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Testbericht

Stefan Grundhoff, 29. Januar 2014
Die Detroit Autoshow ist aus, vorbei und fast vergessen. Was hängen bleibt, ist insbesondere der Ford F-150. Die Amerikaner lieben Pick Ups. Das wird sich in den nächsten Jahren kaum ändern.

In Europa ist das Thema Downsizing in aller Munde. Kleinere Hubräume und Triebwerke mit Turboaufladung sollen dafür sorgen, dass die Verbräuche immer weiter nach unten krabbeln. Im Flottengeschäft müssen viele Vielfahrer eine Fahrzeugklasse tiefer zugreifen und auch die ersten Privatkunden greifen nach unten. 3er statt 5er BMW, Audi A4 statt A6 und ein VW Golf statt eines schicken Passat. In den USA, wo auf den Highways wieder Milch und Honig fließen, sieht das ganz anders aus. Zwar gibt es Downsizing auch bei den großen Pick Ups. Bestes Beispiel ist der 2,7 Liter große Turbo-Direkteinspritzer im neuen Ford F-150. Zusätzlich hat das meistverkaufte Auto der USA in seiner neuesten Auflage um über 300 Kilogramm abgespeckt. Auch der Hauptkonkurrent Chevrolet Silverado setzt auf Effizienz und der RAM ist mit einem Italo-Diesel zu bekommen. Doch im Gegensatz zu Europa ändert sich bei den Fahrzeugklassen selbst wenig.

Wer einmal einen Pick Up fuhr, steigt nicht auf eine Mittelklasse-Limousine oder gar ein Kompaktmodell um. "Wieso auch?", fragt John Florence, seit Jahren bei einem Fahrdienst im Bundesstaat Michigan unterwegs, "ich bin vor zwei Jahren von einem Silverado auf einen Chevy Suburban umgestiegen. Doch mein nächster wird wieder ein Pick Up." So wie Mister Florence geht es vielen. Einmal Pick Up heißt immer Pick Up - außer man probiert einmal einen von den großen SUV, die nicht nur im Nordosten der USA die Highways und Interstates bevölkern. Von billig bis edel; von mittelgroß bis gigantisch repräsentieren die Pick Ups, die hier nur Trucks heißen, die amerikanische Gesellschaft besser als Basketball, Hot Dogs oder Baseball-Kappen. Ein Pick Up ist ein Geländewagen für alle Tage. Kein Wunder, dass die Verkäufe auch 2013 wieder boomten: Ford verkaufte von seinem Topseller F-150 mehr als 760.000 Fahrzeuge - im letzten Produktionsjahr des alten Modells. Das ist ein Drittel als Ford-Verkäufe in Amerika. Die RAM-Trucks von Dodge hatten mit 355.000 Autos (+ 21 Prozent) einen US-Verkaufsanteil von 20 Prozent an der Marke Chrysler. "Unsere Jeep und RAM Truck Marke war zum Jahresende besonders stark", so Chryslers US-Finanzchef Reid Bigland, "angeführt von dem neuen Jeep Cherokee und dem RAM Pick Up Truck."

Seit Jahrzehnten führt mit dem Ford F-150 die mächtige Symbiose aus Kleinlaster und Geländewagen die amerikanische Verkaufsstatistik an. Ihm folgen das Konzerndoppelpack aus Chevrolet Silverado und GMC Sierra. Beide Verkäufe stiegen 2013 um 15 bzw. 17 Prozent auf 480.000 bzw. 184.000 Autos. Nicht kleiner und ebenfalls im vergangenen Herbst neu aufgelegt, liegt das Zwillingspärchen aus dem Hause General Motors seit Jahren vor dem Dodge RAM, der offiziell nur noch RAM heißt. Ein gutes Stück dahinter der Toyota Tundra, ebenfalls mit allen Wassern gewaschen. Hinter diesen Big Trucks stehen alles andere als kleine Pick-Up-Modelle wie Chevrolet Colorado und Toyota Tacoma. Allesamt auf Größe eines VW Amarok, der 5,25 Meter misst.

Dabei ist es längst nicht so, dass sich die Pick Ups nur in ländlichen Regionen größter Beliebtheit erfreuen - im Gegenteil. Zwar gibt es keinen Farmer, der kein eigenen Pick Up in der Garage hat, doch auch in den Großstädten wie New York, Chicago und Los Angeles sind die Pick Ups oft die beliebteste Autogattung. Neben einem 5,81 Meter langen und 2,6 Tonnen schweren Toyota Tundra sieht eine Mercedes M-Klasse oder ein BMW X5 an der Ampel aus, wie ein aufgeblasener VW Golf.

Ihre Einsatzmöglichkeiten kennen kaum Grenzen. Und genau das lieben die Amerikaner. Viele werfen ihre Arbeitskleidung nebst Rasenmäher auf die Ladefläche und fahren zum nächsten Starbucks-Drive-Inn, um sich einen halben Liter Kaffee zu gönnen. Weshalb die Dinger, die in den Vereinigten Staaten schlicht Trucks genannt werden, so gut laufen, erklärt Peter Brett an einer Tankstelle in Scottsdale. "Trucks sind ungemein praktisch. Man kann mit Ihnen ins Gelände, in die Stadt und muss sich nie Sorgen machen, alles mitzubekommen", erklärt der 42jährige aus San Diego, "wenn es sein muss, können die Kumpels auch einmal auf die Ladefläche und der Hund ist da sowieso längst zu Hause. Nicht zu vergessen ist der günstige Preis. Viele Trucks gibt es bereits unter 18.000 Dollar und Leistung haben alle."

Pro Jahr werden in den USA zwei bis drei Millionen Pick Ups in den USA neu zugelassen. Gerade in gemäßigten Klimazonen wie dem mittleren Westen oder dem Süden der USA haben die Pick Ups eine Lebensdauer von 20 oder 30 Jahren. Keine Seltenheit, dass einem in New Mexiko oder Texas ein uralter Pick Up begegnet. Die dicken V8-Triebwerke haben gigantische Lebenserwartungen, geringe Wartungskosten und bei einem Kraftstoffpreis von 3,50 Dollar pro Gallone (ca. 3,8 Liter) interessiert sich kaum jemand für den Durst der Spritschlucker. Die Motorleistungen liegen zwischen 250 und 450 PS. Allradantrieb, Platz für bis zu sechs Personen und große Becherhalter sind obligatorisch. Dabei sind die in den letzten Jahren zunehmend sparsamer geworden. Nicht nur der Ford F-150 der neuesten Generation setzt größtenteils von Turbo-Triebwerke, weniger Gewicht und Komfort wie in einer Oberklasselimousine. Einer wie der Ford F-150 ist ganz nebenbei das kleinste Modell einer ganzen Familie. So gibt es weitere deutlich größere Modelle wie F-250, F-450 oder F-550. Der letztgenannte ist mittlerweile sogar als gepanzertes Einsatzfahrzeug für einige deutsche Spezialeinheiten der Polizei im Dienst - mit ausfahrbarer Leiter.

Selbst Elon Musk, Chef des Elektroherstellers Tesla, unterstreicht, dass an den Pick Ups kein Weg vorbeiführt. Zum Ende des Jahrzehnts soll auch von Tesla ein Pick Up folgen. "Man muss sich hier auch etwas für die Aerodynamik überlegen", räumt Elon Musk ein, "eine offene Ladefläche ist furchtbar für den Luftwiderstand. Zudem eine variable Federung." Denn auch wenn die Pick Ups als automobile Allzweckwaffen zwischen Los Angeles, Detroit und Austin gemeinhin geliebt werden, kommt der Komfort insbesondere dann zu kurz, wenn man ohne Gewicht auf der Ladefläche unterwegs ist. Eine Tour auf der Interstate 5 zwischen Los Angeles und San Diego wird da schnell zur stimmungsvollen Rüttelpartie. Doch daran haben sich die Amerikaner längst gewöhnt.

Quelle: Autoplenum, 2014-01-29

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