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Testbericht

Stefan Grundhoff, 7. Oktober 2008
Der Sommer ist zu Ende - und die echten Roadsterfans wissen, dass damit nun ihre Lieblingssaison angebrochen ist. Doch spektakulärer als mit einem Ferrari F430 Spider kann eine Ausfahrt im Herbst kaum sein.

Ferrari hat auf dem Pariser Automobilsalon sein neues Cabriolet vorgestellt – den California. Schön, stark und ausgestattet mit zukunftsweisender Technik. Da lässt es der F430 doch deutlich puristischer angehen. Denn im Gegensatz zum neuen California, der nicht zuletzt so heißt, weil er insbesondere in den USA auf Kundenfang gehen soll, ist der F430 ein echter Rennwagen - wenngleich die offene Spider-Version wohl kaum für den harten Rennstreckeneinsatz taugt. Viel wohler fühlt sich der 490 PS starke Hecktriebler auf kurvigem Terrain im öffentlichen Straßenverkehr. Dass es auch hier alles andere als langweilig zugeht, davon kann man sich bereits nach ein paar Kilometern in den Weinbergen des Rheingaus überzeugen. Dabei versucht der offene Spaßmacher gar nicht erst, nur dem ambitionierten Cruiser zu mimen. Der F430 Spider stellt sofort nach dem Einsteigen unmissverständlich klar: Ich will rangenommen werden.

Ein Konkurrent aus Stuttgart warb vor Jahren mit dem Slogan "die schönste Verbindung zwischen zwei Punkten ist eine Kurve". Da will man am Lenkrad des 430ers nicht widersprechen - höchstens anmerken, dass man Kurven sehr wohl auf die eine oder andere Art durchpflügen kann. Der Motorsound des 4,3 Liter großen V8 ist zunächst nur im Stand bissig röchelnd. Untertourig hält sich die Sportauspuffanlage dezent zurück um über 4.500 Touren dann endlich zu explodieren. Wenn der Achtzylinder heranrauscht, zucken die ersten Weinbauern verstört zusammen. Und ihre Erntehelfer werden Augen und Mund wohl so schnell nicht mehr zu bekommen. Das Aufmerksamkeitspotenzial eines Ferrari F430 Spider ist immens. Kein Vergleich etwa zum eleganten 612 oder gar dem zurückhaltend stilisierten 599er aus gleichem Hause.

So wie diesen offenen Zweisitzer stellt man sich einen Ferrari vor. Dass das aggressive Design aus der Meisterhand von Pininfarina stammt und Anlehnungen in Ferraris Formel-1-Historie der frühen 60er Jahre nimmt, wird die meisten kaum interessieren. Sie sehen nur einen roten F430 F1 Spider. Der ist laut, schnell und teuer. Dabei überrascht weniger der Basispreis, der mit 186.500 Euro im erwarteten Rahmen liegt. Dass einem die Aufpreisliste für Extras, Renn- und Designkomponenten mal kurz weitere 35.000 Euro aus den Kassen spült, sollte dagegen selbst engagierten Ferrari-Verkäufern die Schamesröte ins Gesicht treiben.

4.225 Euro für die Sportsitze sind nur halb so wahnwitzig wie der 8.450 Euro teure Karbon-Kit für den Motorraum. Denn das Aggregat, das unter dem Sichtfenster die hintere Hälfte des italienischen Boliden einnimmt, kann sich auch ohne Karbon-Applikationen sehen und insbesondere hören lassen. Fehlte nur noch, dass Ferrari dezente Spots im Motorraum anbringt, um für Aufsehen auf dem Parkplatz zu sorgen. Ähnlich überflüssig erscheinen der 2.405 Euro teure Heckgrill aus Karbon oder der mit insgesamt 8.090 Euro zu Buche schlagende Karbonkit für den Innenraum. Da sind mit den Italienern die Pferde aus ihrem Firmenwappen durchgegangen. Dass Lenkstockhebel, Bedienelemente und besonders Fensterheberschalter aussehen und sich so anfühlen als stammten sie aus einem betagten Fiat Ducato, scheint die finanzkräftige Kundschaft dabei nicht einmal zu stören. Ferrari – das ist für viele eben eine ganz andere Welt. Dagegen spielen die fahrdynamischen 430er-Qualitäten in einer ganz anderen Liga. Durch die gute Gewichtsverteilung zieht der 4,51 Meter lange und 1,6 Tonnen schwere Renner souverän und berechenbar seine Bahnen. Die Lenkung ist rennwagentypisch schwergängig, die Lenkpräzision eindrucksvoll. So sorgt nicht nur die F1-Schaltung endgültig dafür, dass Formel-Gefühle aufkommen. Wären da nicht Weinberge und Ortschilder – man könnte sich auch in Spa oder auf dem alten A1-Ring befinden.

Gut, dass sich der Automatikmodus der sequentiellen Schaltung für einen Renner wie den F430 Spider zumindest pro Forma verbietet. Im Vergleich zu anderen Konzepten ist die Automatik schlicht schlecht und läßt von einer ordentlichen Doppelkupplung träumen. Doch gerade auf kurvigen Pisten dürfte sich kein Chauffeur den Spaß am Hoch- und Herunterschalten nehmen lassen. Also die Gänge lieber manuell über die Schaltpedale ansteuern und Lächeln – klappt immer. Gerne ertappt man sich dabei, wie man eine Spur zu spät hoch schaltet, um den Klang des 360 kW/490 PS starken Italo-Renners zu genießen.

Der Fahrspaß im Einzelnen lässt sich über einen Drehregler am Lenkrad beeinflussen. Der aus der Formel 1 entnommene "Manettino" gibt dem Piloten die Wahl über die Justierung der elektronischen Fahrhilfe CST (Controllo Stabilità e di Trazione). So kann man per Schalterdreh zwischen den fünf Einstellungen Eis/Schnee, Regen, Sport, Rennen und CST deaktiv wählen. Bei ambitionierter Fahrt ist man im Sport- oder Rennmodus gut unterwegs. Wer will, kann das Heck in Kurven leicht ausstellen und sich dabei selbst von der guten Beherrschbarkeit des offenen Zweisitzers überzeugen. Doch der Herbst hat bereits seine Tücken in Form von feuchten Straßenteilen und Laub. So sollte man auf den eigentlichen Rennmodus, in dem CST deaktiviert ist, besser verzichten. Der Spaß kommt auch so nicht zu kurz und hinter der nächsten Kurvenkuppe könnte ja auch schon der nächste Traktor zum Ernteeinsatz fahren.

Erst auf der Rennstrecke kann man sich vom Potenzial des elektronischen Sperrdifferenzials E-DIFF richtig überzeugen. Das sorgt durch die unterschiedlichen Informationskanäle Gaspedalstellung, Lenkwinkel und Querbeschleunigung dafür, dass 465 Nm maximales Drehmoment auch standesgemäß auf den Asphalt gebracht werden. Dass die ebenfalls vom "Manettino" beeinflussten Elektronik-Dämpfer selbst auf welligem oder zerklüftetem Untergrund einen komfortablen Eindruck machen, darf dann abermals mehr überraschen als die exzellenten Fahrleistungen, die man von einem Ferrari ja erwarten kann. Den Spurt von 0 auf 100 km/h schafft der Mittelmotor-Roadster in kaum mehr als vier Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 310 km/h. Doch nicht nur Cabriofans sollten es schon wegen der Windgeräusche ab 270 km/h gut sein lassen. Darüber ist die geschlossene Version die deutlich bessere Wahl. Angesichts des wenig überraschenden Durchschnittsverbrauchs von knapp 20 Litern pro 100 Kilometern ist die Kapazität des Tanks nicht ganz unwichtig: Der fasst 95 Liter. Das reicht für gut 400 Kilometer Fahrspaß pur.

Quelle: Autoplenum, 2008-10-07

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