Hallo,
eigentlich wollte ich mir im letzten Jahr den neuen „The Beetle“ zulegen. Langen Lieferfristen sei Dank, bin ich dann aber auf einen Passat CC als Jahreswagen umgestiegen. Um es vorab zu sagen, ich bereue es nicht! Für fast das gleiche Geld bekommt man sehr viel mehr Auto, zwar gebraucht, aber mit Gebrauchtwagengarantie vom VW-Händler kein echtes Problem. Hier nun nach 9 Monaten und 30.000 km eigener Fahrleistung mein Bericht:
Ich habe den Passat CC vom Baujahr 2010 mit 2,0 Ltr. - 125 kW TDI Motor mit 6 Gang DSG Automatikgetriebe, adaptiver Fahrwerksregelung DCC und jeder Menge Zusatzausstattung bei einer Laufleistung von 40 Tkm und knapp 2 Jahren zu rd. 50% des Listenneupreises erstanden:
Zum Design:
Der Passat CC wirkt in Candy-Weiß mit getönten Scheiben hinten und getöntem Panoramadach sehr sportlich. In Schwarz oder anderen gedeckten Farben wirkt er eher elegant, keinesfalls aber bieder, wie die Standardlimousine. Obwohl der Wagen deutlich flacher gebaut ist, sitzt man innen bequem und unbeengt. Die Sicht ist zu allen Seiten frei, lediglich die sehr schräg gestellten A-Säulen können die Sicht beim Abbiegen gefährlich einschränken. Einparken ohne Parkassistenzsystem wäre wohl eher nicht möglich, ist aber bei der Bauweise moderner Karosserien heute auch Standard. Der Innenraum wirkt mit der Lederausstattung und den Dekoreinlagen in Nussbaum und gebürstetem Aluminium sehr edel und hochwertig. Angenehm und elegant ist auch die indirekte Innenbeleuchtung hinter der Türverkleidung. Zum Glück fehlt bei diesem Baujahr in der Mitte des Armaturenbrettes die „Opa-Uhr“, welche bei den nachfolgenden Baujahren die Linienführung unterbricht und schlicht häßlich ist. Stattdessen klappt eine elegante Telefontastatur aus dem Armaturenbrett aus, wenn man die Tastaturabdeckung leicht eindrückt. Der Innenraum ist in Bege hell und freundlich gehalten, bei schönem Wetter kann man die Panoramadachblende manuell aufschieben und den Innenraum mit Licht fluten. Leider lässt sich das Panoramadach nur aufstellen und nicht nach hinten aufschieben, dies allerdings auch elektronisch.
Das Platzangebot lässt keine Wünsche offen. Auch Erwachsene haben hinten sehr viel Platz und Kopffreiheit.
Der Kofferraum ist riesig und für diese Bauart absolut alltagstauglich. Schade ist nur, dass sich die Rücksitzbank nicht komplett umklappen lässt. Die automatisch auf Knopfdruck öffnende Heckklappe macht sich bei Unachtsamkeit leider ab und an selbständig, hier ist mit der Fernbedienung in der Hosentasche absolute Vorsicht geboten.
Zur Verarbeitungsqualität:
Der Passat CC sieht sehr wertig verarbeitet aus und fühlt sich auch so an. Das Fahrzeug rappelt und klappert nicht, die Türen schließen leicht und satt. Die elektrisch verstellbaren Sitze sind sehr bequem, bieten guten Halt und ermöglichen ein ermüdungsfreies Fahren. Eine Lordosenstütze und Memoryfunktion der Sitzeinstellung runden den hervorragenden Eindruck ab.
Zur Sicherheit:
Airbags vorne und hinten sind ein Muß, der Parklenkassistent mit selbständig drehendem Lenkrad ist ein sehr schöner Gag, für enge Parklücken ist er sogar eine echte Hilfe. Die Rückfahrkamera ist v.a. mit Rücksicht auf Fußgänger ein echtes Sicherheitsplus, der Tempomat mit Autom. Distanzregelung ist für sparsames und entspanntes Fahren sehr angenehm und trägt indirekt zu mehr Sicherheit bei. Ganz direkt wirkt sich das Umfeldbeobachtungssystem (Front assist) positiv auf die Sicherheit aus , welches mir schon einige Male in kritischen Situationen durch einen Signalton und proaktiven Bremsdruckaufbau sehr geholfen hat. Der Spurhalteassistent (lane assist) erscheint mir eher überflüssig, da er gerade in Baustellen mit sachten Lenkimpulsen mehr stört, als er im Alltag bei schlechten Fahrstreifenmarkierungen nutzt.
Zu Motor, Fahrdynamik und Fahrwerk:
Der Motor ist kraftvoll und durchzugsstark, er katapultiert die schwere Karosse gefühlt im Nullkommanix auf Tempo, ohne zum Rasen zu verführen – im Gegenteil. Gemütliches Crousen mit sachten und spritsparenden Beschleunigungen liegen dem kraftvollen 2 Literdiesel genauso.
Das adaptive Fahrwerk ist ein absoluter Traum und lässt sich auf Knopfdruck zwischen „Comfort“, „Normal“ und „Sport“ umschalten. Hierdurch ändert sich nicht nur die Dämpfung von sänftenweich bis bretthart, sondern auch die Servolenkung. Dies ändert den Charakter und die Straßenlage enorm. Die adaptive Dämpfung arbeitet sehr schnell und passt sich in dem vorgewählten Bereich automatisch der Fahrdynamik und Straßenlage an. Selbst bei 220 km/h liegt der Passat CC wie ein Brett auf der Straße. Tachokontrolle ist unerläßlich, bis 180 km/h spürt man nicht, wie schnell man unterwegs ist.
Das DSG Direktschaltgetriebe arbeitet schnell und schaltet spritsparend im D-Modus bereits unter 2000 U/min hoch. Im S-Modus dreht es den Motor hingegen konsequent bis kurz vor den roten Bereich voll aus – wer es braucht, bitteschön. Ich nutze den Sportmodus so gut wie nie. Vorher nutze ich die manuelle Schaltung am Wahlhebel, insbesondere um das automatische Rauf- und Runterschalten bei ungünstigen Lastsituationen zu vermeiden. Oder ich schalte über die Schaltwippen am Lenkrad, mit denen man jederzeit die Automatik in mechanisch sinnvollen Grenzen übersteuern kann, was v.a. bei Überholvorgängen oder dem Einsatz der Motorbremse regelmäßig sinnvoll ist. Ob das DSG sein Geld wirklich wert ist, kann ich nicht mehr objektiv beurteilen. Die anfängliche Begeisterung ist der Alltagsgewöhnung gewichen. Man nimmt das DSG nach der Eingewöhnung einfach nicht mehr wahr, weder positiv, weil man sich eingewöhnt hat, noch negativ, weil es einfach nicht stört. Definitiv spart es ggü. dem manuellen und gefühlsmäßigen Schalten Sprit. So früh und so schnell schaltet kein normaler Autofahrer. Zu beachten ist allerdings neben den hohen Anschaffungskosten auch, dass regelmäßig höhere Wartungskosten anfallen.
Zum Verbrauch:
Sehr positiv überrascht bin ich vom Verbrauch. 6,6 Liter Diesel im Drittelmix sind bei normaler Fahrweise bis zu 120 km/h Alltagsdurchschnitt. Mit Tempomat und 100 km/h auf der Autobahn sinkt der Verbrauch auf 5,8 Liter. Bei Vollgas und Dauergeschwindigkeiten um 200 km/h steigt der Verbrauch nicht über 8 Liter. Für diese schwere Karosse sind dies sehr gute Werte. Was der Wagen im Stadtverkehr mit viel stop and go verbraucht, kann ich hingegen nicht exakt angeben, da ich auf dem Lande wohne. Ich vermute aber, dass dies bei 7,5 Liter liegen müsste. Bei einem 70 Litertank und einer durchschnittlichen Reichweite von 1100 km ist „taktisches Tanken“ sehr gut möglich.
Zum Audio-Navigationssystem RNS 510 (mit 10 Lautsprechern und 8-Kanal-Verstärker):
Im Vergleich zu aktuellen und mobilen Navigationssystemen bzw. zum CNS 310 ist das Navigationssystem RNS 510 nicht mehr zeitgemäß. Die Streckenberechnung dauert gefühlt eine Ewigkeit (10 – 30 Sekunden), die prognostizierten Fahrzeiten sind extrem unpräzise und richten sich unintelligent nach der voreingestellten Durchschnittsgeschwindigkeit und nicht nach dem aktuellen Strecken- und Fahprofil.
Die Auswahl alternativen Routen während der Fahrt bei einem Stau ist sehr umständlich.
Demgegenüber funktioniert die Sprachsteuerung hervorragend. Telefon, Navigation und CD-Radio lassen sich auf Knopfdruck am Lenkrad per Sprachbefehl hervorragend steuern – ein echtes Plus für die Sicherheit. Hervorragend ist auch die Soundqualität. Der Anschluß einer USB-Festplatte oder eines iPod ist möglich und absolut empfehlenswert.
Zu den Instrumenten:
Sehr schön gelungen und sehr gut ablesbar sind die Rundinstrumente mit weißen Ziffern und rot beleuchteten Zeigern. Auch die Multifunktionsanzeige ist sehr informativ: Beim Einstieg werden geöffnete Türen, offene Gurte vorne (leider nicht hinten) und Gurtwarnsymbol für Vordersitze eingeblendet. Bei der Fahrt wird die Distanz zum nächsten Wegepunkt des Navi und Fahrtrichtungspfeile eingeblendet. Bei Bedarf lassen sich der Verbrauch, Durchschnittsverbrauch etc. einblenden. Rechts oben wird der eingelegte Gang angezeigt.
Zum Tempomat mit Automatischer Distanzkontrolle:
Der Tempomat wird mit dem linken Hebel am Lenkrad bedient. Das Bedienkonzept ist – anders als beim „The Beetle“ – durchdacht und alltagstauglich. Man kann sehr gut „mit dem Tempomat fahren“. Drückt man den Hebel von sich weg in Nullstellung, ist der Tempomat ausgeschaltet. Zieht man den Hebel zu sich in Mittelstellung, ist er eingeschaltet. Durch Eindrücken des Tempomathebels von außen in Richtung der Längsachse stellt man das Tempo auf die aktuelle Geschwindigkeit ein. „Blinkt“ man mit dem Tempomathebel nach rechts, erhöht man das Solltempo auf den nächsten 10er-Wert, „blinkt“ man nach links, senkt man das Solltempo entsprechend auf den nächsten 10er-Wert. Der Tempomat schaltet sich aus, wenn die Bremse getreten wird. Ein erneutes kurzes Ziehen des Hebels reaktiviert die letzte Geschwindigkeit oder erhöht das Solltempo in Einzelschritten. Will man den Tempomat deaktivieren, ohne das Solltempo zu löschen, drückt man den Hebel leicht von sich weg. Die automatische Distanzkontrolle arbeitet überwiegend zuverlässig und bremst den Wagen beim Stau bis zum Stillstand ab. Sobald man angefahren ist, reicht ein Zug am Hebel, und der Passat CC beschleunigt mit eingestelltem Sicherheitsabstand bis zur Sollgeschwindigkeit. Den Sicherheitsabstand stellt man an einem kleinen Schalter am Tempomathebel ein.
Zur Klimatronic:
Anders als im „The Beetle“ funktioniert die Klimatronic zuverlässig und angenehm. Die hinteren Passagiere werden durch eigene Lüftungsdüsen mit Frischluft versorgt. Fahrer und Beifahrer können die Temperatur unabhängig voneinander regulieren. Mit der Zusatzheizung (Standheizung) sind auch im strengen Winter die Scheiben sehr schnell frei zu bekommen.
Zum Licht und Sichtpaket:
Anders als im „The Beetle“ können die Abblendautomatik und der Regensensor vollauf überzeugen. Blendungen werden sicher ausgeschlossen, der Scheibenwischer und der Regensensor lassen sich sehr fein justieren. Die Bi-Xenon-Scheinwerfer können nicht wirklich überzeugen, die Reichweite bleibt hinter den Erwartungen zurück. Das dynamische Kurvenlicht hingegen ist sehr sinnvoll und effektiv.
Zu den Kosten:
Der Wertverlust des Passat CC ist in den ersten 2 Jahren und 50 Tkm enorm , bis zu 50% vom Listenneupreis sind keine Seltenheit. Da der Passat CC von der Qualität her über jeden Zweifel erhaben ist, müsste die Werthaltigkeit in den Folgejahren eigentlich gegeben sein. Der Verbrauch ist beim 125 KW TDI zwar günstig, die Versicherungskosten und die Inspektionskosten sind hingegen sehr hoch. Für die 50.000 Inspektion musste ich ohne irgendwelche Besonderheiten 880 € berappen.
Mein Gesamtfazit:
Der Passat CC ist ein wunderschönes, hochwertiges Automobil mit wahren inneren Werten, die bei anderen Marken deutlich höher bezahlt werden müssen. Dass der Nachfolger mit geringen Facelift-Änderungen nun unter der Typenbezeichnung VW CC geführt wird, mag man als Marketing-Gag empfinden, scheint aber wegen des sich ggü, der Limousine abhebenden Charakters durchaus gerechtfertigt.
Gute Fahrt
Martin