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Autoplenum, 2010-03-05

VW Golf GTD - Weiße Weste

Testbericht

Stefan Grundhoff

In der Kompaktklasse ist der Golf GTI seit 30 Jahren eine Legende. Doch
nicht nur für Sparfüchse ist sein Dieselbruder Golf GTD oftmals die bessere
Alternative.

In den 70er und 80er Jahren waren Spaßmacher wie Golf GTI, Ford Escort
XR3i und Opel Kadett GSI die Traumautos der Heranwachsenden. Doch
während die Sportler mit 110 / 112 (Golf GTI) bzw. 90 / 105 (Escort XR3
/ XR3i) und 115 PS (Kadett GSI) sich gegenseitig um die Ohren fuhren,
stand einer im Jahre 1982 völlig allein da. Sein Name: Golf GTD. Die
Wolfsburger hatten die dynamischen Dieseltrend früher als alle anderen
erkannt und dem 51 KW / 70 PS starken Turbodiesel eine sportliche
Krone aufgesetzt. Optisch unterschied sich der GTD kaum vom GTI. Das
hat sich auch bei der Generation des Jahrgangs 2010 nicht geändert. GTI
und GTD sehen aus, wie sich selbst aus dem Gesicht geschnitten. Allein
der rot umrandete Kühlergrill des GTI und die roten Bremssättel haben es
nicht zum Dieselbruder geschafft.

Doch abgesehen davon stehen die beiden sportlichen Golf-Ableger
unterhalb des grandiosen Golf R innen wie außen nahezu identisch da:
übersichtliches und hochwertiges Cockpit, vorzügliche Sportstühle, ein
griffiges Steuer und überraschend viel Langstreckenkomfort. Auch im
Fond können es zwei – nicht mehr – Passagiere aushalten. Die
Kopfstützen sind vorne wie hinten riesig; das bringt Probleme beim
Einparken. Der Laderaum des Golf GTD unterscheidet sich nicht von dem
zahmer Gölfe. So stehen zwischen 350 und 1.305 Liter zur Verfügung.

Heute ist das falsche Wetter für den 4,21 Meter langen Golf GTD. Nur
widerwillig bewegt sich der weiße Diesel-Sportler die Auffahrt der
Tiefgarage hinauf. Das Thermometer im Cockpit zeigt minus drei Grad
und gerade hat sich der Schnee erstmals seit Wochen wieder von den
meisten Straßen verabschiedet. 125 KW / 170 PS und 350 Nm
maximales Drehmoment hören sich klasse an – bei trockener Straße.
Denn egal ob Marketing oder Entwicklung im Hause Volkswagen die
Entscheidung getroffen haben: der 170 PS starke Top-Diesel ist nur mit
Frontantrieb zu bekommen. In einem Winter wie diesem kann man
den Wagen bei entsprechender Schneemenge gleich stehen lassen. Er
hat massive Probleme, die munter sprudelnde Motorleistung auf eis-
und schneebedeckte Pisten zu bannen. Das Geräusch des Triebwerks –
so gut auch am Sounddesign gearbeitet wurde – gibt Gewissheit, dass
man in keinem Benziner mit Turboaufladung unterwegs ist. Jedoch ist
das typische Brummen und Nageln nur bei kaltem Motor wie heute
oder bei Drehzahlen über 4.000 Touren zu vernehmen. Sonst kann
sich der zwei Liter große Commonrail-Diesel durchaus hören lassen.

Die Hauptstraßen wurden geräumt und so kann der weiße Fünftürer
seinen Groll der ersten paar Minuten mit Drehmoment und Spurtfreude
überspielen. Es geht im flotten Galopp hinaus auf kurvige und trockene
Straßen. Die 945 Euro teure Sporttaste sorgt für härtere, aber nicht zu
harte Dämpfer und die präzise Handschaltung unterstreicht, dass ein VW
nur mit dem optionalen Doppelkupplungsgetriebe entsprechend gut zu
fahren ist. Doch mehr als 1,4 Tonnen Leergewicht sind kein Pappenstiel.
Das einzige, was die Freude des Piloten trübt, sind die spürbaren
Antriebskräfte im griffigen Dreispeichen-Steuer, die auch bei trockenem
Untergrund spürbar sind. Daran ändert auch die elektronische
Differentialsperre wenig. Vielleicht sollte in Wolfsburg doch einmal darüber
nachgedacht werden, dem GTD die 4x4-Ehren zu verleihen. Schließlich
gibt es die zahme 2.0-TDI-Version mit 140 Pferden unter der Haube auch
mit 4motion-Antrieb. Nicht nur im Winter eine Versuchung.

Zwar ist der Golf GTD mit seinen 170 PS bei weitem nicht derart bissig
unterwegs wie der 210 PS starke Benzin-Bruder GTI, aber die Symbiose
aus Fahrleistungen, Komfort und Verbrauch sorgt nicht erst an der
Zapfsäule für Freude. 0 auf 100 km/h in 8,1 Sekunden sind sportlich,
aber nicht aufregend. Interessiert in der Realität aber keinen. Wer gibt
aus dem Stand schon Vollgas? Stattdessen genießt man den satten
Durchzug, selbst wenn einmal der fünfte oder sechste Gang eingelegt ist.
Der Durchschnittsverbrauch von 5,3 Litern Diesel auf 100 Kilometern ist
besonders bei diesen Temperaturen ein eiskalter Traum. Im Durchschnitt
genehmigte sich der Golf GTD 7,2 Liter – das ist bei kalten Temperaturen
nachvollziehbar, aber trotzdem zuviel. Schließlich liegt das 2010er Modell
damit fast auf dem Stand des GTD von 1982: 7,5 Liter. Bei der
Höchstgeschwindigkeit pulverisiert der neue GTD seinen Ahnen: 225
km/h Spitze.

Den sportlichen Golf GTD muss sich der Interessent mindestens 27.475
Euro kosten lassen; rund 800 Euro mehr als beim nahezu identisch
ausgestatteten GTI. Dafür gibt es eine ordentliche Serienausstattung mit
Klimaautomatik, Soundsystem, Sportsitzen mit Sitzheizung und
Einparkhilfe. Damit das Gesamtpaket stimmt, sollten es zumindest
Xenonlicht und Navigationssystem sein. Dann kann das sportliche Sparen
ohne große Reue beginnen.

Quelle: Autoplenum, 2010-03-05