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Testbericht

Stefan Grundhoff, 19. Juli 2009
Der silber-schwarze Mercedes-Benz SLC 450 hat schon unglaubliche Strapazen hinter sich. Trotzdem sieht er aus wie aus dem Ei gepellt, wenn er mit prominenter Besatzung bei Oldtimerrallyes mitfährt.

Nicht erst hinter dem Lenkrad zeigt der Rallye-SLC, dass er mit dem Luxuscoupé der 70er Jahre nicht viel gemein hat. Er ist eine Rennmaschine im Ausgehdress. Wer ihn bewegt, der vermisst schnell die gemütlichen Nick- und Wankbewegungen der 4,75 Meter langen Coupé-Karosse. Der Achtzylinder hängt satt am Gas und brüllt bereits ab 2.000 Touren, dass man sein eigenes Wort kaum versteht.

Die Vuelta a la America del Sud des Jahre 1978 war seinerzeit die wohl härteste Prüfung, die man einem Auto stellen konnte. "Die Rundfahrt ging 30.000 Kilometer quer durch Südamerika", erinnert sich die polnische Rallyelegende Sobieslaw Zasada. "Die kurzen Etappen hatten 300 bis 400 Kilometern. Die normalen waren aber rund 1.000 Kilometer lang." Bei der Südamerika-Rundfahrt wurde der Mercedes SLC 450 zur Legende – und Zasada zu einem Nationalheld. Von den acht gestarteten Mercedes- und fünf SLC-Modellen belegten die SLC 450 die Plätze eins, zwei und vier. Auf der Suche nach einem geeigneten Rallyefahrzeug hatte man im Hause Mercedes-Benz damals nicht allzu viele Möglichkeiten. Nach der Strich-Achter-Baureihe mit dem Topmodell 280 E fiel die Wahl schnell auf die robuste Coupéversion der Luxusbaureihe C 107. Der hatte bei den Schönen und Reichen keinen derart prestigeträchtigen Namen wie die offene Roadsterversion mit kurzem Radstand (2,46 statt 2,82 Meter). Die Rallyeversion des 450 SLC war zumeist in der typischen Kriegsbemalung mit silberner Lackierung und schwarzer Motorhaube unterwegs. Der Wagen von Sobieslaw Zasada startete bei der Tortur durch Südamerika mit der gelb unterlegten Startnummer 409.

"Das Wetter auf der Südamerika-Rallye war eine echte Katastrophe", berichtet der 81jährige. "Ich erinnere mich noch wie heute an eine Etappe durch Ecuador. Wir hatten innerhalb eines Tages vier Jahreszeiten und kämpften gegen die Konkurrenz, das Wetter und die Müdigkeit." Auf einer Etappe ging es dem Rallyepiloten wohl zu langweilig zu. Von der langen Fahrzeit und dem schweißtreibenden Wetter ausgelaugt, fielen Sobieslaw Zasada auf gerader Strecke kurz die Augen zu. "Ich bin eingeschlafen und in ein Früchtefeld gekracht", erzählt er. "Zum Glück ist nichts schlimmes passiert. Zuschauer halfen uns, den Wagen schnell wieder auf die Strecke zu schieben. Wir haben durch den Unfall nicht einmal 40 Minuten verloren und sind schließlich noch Zweiter geworden."

"Mit den Straßencoupés hatten die fünf auf der Rallye Südamerika gestarteten SLC-Modelle allenfalls 40 bis 50 Prozent gemeint", erklärt Zasada. "Zu seiner Zeit war der extrem robust gebaute SLC eines der besten Rallyeautos." Wenn man sich die Rallyeversion des Mercedes SLC 450 ansieht, fallen einem Unterschiede zum Luxuscoupé denn auch gleich ins Auge. Auf der nach wie vor verchromten Stoßstange türmen sich vier gigantische Zusatzscheinwerfer auf, die die Strecke auch bei widrigsten Wetterbedingungen hell ausleuchten sollten. Die Hauptscheinwerfer werden von einem Gitter geschützt und das Fahrwerk wurde verstärkt und deutlich nach oben gesetzt. Besonders charakteristisch ist der mächtige Unterfahrschutz, der das Achtzylindertriebwerk gegen Beschädigungen aller Art abschirmte.

"Wir sind bei der Rallye Paris – Dakar im Jahre 1985 auch mit einem 450er SLC gefahren", erinnert sich der deutsche Rennfahrer Jochen Mass. "Damals war er eines der wenigen Fahrzeuge im Feld ohne Allradantrieb. Aus den USA hatten wir uns daher besonders breite und weiche Reifen besorgt. So sind wir trotz zwei Tonnen Gewicht alle Dünen hochgeklettert." Damit die weichen Schlappen in die Radhäuser passten, musste diese einzeln von Hand ausgeschnitten werden. Bei der Rallye Paris - Dakar war der 450 SLC ein absoluter Exot im Feld. Neben dem normalen Tank war im Fond des Coupés ein Zusatztank mit einem Fassungsvermögen von 450 Litern untergebracht. Jochen Mass: "Auf den Strandpassagen waren wir Dank der Leistungssteigerung auf 380 PS mit über 200 km/h unterwegs." Das Serienmodell des SLC 450 5.0 wurde von einem fünf Liter großen V8-Triebwerk mit 240 PS angetrieben und schaffte rund 225 km/h.

Ungewöhnlich für ein Rallyeauto: Der Mercedes SLC 450 war ebenso wie die zahme Straßenversion auch im Renntrimm mit einem Automatikgetriebe ausgestattet. Während Sobieslaw Zasada auf der Tour durch zehn Länder Südamerikas mit drei Gängen auskommen musste, genoss Jochen Mass eine automatisierte Version mit fünf Schaltstufen. "Auch im tiefen Sand war das Automatikgetriebe absolut klasse. Wir hatten jedoch eine Schaltgasse, in der wir die Gänge auch manuell einlegen konnten. Anders wäre es in den Dünen nicht gegangen."

Der Innenraum hat vom normalen SLC nur mehr das Armaturenbrett und die Mittelkonsole gemeinsam. Edelholz gab es trotzdem. Statt der ebenso weichen wie breiten Ledersitze des Straßencoupés nahmen die beiden Insassen in engen Rennschalen Platz. Das Einsteigen ist durch den gigantischen Gitterrohrkäfig eine anspruchsvolle Aufgabe. Am Armaturenbrett gibt es eine Reihe von nachträglich eingebauten Kippschaltern, die mit deutsch beschriebenen Aufklebern erklärt werden. Neben den Zusatzscheinwerfern kann man unter anderem eine zweite Benzinpumpe, die Sprechanlage oder ein lautes Horn dazu schalten. Statt der Rückbank gibt es im Fond einen Zusatztank, Feuerlöscher und Haltepunkte für Ersatzreifen. Über dem Kopf des Beifahrers kann in einem gigantischen Netzfach Kartenmaterial verstaut werden. Ohne GPS-Navigationshilfen wäre man in Südamerika ansonsten ebenso hoffnungslos verloren gewesen, wie in der afrikanischen Wüste.

In seiner Zeit war der Mercedes SLC 450 eines der erfolgreichsten Rallyeautos überhaupt. Neben der Tour durch Südamerika und die Paris – Dakar trug man sich unter anderem auch bei Rallyes an der Elfenbeinküste, in Kenia, Griechenland und Portugal in die Siegerlisten ein. Bei den Kunden lief der Mercedes SLC dem Erfolg des offenen SL jedoch hinterher. Von 1971 bis 1982 wurde von den Versionen SLC 280/350, SLC 380/450, SLC 450 5.0 und SLC 500 knapp 63.000 Fahrzeuge verkauft.

Quelle: Autoplenum, 2009-07-19

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