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Testbericht

Stefan Grundhoff, 18. Januar 2009
Seit einem Jahr sind die großen US-Geländewagen mit Hybridtechnik in Nordamerika schon auf dem Markt. Jetzt ziehen die Deutschen nach: Im Herbst kommt die elektrifizierte Mercedes ML-Klasse. Eine erste Ausfahrt.

Allen Unkenrufen zum Trotz lieben die Amerikaner ihre SUV. Besonders begehrt sind deutsche Modelle wie Mercedes ML- oder GL-Klasse oder das BMW-Doppel X5 und X6. Doch weder Mercedes noch BMW kommen mit ihren sparsamen Dieseln in den USA bisher auf einen grünen Zweig. Nun probiert man es von der an deren Seite: Im Spätsommer sind die Hybridversionen der Deutschen fertig. "Wir sind zwar nicht die ersten", sagt Mercedes-Chefentwickler Neil Amstrong: "Aber wir haben mit dem Mercedes ML 450 Hybrid den besten Hybriden."

Mutige Worte von einem Hersteller, der die Hybridentwicklung in den USA verschlafen hat und sich erst teuer bei General Motors einkaufen musste, um dem Trend dann immer noch nur hinterherzuhecheln. Zu erkennen ist der Teilzeit-Elektriker an einer bauchigeren Motorhaube, den Schriftzügen an Heck und Armaturenbrett und an dem fehlenden Drehzahlmesser. Auf dem Informationsdisplay am Mitteltunnel kann man jederzeit verfolgen, woher die Kräfte gerade fließen. Die ersten Meter im Mercedes ML 450 Hybrid lassen sich gut an. Im Elektromodus rollt der rund 2,4 Tonnen schwere Hybride durch die Innenstadt von Detroit. Stau vor der nächsten Ampel, dahinter sieht es nicht viel besser aus. Hier im Innenstadtgewühl fühlt sich die in Tuscaloosa produzierte M-Klasse besonders wohl. Im langsamen Fahrbetrieb ist sie allein elektrisch und somit sparsam unterwegs. Die ins Getriebe integrierten beiden Elektromotoren verrichten nahezu lautlos ihre Arbeit.

E-Motor Nummer eins leistet 67 Kilowatt und ist für den normalen Fahrbetrieb zuständig. Das zweite Elektrotriebwerk ist mit seinen 63 kW etwas weniger stark und für die Boost-Funktion zuständig. Wer zum Beispiel bei einem Überholvorgang oder beim Auffahren auf die Autobahn stark beschleunigt, hat die Kraft der drei Herzen und rund 250 kW/340 PS im Rücken. Der 3,5 Liter große Benzinmotor und die beiden Elektromodule werfen dann alles rein, was geht. Auf freier Straße zeigt der deutsch-amerikanische Allradler dann seine ganze Dynamik. Das ist zwar weit weniger als beim BMW X6 Hybrid, der mit ähnlichem Hybridmodul aber einem über 400 PS starken Achtzylinder unterwegs ist - aber es ist auch beim Mercedes allemal kraftvoll.

Zusammen wollen Mercedes ML und BMW X6 in den USA ab dem Herbst Jagd auf japanische und amerikanische SUV-Konkurrenten machen. Zeitlich ist man spät dran – sehr spät. In Amerika sind Fahrzeuge wie der Chevrolet Tahoe oder der GMC Yukon schon seit einem Jahr mit Hybridantrieb zu bekommen. Vor einem halben Jahr zogen andere Modelle aus der Kooperation zwischen Daimler, Chrysler, BMW und General Motors nach. Dodge Durango, Chrysler Aspen oder der Cadillac Escalade sind ebenso wie Mercedes ML oder BMW X6 alle mit ähnlichen Elektromodulen unterwegs. Trotz Aufpreisen von 7.000 bis 10.000 Euro zum normalen Benziner und den üppigen Rabatten, die Standard-SUV wie Chevrolet Tahoe oder Chrysler Aspen seit Monaten genießen, wurden so im vergangenen Jahr mehr als 10.000 Hybrid-Fahrzeuge bei GM abgesetzt. "Wir verkaufen bereits Modelle wie GMC Yukon, Chevrolet Tahoe oder Cadillac Escalade mit einem Vollhybridsystem. In Kürze werden wir auch die Pickup-Modelle Chevrolet Silverado und GMC Sierra als Vollhybriden anbieten und sind damit einmal mehr der einzige Hersteller im Segment", kündigt ein GM-Sprecher an. "Wir erreichen damit im Stadtverkehr eine beeindruckende Spritersparnis von 50 Prozent."

Im Realbetrieb lässt sich ein über drei Tonnen schwerer Groß-SUV wie der GMC Yukon mit rund elf Litern auf 100 Kilometern bewegen. "Für uns stand das Thema Sparsamkeit an erster Stelle", sagt denn auch Neil Amstrong. "Wir rechnen beim ML 450 Hybrid mit einem Verbrauch von unter acht Litern auf 100 Kilometer." Die Implementierung des knapp 250 Kilogramm schweren Elektromoduls ist gelungen. Sanft, kaum spürbar schaltet die M-Klasse je nach Bedarf zwischen Elektro- und Benzinantrieb hin und her. Ist der in der Reserveradmulde untergebrachte Akku voll geladen, kann man rund 2,5 Kilometer rein elektrisch fahren. Neben dem fehlenden Motorengeräusch spürt man das Hybridherz nur an der elektrischen Servolenkung.

Angesprochen auf die große zeitliche Verzögerung ist Armstrong um eine Antwort denn auch nicht verlegen: "Wir haben ganz andere Ansprüche, wenn es um die Einbindung der Hybridkomponenten geht. Wir verbauen ein anderes Getriebe und sind bei der Akkutechnik mindestens eine Generation weiter. Wir kühlen ihn mit Wasser." Doch gerade der Akku sorgt seit Projektbeginn für Gesprächsstoff. Während die neuesten Entwicklungen wie die Mercedes S-Klasse oder der 7er BMW mit einem modernen Lithium-Ionen-Akku unterwegs sind, liegt im Heck des Mercedes ML ein vergleichsweise betagter Nickel-Metallhybrid-Akku. Der ermöglicht zwar das rein elektrische Fahren, ist aber deutlich schwerer und weniger effizient als eine Batterie aus Lithium-Ionen. Die Akkutechnik ermöglicht auch keinen Einsatz der bewährten Siebengangautomatik. So ist der hybride Mercedes ML mit einem stufenlosen CVT-Getriebe ausgestattet, dass in zwei Modi gefahren werden kann. Zum einen in einem reinen stufenlosen und besonders sparsamen Modus und mit einer etwas sportlicheren, achtgängigen Abstufung.

Rund drei Jahre hat die Entwicklung des Hybrid-ML in Auburn Hills gedauert. Derzeit laufen die letzten Testfahrten im eiskalten Minnesota. "Dort sind gerade Temperaturen von bis zu minus 30 Grad Celsius", sagt Armstrong. Von den ehemals über 100 Mercedes-Ingenieuren arbeiten bis zum Verkaufsbeginn noch rund 75 weiter mit den Entwicklungskollegen von BMW, Chrysler und General Motors zusammen. Ob es nach dem Projekt gemeinsame weitere Hybridprojekte gibt, steht noch nicht fest. Und auch den Preis für den Mercedes ML 450 Hybrid will Mercedes vorerst noch für sich behalten.

Quelle: Autoplenum, 2009-01-18

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