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Testbericht

24. September 2007
Mainz, 24. September 2007 – Schon auf den ersten Blick: Der Mercedes C 63 AMG versprüht kompakte Sportlichkeit. Irgendwie verspricht er uns, dass er was kann. Er trägt nicht prollig dick auf, er steht einfach nur da und wartet mit der Gelassenheit desjenigen, der Bescheid weiß. Nur die Zahl 63 an seinen Flanken und am Heck stimmt nicht ganz: 6.208 Kubikzentimeter Hubraum würden er zu einer 62 passen. Aber Moment: Über sechs Liter Hubraum in einer Mercedes C-Klasse? Kann das gut gehen? Wir haben es getestet. Außen: Vollkommen anders AMG, die sportliche Fahrzeug-Veredelungstochter von Daimler Benz, wird in diesem Jahr 40 Jahre alt. Zu diesem Jubiläum haben sich die Spezialisten aus Affalterbach selbst ein Geschenk gemacht: Den Mercedes C 63 AMG. Das Topmodell der C-Klasse zeigt schon von außen seine Sonderstellung: Der Wagen ist zirka 15 Zentimeter länger als die normale C-Klasse und hat als Limousine hinten aus optischen Gründen einen längeren Überhang. Zwei Powerdoms genannte langgestreckte Wölbungen auf der Motorhaube kräftigen das Profil. Der Kühlergrill drückt sich mit Zentralstern und zwei Lamellen in den Wind. Ausgestellte Kotflügel sorgen für Breitenwirkung und die seitlichen Luftauslässe des Frontschwellers entlassen die aufgeheizte Luft der Ölkühler. Eine dezente Abrisskante und ein schwarzer, in die Heckschürze integrierter Diffusor mit drei Finnen kümmern sich hinten um die Verminderung des Auftriebs. Die durchgehend zweiflutige Abgasanlage guckt mit zwei verchromten Doppelendrohren rechts und links aus dem Heck. Innen: Vollkommen anders Auch der Innenraum des C 63 AMG hat sich komplett dem Diktat des Sports untergeordnet. Schon die Sitze sind ein ausgesprochen auffälliges Sportgestühl. Die Kopfstützen sind in die Rücklehnen integriert, eine Höhenverstellung ist nicht mehr möglich. Trotzdem sitzt in den Türen noch der Knopf zur Kopfstützenverstellung. Dieser ist allerdings ein permanent halbgedrückter Blindknopf mit rein optischer Funktion – und Knöpfe, die sich nicht sinnvoll drücken lassen, sind immer ein bisschen deprimierend. Die Rücklehnen an sich bieten extrem festen Seitenhalt, der sich genauso wie die Lordosenstütze per Knopfdruck am Sitz verstellen lässt. Dabei ist die Seitenhalt-Zange auch in der maximal geöffneten Stellung für Leute mit breitem Kreuz recht eng. Wer zu dick ist, muss es seinem Fahrzeug gleich tun und ein wenig Sport treiben. Der Wagen ist was für Insassen mit guter Figur. Wer ins Gestühl passt, wird mit außergewöhnlichem Komfort verwöhnt – sportliches Feeling und echte Langstreckentauglichkeit bilden hier keinen Widerspruch.

Fahrwerk: Vollkommen anders Das Fahrwerk der normalen C-Klasse hat uns durch seine Agilität und seine geringe Wankneigung beeindruckt. Da liegt es nur nahe, dass es auch beim AMG-Modell zum Einsatz kommt. Weit gefehlt: Dem C 63 AMG wurden 200 Prozent mehr Dämpfung eingeimpft, die Feder-Dämpfer-Systeme wurden deutlich straffer abgestimmt, die vollkommen neu entwickelte Raumlenker-Vorderachse bringt eine im Vergleich zum Basismodell um 35 Millimeter breitere Spur mit und hinten legt die Spurbreite um zwölf Millimeter zu. Zusätzlich ist jetzt die Radführung an der Vorderachse um 100 Prozent steifer. Außerdem haben die Ingenieure das Momentanzentrum, den Schnittpunkt von Hoch-, Nick- und Längsachse, durch Verlagerung der Vorderachse nach vorn und des Motors nach hinten insgesamt nach vorne verschoben. Dieses Paket an Maßnahmen muss Folgen haben. Fahrverhalten: Vollkommen anders Natürlich fahren wir auf dem kürzesten Weg zu heiß ersehnten, engen Landstraßenkurven. Schwupp, schön schnell in die Biege gezirkelt und wir staunen: Die Wankneigung des C 63 AMG ist nahe Null. Wir mögen dass, schließlich gibt das in Kurven ein enorm sicheres Gefühl. Wer es mit einem Drift versuchen will, kann den Schalter für das dreistufige ESP bedienen. Erfolgen im normalen Modus standardmäßige Brems- und Motormomenten-Eingriffe, so lässt die Einstellung „Sport“ höhere fahrdynamische Zustände zu. Mit anderen Worten: Driften ist in Grenzen erlaubt. Wer das ESP komplett deaktiviert, sollte geübt sein und sich auf einer abgesperrten Rennstrecke befinden. Nur naive Amateure schalten das ESP im Straßenverkehr aus – dass der Wagen im Schnee wegen ESP nicht anfährt, wird eine extrem seltene Ausnahme bleiben. Bremst anders Durch die oben bereits erwähnte Verschiebung des Momentanzentrums an der Vorderachse kommt die AMG-Parameterlenkung ausgesprochen direkt daher. Bewegungen am 37-Zentimeter-Lenkradkranz werden mit äußerster Präzision umgesetzt – der Wagen ist was für Leute, die gerne genau arbeiten. Um den Sportwagen wieder zum Stillstand zu bekommen, arbeiten unter den 18 oder 19 Zoll großen Leichtmetallfelgen der Vorderräder innenbelüftete Scheibenbremsen der Dimension 360 x 36 Millimeter. Sechskolben-Bremssättel beißen hier herzhaft in die glänzenden Metallscheiben. Hinten reichen Vierkolben-Bremssättel, welche sich in Scheiben der Dimension 330 x 26 Millimeter verbeißen. Die Bremsanlage orientiert sich an der des CLK 63 AMG. Und wir merken es, als mal wieder ein Fahrer ohne jegliche Wahrnehmungsfähigkeit bei über 200 km/h auf unsere Spur schert: Die Bremsen verwandeln sicher und wohldefiniert unseren Vortrieb in Wärme – unsere Wut auf den gefährlichen Schläfer versuchen wir mit Professionalität zu ersticken, was halbwegs funktioniert.

Motor: Sowieso anders Unser Fotograf hängt zusammen mit seinem Assistenten in einer E-Klasse an unserem Heck. Wir fahren auf die Autobahn mit durchgedrücktem Gaspedal, innen erfüllt ein befreiendes, nicht zu aufdringliches Brummen den Wagen. Auf der linken Spur angekommen, zieht die Tachonadel bereits über die 220-km/h-Marke. Unseren Fotografen haben wir aus den Augen verloren. Er sieht uns noch kurz in weiter Entfernung über einen Hügel blinken wie einen aufblitzenden Fisch in grünem Wasser – und dann kann er uns nur noch hören. Ja, durch diesen von außen extrem markigen Sound umgibt uns ein Präsenzkreis von 100 Meter Durchmesser. Was ist das für ein enormes Herz, was da vor uns unter der Motorhaube schlägt? Anders gebaut Der von AMG in Eigenregie entwickelte V8-Sauger zaubert aus seinen 6,2-Liter Hubraum 457 PS und ein Drehmoment von 600 Newtonmeter. Ein Pferd muss sich gerade mal um 3,6 Kilogramm Fahrzeuggewicht kümmern. Das Magnesium-Schaltsaugrohr ist nach Öffnen der Motorhaube gut zu sehen – genauso wie die auf dem Triebwerk angebrachte AMG-Plakette mit der Unterschrift des Motoren-Monteurs. Bei AMG herrscht nämlich das Prinzip „Ein Mann, ein Motor“. Das Aggregat wir von Anfang bis Ende von einem einzigen Mann zusammengebaut, der jeden Arbeitsschritt dokumentiert und den Strichcode jeder verbrauchten Schraube einscannt. Bei dieser Arbeitsweise schafft ein Handwerker zirka drei Motoren am Tag. Dies sorgt für optimale Qualität – und für Emotionen. So kommt es immer häufiger vor, dass begeisterte Fahrer Danksagungen an „ihren“ Monteur schicken und die Bitte äußern, dass der nächste Motor im nächsten Auto wieder vom Monteur ihres Vertrauens zusammengefügt wird. AMG deutet an, dass sich da für sehr gute Kunden was machen lässt. Anders gekühlt Insgesamt drei mächtige Kühler kümmern sich um die Abwärme des aufgeheizten Sportlers. Ein großer Wasserkühler für den Motor, ein Servoölkühler und ein Getriebeölkühler drängeln vor einem großen Propeller. Der Getriebeölkühler sitzt schräg unten an der Front und wird von einem als Luftsammler dienenden Rahmen umgeben. Schräg wurde er deshalb angebracht, damit die aufgeheizte Luft nach unten abgeleitet und nicht zum Wasserkühler dahinter geführt wird. Außerdem sitzt ein zweiter Getriebölkühler rechts hinter einer kleinen Öffnung des Frontschwellers. Er wird von einem Druckpropeller beatmet, was zusätzliche Kühlsicherheit bei langsamer Fahrt bringt. Dabei gibt sich AMG größte Mühe, Reibungswärme gar nicht erst entstehen zu lassen: Die Zylinderlaufbahnen stecken unter einer LDS-Beschichtung, was die Reibung der Kolben an der Zylinderwand deutlich reduzieren soll. LDS bedeutet Licht-Draht-Spritze. Dies ist ein Verfahren, bei dem ein Draht aus einer bestimmten Metalllegierung in den Zylinder gehängt wird. Durch Anlegen einer Spannung an den Draht beschichtet dieser quasi die Kolbenlaufbahnen mit der Legierung.

Verhält sich anders Die gesamte Ingenieurskunst bei der Entwicklung, die gesamte Sorgfalt beim Zusammenbau, alles läuft auf eine fantastisch motorisierte C-Klasse hinaus. Der Motor sprudelt vor Lebensfreude, was er ganz nebenbei als Hochdrehzahl-Aggregat auch muss. In allen Last- und Drehzahlbereichen geht es sportlich zu, die Reserven des Triebwerks können durch unsere Straßen nicht an seine Grenzen gebracht werden. Der Spurt zur 100-km/h-Prestige-Mauer dauert gerade mal 4,5 Sekunden, bei 250 km/h schnürt ein elektronischer Eingriff den Vortrieb ab. 13,4 Liter Super verarbeitet der C 63 AMG dabei, 319 Gramm Kohlendioxid werden pro Kilometer in die Umwelt gesetzt. Beim sogenannten Driver Package kann man gegen Aufpreis die Abregelung auf 280 km/h anheben lassen. Im Preis enthalten ist dabei ein sinnvolles Fahrertraining für ein Wochenende. Die Teilnahme am Training ist aber nicht zwingend. Laut AMG-Ingenieuren wären ganz ohne Abregelung Geschwindigkeiten von leicht über 300 km/h drin. Anders Schalten Geschaltet wird im C 63 AMG mit der Automatik Speedshift Plus 7G-Tronic. Diese wurde speziell auf sportliches Fahrverhalten abgestimmt. Ohne wie beim normalen C-Modell kurz zu überlegen, kommt sie direkt zur Sache. Drei verschiedene Schaltmodi lassen sich über einen Knopf neben den Schalthebel wählen: C (Comfort), S (Sport) und M (Manuell). Die einzelnen Modi beeinflussen ausschließlich die Schaltreaktionen und nicht auch noch, wie bei der S-Klasse, das Fahrwerk. Schon im Comfort-Modus baut sich der Vortrieb rasant und ohne merkliches Ruckeln auf. Bei der Einstellung Sport werden zum einen die Schaltzeiten um 30 Prozent verkürzt, zum anderen gibt es erstmals bei einem AMG-Modell eine feine Zwischengasfunktion. Beim Herunterschalten sorgt sie ganz automatisch für ein lastfreies Rückschalten. Dies führt zu einer Verringerung von Lastwechselreaktionen, was besonders beim Anbremsen vor Kurven von Vorteil ist. 50 Prozent schneller als im Comfort-Modus geht es im manuellen Modus. Im Rhythmus der Kurven ziehen die Fingerspitzen an den angenehm kühlen Aluminium-Paddles hinter dem Lenkrad. Egal ob per Hand oder automatisch: Der Schaltvorgang verlangt nach hohen Drehzahlen – wer erst bei 7.200 Umdrehungen den nächsten Gang einlegt, macht nichts verkehrt.
Technische Daten
Antrieb:Heckantrieb
Anzahl Gänge:7
Getriebe:Automatik
Motor Bauart:V-Otto-Saugmotor
Hubraum:6.208
Anzahl Ventile:4
Anzahl Zylinder:8
Leistung:336 kW (457 PS) bei UPM
Drehmoment:600 Nm bei 5.000 UPM
Preis
Neupreis: 67.235 € (Stand: September 2007)
Fazit
Im Mercedes C 63 AMG steckt tatsächlich mehr AMG als je zuvor in einem Modell der Mercedes-Tochter. Der Wagen ist ein ganz klares Statement: AMG entwickelt sich immer weiter zu einer eigenständigen Marke, die Mercedes-Basis wird zunehmend verschwimmen.

Der Wagen an sich hat nichts gemein mit der agilen Serien-C-Klasse. Außen wie innen bebt er vor Sportlichkeit und beim Tritt aufs Gas löst er das zuvor gemachte Versprechen ein: Der C 63 AMG wird Teil des Körpers des Fahrers und strahlt mit überbordender Kraft Agilität und Sympathie aus. Ab Anfang 2008 wird der C 63 AMG sowohl als Limousine (67.235 Euro) als auch als Kombi (T-Modell: 69.853 Euro) zu haben sein.
Testwertung
5.0 von 5

Quelle: auto-news, 2007-09-24

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