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Testbericht

Wolfgang Gomoll / Stefan Grundhoff, 9. Dezember 2014
Wie viel Sportler soll es für rund 100.000 Euro sein? Entweder ein echtes Supergeschoss wie den Nissan GT-R oder lieber einen variabler Sonnensportler wie der Porsche 911 Carrera 4S? Keine leichte Entscheidung.

Die beiden Sportskanonen könnten unterschiedlicher nicht sein und sind sich doch ähnlicher denn je. Der Nissan GT-R verspricht für einen in dieser Liga spektakulär günstigen Preis von 96.400 Euro Fahrleistungen, die keinerlei Wünsche offen lassen. 550 PS, Allradantrieb und weit über 300 km/h Spitze machen Lust auf Rennstrecke, Bergstraße und Startbahn. Für das gleiche Geld muss man in Zuffenhausen ein paar Etagen tiefer im Regal wühlen, denn mehr als ein gerade einmal 350 PS starker Porsche 911 Carrera ist nicht drin. Da sich auch der Japaner ein paar Extras gegönnt hat, legen wir beim Porsche ein paar Tausender drauf und gönnen dem Vergleich den 911 Targa 4S. 400 PS, Allradantrieb und ein sich wie von Geisterhand öffnendes Targadach - macht rund 124.000 Euro. Beide bieten die ebenso komfortable wie souveräne Antriebskombination aus Allradantrieb und Doppelkupplungsgetriebe und lassen ihren Interessenten auch keine großen Alternativen. 4x4 haben beide serienmäßig an Bord.

Cooles Aussehen auf der einen, spektakuläre Darbietungen auf der anderen Seite. Beide Sportler fesseln die Umgebung ebenso wie ihre Piloten. Während sich der Nissan GT-R in einer ungewöhnlichen Mischung aus Zurückhaltung und martialischen Karosserieschnitten ins Auge brennt, lässt es der Porsche 911 Targa deutlich eleganter und zurückhaltender angehen. Das spiegelt sich auch im Innenraum wieder. Der Nissan lockt in Sachen Verarbeitung und Design eher asiatische und amerikanische Kunden mit Bedienoberflächen und einem beeindruckenden Bildschirmsystem wie aus einer Spielkonsole. Jeder der auf Fahrsimulationen wie Gran Turismo oder Forza Motorsport steht, wird mit dem Cockpit des Japaners seine wahre Freude haben. Es gibt fast nichts, über was die digitalen Displays nicht informieren: Beschleunigung, Bremsen und das Drehmoment. Der Monitor lässt sich frei konfigurieren. Das begeistert echte Playstation-Freaks, doch im Stadtverkehr bleibt wenig Zeit für einen Blick auf die Informationsflut. Dagegen hält es der 911er klassisch. Gerade die ansteigende Mittelkonsole mit der Schalterflut ist nicht jedermanns Geschmack, doch für derartige Aufregung wie im GT-R gibt es keinen Grund. Zumal man sich auch bei diesem Bedienkonzept ohne große Probleme zurechtfindet. Mit seinem 315 Liter fassenden Kofferraum zeigt sich der Nissan auch im Alltag tauglicher, zumal die Rückbank sogar den Namen verdient. Anders beim Porsche: Neben dem 125-Liter-Handgepäck-Abteil lassen sich auch noch die hinteren Notsitze als Verstaumöglichkeit nutzen.

Auch wenn das Fahrzeugsegment mit einem 2+0-sitzigen Sportcoupé mit Allradantrieb und Doppelkupplungsgetriebe auf den ersten Blick auf beide Modelle zutrifft, katapultiert sich der Nissan schon von seinen Leistungsdaten her in Dimension eines Porsche 911 Turbo S, der dabei ganz lässig das Doppelte kostet. Der 3,8 Liter große Sechszylinder des Gozilla-Japaners mit doppelter Turboaufladung leistet in seiner aktuellen Ausbaustufe ebenso gigantische wie rauchig fauchende 404 kW / 550 PS. Das maximale Drehmoment von 632 Nm zwischen 3.200 und 5.800 U/min katapultiert den Fahrer nicht nur beim Imagesprint 0 auf Tempo 100 in spektakulären 2,7 Sekunden in den gut geschnittenen, aber etwas zu hoch positionierten Sportsitz. Spitzengeschwindigkeit: über 315 km/h. Da wird es sogar für ganz andere Sportwagen-Kaliber eng.

Dagegen ist der Porsche 911 Targa 4S selbst mit Sport-Chrono-Paket ein zahmes Lämmchen. 294 kW / 400 PS und 440 Nm Drehmoment lassen den Schwaben vom Start weg einen deutlichen Rückstand haben. Dabei sind 294 km/h Spitzengeschwindigkeit und null auf Tempo 100 in 4,6 Sekunden alles andere als ein schlechter Wert - für einen Sauger. Denn im Gegensatz zum Nissan GT-R muss der ebenfalls 3,8 Liter große Sechszylinder ohne Turbopower auskommen. Immerhin in der Verbrauchwertung lässt der Stuttgarter das Nippon-Geschoß hinter sich. Noch größer als der Unterschied beim Normverbrauch 11,8 Liter des Nissan gegenüber den 9,2 Litern des Porsche zeigt sich die Realität. Hier ist der GT-R nicht unter 14,5 Litern zu bewegen; beim Targa 4S sind es real mindestens 10,8 Liter.

Der Targa 4S ist ein Gleiter mit fahrdynamischem Potenzial. Die schicke Dach und alle Verstrebungen machen den Bügel-Porsche rund 1.6 Tonnen schwer - rund 100 Kilogramm mehr als beim 911er Coupé. Dieser Zusatz-Hüftspeck macht sich in scharf genommenen Kurven natürlich bemerkbar, auch wenn sich der gute Porsche Hang-On-Allradantrieb nach Kräften müht, das Körpergewicht zu vertuschen. Nimmt man sich den Targa 4S zur Brust, lässt er sich beim Einlenken ein bisschen Zeit und drängt auch in der Kurvenfahrt einen Hauch nachdrücklicher nach außen. Beim Komfort hat der Targa 4S dank der variablen Dämpfer keinen Malus. So sind auch Langstrecken ein Genuss. Das gilt auch für das Oben-ohne-Fahren, das deutlich puristischer ist. Das Aquarium-Gefühl vergangener Generationen ist passé: Wenn der Porsche effektheischend das Dach ablegt, weht es die Frisur der Passagiere genauso, wie beim Cabrio durcheinander. Ein bisschen wild ist der Targa 4S also doch auch.

Wie beim Allrad-Porsche greift beim Nissan GT-R die Vorderachse erst dann spürbar ein, wenn den Hinterrädern der nötige Schlupf ausgeht. Gerade bei trockenem Wetter ist eine Wucht zu erleben, wie der Antrieb des Nippon-Kamikazes mit der brachialen Kraft der 550 PS spielt und in dieser Disziplin dem Porsche in nichts nachsteht. Im Gegenteil: im Grenzbereich ist der GT-R spitzer, schärfer, einfach besser - und spaßiger, während der Targa gekonnt den ambitionierten Sportcuiser mimt. Dabei hat der Porsche seine Stärken - zumindest in diesem Vergleich - im Alltagsbetrieb bis zu höheren Tempi. Geht es mit Krawall zur Sache, zeigt der Nissan GT-R dem Porsche 911 Targa 4S Schlusslichter und Endrohre.

Die armdicken Enden der Auspuffanlage suggerieren nicht nur Potenz, der Nissan GT-R hat sie und der Allradantrieb kann damit umgehen. Eine ganze Armada von Sensoren gleicht im Zusammenspiel mit der Software den Traktionszustand des Fahrzeugs, den Lenkwinkel und die Richtung, in die das Auto sich bewegt ab. Je schneller der Nissan ist, umso besser schlägt sich das Doppelkupplungsgetriebe, dass bei langsamer Fahrt Mühe hat, langsame Geschwindigkeiten und gewaltige Kräfte zu koordinieren. Der kernig klingende Sechszylinder-Turbo erinnert den Fahrer immer wieder daran, sofort parat zu stehen, wenn der Pilot eine schärfere Gangart wählt. Dann zeigt sich, in welchen Gummi das Profil geschnitzt ist. Trotz seines Mehrgewichtes von rund 140 Kilogramm im Vergleich zum Targa schlägt der Kamikaze-Bomber besser als der Zuffenhausener. Nur bei Nässe ist das Übergewicht zu spüren.

Zwei ähnliche Sportler, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Wer den besseren Alltagssportler sucht und sich nicht nur in den Sommermonaten mit Sonne und Frischluft von oben belohnen möchte, kommt um den Porsche 911 Targa 4S nicht herum. Wer maximalen Sport für weniger Geld sucht, verliebt sich trotz oder gerade wegen des Spielkonsolencharmes in den Nissan GT-R, der in allen Lebenslagen spektakulären Schub und nicht weniger beeindruckende Fahrleistungen bietet.
Testwertung
4.5 von 5

Quelle: Autoplenum, 2014-12-09

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