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Testbericht

Wolfgang Gomoll, 13. Mai 2020
Wenn es um das Laden von Elektroautos geht, protzen die Autobauer gerne mit den hohen Werten der Schnelllader. Doch nominelle Ladeleistung bedeutet nicht automatisch eine kurze Ladezeit. Damit die Akkus ruckzuck wieder voll werden, muss alles zusammenpassen.

Wenn man Elon Musks den Ankündigungen glauben darf, treibt Tesla die restliche Automobilindustrie mal wieder vor sich her. Denn der amerikanische Elektroautobauer hat unlängst die dritte Generation seiner Supercharger vorgestellt, die jetzt mit einer Ladeleistung von 250 kW Strom in die Akkus pumpen und so die Standzeit um bis zu 50 Prozent verkürzen können. Das klingt zunächst nach nichts Besonderem, schließlich hat Ionity Schnellladesäulen im Programm, die bis 350 kW schaffen.

Doch neben der zahlenmäßigen Überlegenheit von rund 14.500 Tesla-Ladepunkten weltweit haben die Kalifornier vermeintlich noch ein weiteres As im Ärmel, das im Kampf um die schnellste Ladegeschwindigkeit: die über Jahre hinweg ausgeklügelte Software der US-Stromer, die sich vor allem in der Reichweite niederschlägt. Doch für ein schnelles Füllen der Batterien sind nicht nur die Geschwindigkeit der Säulen, sondern eben auch das Batteriemanagement des Elektroautos entscheidend. Denn die tollste Ladegeschwindigkeit ist Makulatur, wenn die maximale Ladeleistung nicht oder nur während einer kurzen Zeitspanne ausgeschöpft werden kann.

Und da rühmt sich Audi, eine besonders ausgeklügelte Steuerungssoftware zu haben, mithilfe der sich die Ladekurve lange auf einem hohen Niveau hält und die 95 kWh Batterie des Audi e-tron 55 Quattro an einer 150 kW-Ladesäule innerhalb von rund 30 Minuten zu 80 Prozent gefüllt ist. Bis zur vollständigen Befüllung des Akkus vergehen rund 45 Minuten, was immer noch ein sehr guter Wert ist, da gerade die letzten 20 Prozent im Verhältnis länger dauern als der Rest. Der Grund liegt in der Zellchemie der Batterie begründet: Ab etwa 80 Prozent Ladung steigt die Spannung nicht mehr an, gleichzeitig nimmt die Stromstärke, mit der geladen wird, kontinuierlich ab.

In diesem Bereich spielen die Ingolstädter in der Tesla Liga. Laut dem Technologie- und Ladedienstleistungsunternehmen \"The Mobility House\" sind die Akkus eines Tesla Model S, das mit einer 100 kWh Batterie bestückt ist bei einer Ladeleistung von 118 kW nach rund 38 Minuten zu 80 Prozent gefüllt. Tesla selbst gesteht ein: \"Die Spitzenladerate hängt jedoch vom einzelnen Fahrzeug ab und variiert aufgrund von Kapazität und Alter des Batterieaggregats, dessen Ladezustand und der Umgebungstemperatur.\" Die Belegung der Ladesäulen spielt ebenfalls eine Rolle. \"Falls möglich sollten Sie eine Ladesäule mit einer reinen Nummernkennung wählen, die nicht mit einem anderen Fahrzeug verbunden ist. Ist keine solche Ladesäule verfügbar, bieten die Ladesäulen eine Technologie, die das Teilen des Ladestroms an ihren Ladeplätzen A und B ermöglicht. Um einen maximalen Ladestrom zu erhalten, sollten Sie sich möglichst eine Ladesäule mit einem Fahrzeug aussuchen, das schon fast vollgeladen ist.\" Diese Aussage der sonst so verschwiegenen Kalifornier zeigt, dass das Stromtanken auch an Schnellladesäulen eine heikle Sache ist. Damit der Saft möglichst schnell in die Zellen fließt, muss einiges zusammenpassen. Manche Hersteller konditionieren die Akkus vor, wenn das Navigationssystem einen Schnelllader als nächsten Tankstopp ausspuckt.

Beim VW ID.3 mit der 77 kWh Batterie beträgt die maximale Ladeleistung 125 kW und füllt die Akkus in 40 Minuten. Die 80 kWh-Batterie des Mercedes EQC ist bei 110 kW innerhalb von 40 Min von zehn bis zu 80 Prozent gefüllt. Beim Opel Corsa-e (50 kWh) vergeht eine halbe Stunde, ehe die Akkus zu 80 Prozent gefüllt sind. Beim Renault Zoe mit einer 52 kWh Batterie vergehen an einer 50 kW Ladestation 70 Minuten ehe 80 Prozent erreicht sind. Bleibt zum Schluss nur noch der Porsche Taycan Turbo S mit seiner 800 Volt Spannung und einer Ladezeit von rund 22 Minuten, ehe die 93,4 kWh Batterie bei einer maximalen Ladeleistung von 270 kW zu 80 Prozent voll ist.

Nicht immer steht ein Gleichstrom-Schnelllader zur Verfügung und es muss eine Wallbox oder eine Wechselstrom-Ladesäule herhalten und dann kommt der Onboardlader ins Spiel, der den Strom mundgerecht für die an Gleichstrom gewöhnte Batterie aufbereitet. Lässt dieser E-Mundschenk nur ein einphasig statt dreiphasigen Laden zu, zieht sich das Stromtanken deutlich in die Länge. In Deutschland ist diese Art des Akkubefüllens auf 4,6 kW begrenzt (230V/20A), um keine Netzschieflast zu begünstigen. Wie schnell dieser Vorgang in etwa dauert, kann sich jeder selbst ausrechnen, indem er die Batteriekapazität durch diesen Wert teilt. Allerdings muss auch da alles passen, regelt die Technik diesen Wert herunter, reicht bisweilen eine Nacht nicht aus.

Die berechtigte Frage lautet jetzt, warum man den Onboardlader nicht dreiphasig auslegt und so die maximale Ladegeschwindigkeit auf 22 kW erhöht (die weiteren Leistungsstufen sind 3,6 kW, 7,2 kW und elf kW). Die Antwort lautet ganz einfach: Kosten. Ein einphasiger Onboardlader ist deutlich billiger als die dreiphasige Variante. Deswegen kostet beim Opel Corsa-e ein dreiphasiges Ladekabel, das 22 kW schafft, 720 Euro Aufpreis. Übrigens: Das Laden eines Tesla Model S mit einem 100 kWh Akku würde an einer Haushaltssteckdose mit 2,3 kW (10A, 230V) etwa 43 Stunden in Anspruch nehmen.

Quelle: Autoplenum, 2020-05-13

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