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Testbericht

Marcel Sommer, 18. Juni 2013
Maserati startet den Angriff auf die deutschen Business-Limousinen. Erstmals an Bord eines Maserati kommt ein Dieselmotor zum Einsatz. Eine Fehlbesetzung? Von wegen!

Wer auf der Straße einen Sportwagen mit dem markanten Dreizack im Kühlergrill erspäht, weiß, dass der schicke Italiener mehr als 100.000 Euro kostet. Und, dass unter der wohlgeformten Motorhaube ein ebenso wohlklingender V8-Benzinmotor vor sich hin blubbert. So einfach ist das ab August dieses Jahres allerdings nicht mehr. Denn die italienische Edelschmiede Maserati greift zum ersten Mal im Segment der Premium-Business-Limousinen an. Damit der Angriff nicht schon im Keim erstickt, wird das neueste Familienmitglied mit dem Namen Ghibli zum einen rund 40.000 Euro günstiger als sein größerer Bruder Quattroporte und zum anderen mit einem Dieselaggregat erhältlich sein. Letzteres ist in der 99 jährigen Geschichte von Maserati zuvor noch nie der Fall gewesen. Den Hauptabsatzmarkt sieht Maserati zwar in China und den USA, doch wer auch in Europa in diesem Segment erfolgreich sein möchte, der kommt um einen sparsamen Selbstzünder nicht herum. Gleichzeitig legt Maserati-Chef Harald Wester hohen Wert darauf, dass "der Ghibli das perfekte Gegenteil von ordinär" ist.

Das im italienischen Maranello in Eigenregier entwickelte und produzierte 3,0 Liter große Sechszylinder-Dieselaggregat verhält sich im ruhenden Zustand überraschend zurückhaltend. Kein sonores Dröhnen, kein Blubbern. Diese Ruhe weicht, wird die Sport-Taste bemüht. Im Nu überkommt einen das Gefühl einem alten Fischkutter zur Seite zu stehen. Das Bild wäre perfekt, wenn aus den standesgemäßen vier Endrohren am schicken Heck neben dem Gänsehaut erzeugenden Sound Wasser herausgerotzt werden würde. Im Innenraum geht es alles andere als Kutter gemäß zu. Edle Ledersitze, eine in der belederten Mittelkonsole eingefasste Analoguhr, und viel Holz. Der erste Eindruck passt. Zumal bereits im Grundpreis von 64.974 Euro viele dieser Annehmlichkeiten enthalten sind. Unter anderem zählt auch der 8,4 Zoll große Touch-Screen dazu, über den Einstellungen wie die der Klimaanlage, des Navigationssystems und des Radios geregelt werden.

Auf den zweiten Blick zeigt sich, dass nicht alles, was wie Holz ausschaut, auch Holz ist. Und auch in puncto Sounddesign bedienen sich die italienischen Ingenieure einer allseits beliebten Soundaktuatoren-Mogelei. Macht aber gar nichts, denn das Ergebnis passt. Lediglich die fein wirkenden Sitze dürften in der nächsten Generation mehr Seitenhalt und eine leicht verlängerte Beinauflage aufweisen. Der Platz im Fond hingegen fällt angenehm großzügig und sehr komfortabel aus - sofern der unbeliebte Mittelplatz von jemand anderem besetzt wird.

Bereits auf den ersten Metern zeigt der Maserati Ghibli seine zwei Gesichter. Im Normalmodus, der einen Spritverbrauch von 5,9 Liter ermöglichen soll, verhält er sich so, wie es von einer Limousine erwartet wird. Der zurückhaltende Motorenklang in Kombination mit der komfortabel ausgelegten Federung machen den 4,97 Meter langen, 1,95 Meter breiten und 1,46 Meter hohen Ghibli zu einer echten Reiselimousine. Bis zu 500 Liter Gepäck passen in den Kofferraum. Bei Bedarf können die Rücksitze umgeklappt werden. Hinzu kommt die nicht zu spürende Achtgang-Automatik aus dem Hause ZF, die den 202 kW / 275 PS starken Hecktriebler stets im richtigen Drehzahlfenster bewegt. Von dem 600 Newtonmeter starken Drehmoment ist vorerst kaum etwas zu spüren. Die Sprintzeit von 6,3 Sekunden ist in diesem Fahrzustand kaum zu erreichen.

Dass der 1.835 Kilogramm schwere Sportler auch anders kann, wird nach dem Druck auf die Sport-Taste bereits nach Sekundenbruchteilen deutlich. Der Drehzahlmesser schnellt nach oben, die Auspuffrohre dröhnen ein "Zu Befehl!" und das Gaspedal verwandelt sich in ein stählernes Sensibelchen. Der gerade noch so piano dahinrollende Maserati weiß urplötzlich kaum noch wohin mit seiner Kraft. Knapp ein Zentimeter reicht dem Pedal, um einen Großteil der Leistung abzurufen. Jetzt ist ein kontrollierter Gasfuß das A und O. Neben dem Klang und der Gaspedalannahme lässt sich die Federung per Knopfdruck härter einstellen, was wiederum zu einer Reduzierung der Quer- und Längsneigung führt. Das neben den adaptiven Frontscheinwerfern zu den einzigen Assistenzsystemen zählende ESP ist nun verstärkt auf der Hut, ohne jedoch den sportlichen Charakter des Ghibli zu stören. Ein leichtes Heckschwänzeln beim gewollt starken Herausbeschleunigen wird gern toleriert.

Seine große Stärke ist jedoch nicht die bloße Beschleunigung, die Diesel typisch ab rund 4.500 Umdrehungen rapide abbaut, sondern das komplette Durchfahren einer Kurve. Es wirkt so, als wenn sich dabei der 250 Kilometer pro Stunde schnelle Italiener auf sein kurvenäußeres Vorderrad abstützt und mit Hilfe des starken Hecks perfekt durch den Rest der Kurve schiebt. Störend wirkt bei all der Tempohatz eigentlich nur die nicht linear arbeitende Lenkung. Ist sie beim leichten Einlenken fast schon amerikanisch schwammig, wird sie abrupt direkter, zieht sich die Kurve zu und es muss weiter eingeschlagen werden. Die Bremsanlage weist eine ähnliche Charakteristik auf. Alles in allem macht der Maserati Ghibli einen mehr als nur konkurrenzfähigen Eindruck.
Testwertung
4.5 von 5

Quelle: Autoplenum, 2013-06-18

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