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Autoplenum, 2010-06-28

Mercedes S 63 AMG - Schwarzer Kater

Testbericht

Stefan Grundhoff

Tatort Flugplatz Kristiansund / Norwegen: die schwarze Mercedes S-Klasse
bollert auf der Startbahn Richtung Nord los, wie der Learjet, der vor ein
paar Minuten abgehoben ist. Der neue Mercedes S 63 AMG auf geheimer
Testtour.

Das 6,3-Liter-Triebwerk ist das beste Triebwerk, das Mercedes aktuell im
Stall hat. Gerade in Verbindung mit der erst 2008 eingeführten
Siebengang-Speedshift-Automatik mit nasser Anfahrkupplung ist der
brüllende Achtzylinder akustisch und fahrdynamisch eine Versuchung in
der Luxusklasse. Obwohl er einer der jüngsten Motoren in der Stuttgarter
Produktpalette ist, ist das Ende des echten 6-3ers besiegelt. Im Herbst
dieses Jahres bekommt der S 63 AMG einen neuen Schubgeber – mit 5,5
Litern Hubraum und doppelter Turboaufladung. „Natürlich ist auch bei uns
das Downsizing ein Thema“, erläutert AMG-Entwickler Thomas Rappel,
„schließlich wollen wir auch bei unseren sportlichen Modellen den
Verbrauch deutlich nach unten bekommen.“ Noch bevor der ehemalige
AMG-Chef Volker Mornhinweg in den Konzernbereich der Daimler-
Nutzfahrzeuge wechselte, gab es die offizielle Maßgabe, alle AMG-
Verbräuche bis 2015 um rund ein Drittel zu senken.

„Der neue Motor im S 63 AMG macht den Anfang“, sagt Thomas Rappel,
„sein Verbrauch ist um 25 Prozent gesunken – bei verbesserten
Fahrleistungen.“ Statt wie bisher mit 386 KW / 525 PS und 630 Nm leistet
der Achtzylinder nunmehr 400 KW / 544 PS und 800 Nm maximales
Drehmoment. Wer sich für das mit rund 8.000 Euro irrwitzig teure
Performance-Paket entscheidet, bekommt nochmals einen Nachschlag:
420 KW / 571 PS und 900 Nm. So viel bietet in dieser Liga kaum ein
anderes Auto – außer dem S 65 AMG, der mit seinem doppelt
aufgeladenen V12 und 612 PS unverändert im Programm bleibt. Die
Fahrleistungen des S 63 AMG geben seinem Piloten jedoch keinen Grund,
neidisch zum übermächtigen V12-Modell herüberzuschielen. „Wir haben
einen stabil festen Kundenkreis, der einfach einen Zwölfzylinder fahren will.
Insbesondere in China“, erläutert AMG-Vorstand Kai Marten, „denen
kommt es weniger darauf an, ob der Wagen nun eine Fünf- oder eine
Siebengangautomatik hat. Die wollen einfach einen V12.“

Fahrdynamisch macht der neue Doppelturbo den Zwölfzylinder locker
nass. Von unten heraus steht ein gigantisches Drehmoment zur
Verfügung, das den über zwei Tonnen schweren Hecktriebler lässig über
alle Werte auf der Tachometerskala schiebt. Die Höchstgeschwindigkeit
liegt weitgehend sinnfrei für ein Auto mit dieser Leistung bei
abgeregelten 250 km/h. Wer mehr will, kann die Büchse der Pandora
erst mit dem optionalen Performance-Paket auf 300 km/h öffnen lassen.
Wenn es etwas am S 63 AMG auszusetzen gibt dann, dass er auch mit
dem eindrucksvollsten Motor kein Sportwagen wird. Trotz straffer
Luftfederung und der intelligenten Wankstabilisierung taugt das
Schlachtschiff aus Sindelfingen nicht für die Kurvenjagd. Die Lenkung ist
für engagierten Tatendrang zu schwammig und so bieten sich vorrangig
Lustritte auf der Autobahn oder auf seichten Landstraßen an. Imposant
ist immer wieder, wie sehr der 63er trotz verringertem Hubraum
anschiebt. Wenn die beiden Turbos greifen, gibt es für die Insassen kein
Halten mehr. Den Spurt 0 auf 100 km/h schafft der neueste AMG in 4,6
Sekunden. Optisch sieht man dem Prototyp seine Leistung kaum an.
„Der Wagen wird sich optisch im Serienzustand nur leicht verändern“, so
Thomas Rappel, „er bekommt andere Endrohre und ein neues
Felgendesign.“ Der Erprobungsträger selbst verzichtet auf derlei
Dreingaben ebenso wie auf die verräterischen Schriftzüge.

Mehr Leistung – weniger Verbrauch. Das ermöglicht ein von 6,3 auf 5,5
Liter verkleinerter Hubraum, die Direkteinspritzung und eine doppelte
Turboaufladung, die dem Achtzylinder zudem ein völlig neues, noch
böseres Klangschema gibt. Lag der Normverbrauch des S 63 AMG bisher
bei 14,3 Litern Super auf 100 Kilometer, so versprechen die Entwickler aus
Affalterbach nach ihren letzten Testtouren in Skandinavien gerade einmal
10,4 Liter auf die gleiche Distanz. Besonders im Stadtverkehr soll sich der
Verbrach spürbar nach unten entwickeln. Erstmals wird eine
Getriebeautomatik im Hause Daimler mit einer Start-Stopp-Automatik
kombiniert. Die Start-Stopp-Automatik greift beim Ampelstopp und im Stau
ein. Geht der Achtzylinder sanft und weich aus, macht sich der
automatische Start beim Verlassen des Bremspedals jedoch deutlich
bemerkbar. Im Sportprogramm bleibt die Start-Stopp-Automatik arbeitslos.

Im September wird der neue Mercedes S 63 AMG in den zwei
Leistungsstufen mit 544 und 571 PS seinen Vorgänger in die Jagdgründe
schicken. Wenn in den nächsten eineinhalb Jahren M- und SL-Klasse von
Nachfolgemodellen abgelöst werden, dürfte das auch der Anfang vom Ende
mit dem alten Triebwerk gewesen sein. Auch die Modellpflegen von C- und
E-Klasse dürften das durstigere 6,3-Liter-Aggregat kaum im Programm
belassen. „Der Name S 63 AMG bleibt jedoch erhalten. Er ist bei der
Kundschaft gelernt“, erläutert Thomas Rappel, „der neue Motor mit der
zweite Stufe unseres Controlled Efficiency Fahrprogramms wird weltweit
auf allen Märkten eingeführt. Damit gehört auch die aktuelle Strafsteuer in
den USA für die so genannten Gas-Guzzler der Vergangenheit an.“ Die
Preise für den neuen Mercedes S 63 AMG stehen noch nicht fest, sollten
jedoch nur knapp über denen des aktuellen Modells liegen. Der startet bei
rund 145.000 Euro.

Quelle: Autoplenum, 2010-06-28