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Testbericht

Sebastian Viehmann, 25. Januar 2011
Die Daimler-Story, Teil Zwei: Mit welchen Modellen sich Mercedes einen legendären Ruf erwirbt, wie die Marke im Elchtest kippelt, wie das amerikanische Diesel-Abenteuer in die Hose geht und womit der Stern in Zukunft strahlen will.

Die 60ies und 70ies in Deutschland: Schrille Klamotten, politischer Umbruch, heißer Herbst. BMW wird zur sportlichen Revoluzzer-Marke, Mercedes das genaue Gegenteil. Die Baureihe 114 / 115 (Strich-Acht) ist in Blech gegossener Konservativismus, ein Brot-und-Butter-Benz für Haltsuchende. Promis und Politiker schwören derweil auf einen ganz anderen Mercedes. Da kann Porsche-Fan Janis Joplin noch so oft mit rauchiger Stimme und der Zeile „Oh Lord, won‘t you buy me a Mercedes Benz“ den materialistischen Griff nach den Sternen anprangern. Das Objekt der Begierde heißt in den 60er und 70er Jahren Mercedes 600 Pullman. Mit V8-Motor, Luftfederung und Hydrauliksystem gibt er einen Vorgeschmack auf die S-Klasse. Unter dieser Bezeichnung erscheinen die Modelle 280 S und 350 SE erstmals 1972. Die S-Klasse entwickelt sich zur Referenz aller Luxuslimousinen, bekommt aber dauerhafte Konkurrenz durch 7er BMW und Audi A8.

Doch nicht nur Luxuskarossen prägen die Marke mit dem Stern. Ein Meilenstein ist die Baureihe 123 (1975 bis 1985), und das buchstäblich: Die robusten Limousinen erreichen biblische Laufleistungen, viele fahren noch heute. In Deutschland ist der W123 bis in die 90er Jahre hinein fester Bestandteil des Straßenbilds, häufig mit Selbstzünder an Bord. Was der berühmte Vorkammer-Dieselmotor vom Typ OM 617 noch alles auf der Pfanne hat, beweist Mercedes 1976 mit dem C111. Der Flügeltür-Sportler wird zwar schon 1969 präsentiert, zuerst aber mit Wankelmotor. 1973 drehen die OPEC-Länder den Hahn zu, der Sprit wird teuer und die Autoindustrie muss reagieren. Der durstige Wankelmotor hat trotz fantastischer Leistungen keine Chance mehr.So erlebt der Diesel eine ungeahnte Hochphase. Die Ingenieure holen 1976 einen C111 aus der Garage – zur Serienproduktion des Supersportlers hat sich Mercedes ja nie durchringen können - und ersetzen den Wankelmotor durch den Dreiliter-Selbstzünder samt Turboaufladung. Auf dem Hochgeschwindigkeitskurs in Nardo holt der Wagen 16 Rekorde. Sogar in den USA gelingt dem Selbstzünder der Durchbruch. 1981 haben mehr als 80 Prozent aller in Nordamerika verkauften Mercedes-PKW Dieselmotoren an Bord. Der Trend ebbt aber wieder ab, weil der Diesel bald als rußender Stinker verschrien ist. Erst mit der Abgasnachbehandlung Bluetec wagte Mercedes vor einigen Jahren den Diesel-Neustart in den USA – bis heute ohne nennenswerten Erfolg.

Im Schockzustand nach der Ölkrise werden neue Modelle unter dem Diktat der Aerodynamik entwickelt. Mit der Baureihe 190 wollen die Stuttgarter ab 1982 den etablierten Klassenlieblingen 3er BMW und Audi 80 an den Kragen. Der von Chefdesigner Bruno Sacco gezeichnete „Baby-Benz“ bricht mit vielen Daimler-Normen und verzichtet – erstmals bei Mercedes – ganz und gar auf Chromschmuck. Eine magere Grundausstattung und der unverschämte Preis (ab 25.600 D-Mark, rund 6000 Mark mehr als ein Audi 80) schrecken aber zunächst die Käufer ab.

Nach zähem Start wird der 190 doch noch zum Erfolg, auch weil er leistungsmäßig eine Schippe drauflegt. Mit sechs Zylindern wird der Baby-Benz zum Pistenschreck. Die Haustuner von AMG sorgen dafür, dass der 190 E 2.5-16 Evolution II Anfang der 90er Jahre in der populären DTM-Serie alles in Grund und Boden fährt. Zwei Jahre nach dem 190er debütiert 1984 die Baureihe 124. Ab 1993 darf der nüchtern-elegante Wagen E-Klasse heißen und wird zum komfortablen und mit Technik vollgestopften Aushängeschild für die Marke. Die Baureihe W 211 macht aber auch mit Qualitätsproblemen von sich reden.

Ein Wendepunkt im Konzern ist 1997 die A-Klasse. Van-artige Karosserie, innovative Sandwichbauweise, kompakte Abmessungen – das Auto ist eine kleine Revolution unter dem Sternenbanner. Die A-Klasse ist eigentlich als Elektroauto gedacht, denn in den 90er Jahren entwickeln General Motors, Ford und Toyota Stromer für den US-Markt. Doch der Elektro-Hype ebbt nach dem Scheitern eines kalifornischen Öko-Gesetzes schnell wieder ab. Auch die A-Klasse wird zum konventionellen Verbrenner.

Durch den Wegfall der schweren Batterien im Unterboden wandert der Schwerpunkt nach oben, was die Ingenieure nicht in den Griff kriegen. Bei extremen Ausweichmanövern kann das Auto umkippen, der „Elch-Test“ wird zum Debakel. Mercedes verwandelt den Super-Gau schließlich in einen PR-Coup, als in der A-Klasse erstmals bei einem Kompaktauto der Schleuderschutz ESP serienmäßig an Bord kommt.Ein Trend, den sich Mercedes bei Range Rover abguckt, ist der zum straßentauglichen Luxus-Geländewagen. 1975 wird die Serienproduktion des G-Modells beschlossen, und der erste Großkunde steht auch schon fest. Der Schah von Persien, damals Großaktionär von Daimler-Benz, ordert angeblich 20.000 Fahrzeuge. Die Revolution im Iran macht dem einen Strich durch die Rechnung, Mercedes bekommt aber neue Aufträge von Behörden und Armeen. Bis heute ist der Edel-Kraxler vor allem im Mittleren Osten beliebt.

Das Potenzial zum Kult-Klassiker hat der SLS, der erste vom Mercedes-Veredler AMG selbst entwickelte Sportwagen. Der 571 PS starke Flügeltürer ist nicht nur eine Hommage an die Vergangenheit, sondern auch ein Ausblick auf die Zukunft. Den SLS soll es 2013 als elektrischen Supersportler geben, wenn auch nur in einer sündhaft teuren Kleinserie.

Wie „beim Daimler“ die Zukunft aussieht, zeigt ein futuristischer Technologieträger. So wie der F 800 Style lautlos anrollt, könnten die Autos mit dem Stern künftig alle aussehen: Organisch gerundete Linien, weich geschwungen und doch gespannt - eine „emotionale Formensprache“ ist angesagt. Bei neuen Antriebsformen fährt Daimler mehrgleisig. Hybride, batterieelektrische Fahrzeuge und Stromer mit Range Extender sollen alle Bedürfnisse befriedigen. Für 2015 ist das erste Serienmodell mit Brennstoffzelle angekündigt. „Das Beste oder nichts“ lautet der Slogan der Marke, die beim Großserienstart des Elektroautos aber Renault und Nissan hinterher hinkt. Immerhin fährt die A-Klasse 14 Jahre nach ihrer Einführung nun wirklich elektrisch. Besser spät als nie.

Quelle: Autoplenum, 2011-01-25

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