Anekdote: Die Temperaturanzeige für's Motorkühlmittel steigt normal nur auf 75 - 85 Grad. Im StopandGo geht's gerne schnell mal auf 95, bei gemächlicher Fahrt genauso schnell wieder zurück. Kein Grund zur Sorge, das ist bei dem Modell gängig.
Ich muss noch mal zum Öl kommen, eingefleischte Alfisti mögen mir verzeihen. EGAL, was die Werke, der Nachbar oder A.T.U. sagen - den 2,0 TwinSpark bitte NUR mit 10W60 fahren. Ich hab's erwähnt: Langhuber, hohe Kolbengeschwindigkeiten, de facto hohe Temperaturen im Motor, wer öfter mal sportlich fährt (und das verlockt bei 155 PS), der sollte die paar Euro investieren. So lässt sich die Lebensdauer der italienischen Mechanik zumindest geringfügig verlängern . . .
Wartungsintervalle einhalten, Ölstand regelmäßig kontrollieren (nein, 1 Liter auf 1000 km sind nicht normal, egal was Alfa sagt, da gibts Handlungsbedarf), Motor auch bitte erst dann auf den Kopf treten, wenn warmgefahren - und auf euer Glück vertrauen. Denn trotz allem weist der 2,0 TS einen UNGLAUBLICHEN Fehler auf.
Etwa 10 % der Motoren leiden unter einem Materialfehler und krepieren um die 120 Tkm aus heiterem Himmel - Pleuelriss. Oben angesprochen, von vielen Alfisti gehört, unvorhersehbar und aus heiterem Himmel. Mich erwischte es auf der Autobahn und nachdem ich das Auto reflexartig noch mal einfangen konnte und derzeitige Freundin und ich den trotz allem heftigen Unfall überlebten, brannte das Auto komplett aus.
Nachdem ich insgesamt 4700 Euro in das Auto investiert hatte, im Nachhinein zu erfahren, dass es eh' immer Glückssache ist, ob die 2,0er-Motoren die 120 Tkm-Grenze überstehen grenzt für mich an eine bodenlose Sauerei, zumal ich bei weitem nicht der Einzige bin, dem es so geht. Alfa ist als Auto für mich gestorben, einzig das rote Modellauto behalte ich als Andenken . . .