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Testbericht

Jürgen Wolff, 28. Juli 2011
Mit dem Range Rover Evoque trauen sich die Briten was. Hinter dem ausgefallenen Design verbirgt sich ein SUV, das nicht nur für den Dschungel der Großstadt taugt, sondern in Maßen auch fürs Gelände.

Entwarnung ist angesagt. Hartgesottene Fans der Marke Land Rover ahnten bereits den Sündenfall nahen. Nicht nur, dass der neue Range Rover Evoque schon vom Design her auf eine ungewohnte neue Lifestyle-Klientel zielt. Er sollte zudem der erste Range Rover werden, den es wahlweise auch ohne Allrad- und nur mit Frontantrieb gibt. Und ausgerechnet Ex-Spice-Girl Victoria Beckham sollte sich um das Design des Innenraums kümmern. Nun hat Land Rover den Evoque zum ersten Mal auf einer Fahrveranstaltung in England präsentiert - und siehe da: Es ist trotz alledem ein ziemlich waschechter Range Rover geworden. Natürlich gibt es am Evoque, der ab Mitte September als 5-Türer und als 3-türige Coupé-Version bei den Händlern stehen wird, auch ein paar wunde Punkte. So ähnelt vor allem im Coupé das Heckfenster eher einer schmalen Schießscharte und bietet auch beim 5-Türer noch zu klein. Oder: Der Durchstieg in die zweite Sitzreihe ist im Coupé nur was für Akrobaten: Der Vordersitz lässt sich nicht mit einer Schnelleinstellung sondern nur zeitraubend über die elektrische Sitzverstellung nach vorne und hinten fahren, bietet auch dann nur einen schmalen Durchstieg. Auf den beiden Sitzen hinten ist kaum Platz für Erwachsene, es herrscht drangvolle Enge. Die elektrisch öffnende Heckklappe schwingt nicht sonderlich weit nach oben und wer größer ist als 1,80 Meter holt sich am vorstehenden Schloss schnell eine Beule. Statt eines vollwertigen Ersatzrades ist unter dem Laderaumboden nur ein Reparaturkit zu finden. Und schließlich: Vorne wie hinten fehlen über den Fenstern simple Haltegriffe. Das war's dann aber auch schon weitgehend mit der Kritik.

Wer vor dem ausgewachsenen Evoque steht, der muss eingestehen: Mit ihm traut sich Land Rover was. Die Konzeptstudie "LRX", die von den Engländern 2008 auf der Motorshow in Detroit zum ersten Mal gezeigt wurde, ist dreieinhalb Jahre später im Evoque nahezu 1:1 als Serienmodell umgesetzt. Die ausgeprägter Keilform, die aggressiv wirkende Front mit den schmalen Scheinwerfer-Schlitzen, die hohe Gürtellinie, das geschwungene Coupé-Dach, das hohe Heck - der Evoque fällt auf im Straßenbild. Mit 4355 mm ist er kaum länger als ein VW Golf und kürzer als ein VW Tiguan - dennoch wirkt er dank 1900 mm Breite und 1605 mm Höhe (als Coupé, der 5-Türer ist 30 mm höher) deutlich größer. Auf dem Heck prangt zwar der Schriftzug des Range Rovers. Aber unter der Karosserie steckt vor allem die Technik des Freelander II. Zu dieser Technik gehört auch das Terrain Response System. Per Knopfdruck lassen sich bei den Allradversionen damit Fahrprogramme für unterschiedliche Traktionen einstellen. So kommt der Evoque selbst abseits asphaltierter Straßen noch erstaunlich weit - auch, wenn er an die Geländefähigkeiten eines Discovery oder Defender naturgemäß nicht heranreicht. Schotterpisten, steile Anstiege, Schlammpfade - der hochbeinige Evoque, der mehr Bodenfreiheit mitbringt als etwa der Freelander II, macht dort durchaus eine gute Figur. Und durch überschwemmte Unterführungen kommt er auch dann noch gut durch, wenn ihm das Wasser bis über die Scheinwerfer reicht. Innen folgt der Evoque dem hohen Anspruch des Range Rover: Hochwertige Materialien wie gebürstetes Aluminium, Holz oder Leder sorgen ebenso für einen hochwertigen Qualitätseindruck wie deren Verarbeitungsqualität. Manche Bauteile - etwa das Einstellrad der Automatik - kommen von der Schwestermarke Jaguar. Die Anzeigeinstrumente vor dem Fahrer wirken zum Teil etwas übertrieben verspielt, so wie die an Swarovski-Steine erinnernden Markierungen für die Geschwindigkeiten - aber das ist Geschmackssache. Die Schalter sind gut zu erreichen, griffig und intuitiv zu bedienen. Selbst auf dem Lenkrad, das auf den ersten Blick überladen erscheint, zeigt sich schnell eine durchdachte Ordnung.

Das Lenkrad lässt sich in Tiefe und Neigung verstellen. Für die gut konturierten Vordersitzen sollten auch groß gewachsene Passagiere ausreichend Einstellungsoptionen finden. Einziger Kritikpunkt: Die Länge der Sitzflächen ist etwas knapp bemessen. Und zumindest auf den Ledersitzen dürfte der Seitenhalt besser sein. Über die Größe des Kofferraumes schweigt sich Land Rover in den Datenblättern vornehm aus - er dürfte beim 5-Türer geschätzt in etwa auf dem Niveau des VW Tiguan liegen, also um die 450 Liter. Um das maximale Volumen bei umgeklappten Rücksitzen machen die Briten weniger ein Geheimnis: Bei Coupé kommen 1350 Liter raus, beim 5-Türer sind es 1445 Liter. Wer will, der kann sich eine ganze Reihe sinnvoller Optionen aus der Aufpreisliste buchen - unter anderem ein System aus fünf Kameras, die das unmittelbare Umfeld des Wagens auf dem großen Bildschirm in der Mittelkonsole zeigen, ein Dual-View-Bildschirm, auf dem der Beifahrer aus seinem Blickwinkel zum Beispiel ein Video ansehen kann, während der Fahrer aus seinem Winkel die Karte der Navigation sieht, oder auch ein automatischer Einparkassistent.

Anders als im Range Rover, der es unter acht Zylindern gar nicht erst tut, arbeiten vorne im Evoque zunächst ausschließlich 4-Zylinder-Motoren. Der 2.0-Liter-Benziner leistet aber auch schon üppige 177 kW/240 PS. Das reicht für eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 7,6 Sekunden und für eine Höchstgeschwindigkeit von 217 km/h. Der Benziner hängt präsent am Gas und ist akustisch eher zurückhaltend. Ein wenig lauter und ruppiger geht der 2,2-Liter-Diesel zu Werke, den es in zwei Leistungsstufen gibt: mit 110 kW/150 PS oder mit 140 kW/190 PS. Der stärkere der beiden Diesel zieht dank eines maximalen Drehmoments von 420 Nm ab 1750 U/min kräftig durch.

Gut zu Passe kommt dabei, dass Land Rover den Evoque bei den verwendeten Materialien auf Diät gesetzt hat. Dach, Motorhaube und die vorderen Radkästen etwa sind aus Aluminium, unter anderem die Heckklappe aus Kunststoff, Querträger sind aus Magnesium. Mit einem Leergewicht zwischen 1,6 und 1,7 Tonnen ist der Evoque zwar immer noch kein ausgesprochenes Leichtgewicht - aber im Vergleich zum großen Range Rover mit seinen 2,8 Tonnen sieht das schon anders aus. Das relativ moderate Gewicht des Evoque sorgt nicht nur für eine agile Fahrdynamik, sie beschert ihm auch moderate Verbrauchszahlen. Der Benziner kommt zwar immer noch auf einen DIN-Verbrauch von 8,7 Liter auf 100 km. Aber die beiden Diesel liegen mit 5,7 Litern schon sehr ordentlich für einen SUV. Der frontgetriebene Selbstzünder begnügt sich in der Coupé-Version sogar mit offiziell 4,9 Litern Verbrauch - das entspricht einem CO2-Ausstoß von 129 g/km.

Der kleine Bruder des großen Range Rover ist zwar deutlich erschwinglicher als der Klassiker - aber darum noch längst nicht billig. Die Coupé-Version des Evoque kostet durch die Bank jeweils 1.000 Euro mehr als der 5-Türer. Mindestens 33.100 Euro wollen die Briten für den frontgetriebenen Diesel eD4 haben - zu seiner schon sehr ordentlichen Serienausstattung gehören dann unter anderem ein Start-Stopp-System, Teilledersitze, Parksensoren hinten oder beheizbare Außenspiegel. Einen VW Tiguan etwa bekommt man für diesen Preis schon mit Allradantrieb, 20 PS mehr - und einem nicht ansatzweise so spektakulären Outfit.

Quelle: Autoplenum, 2011-07-28

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