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Testbericht

Holger Holzer/SP-X, 7. März 2017

Viele SUV, ein paar Luxusautos und einige ambitionierter Alltagswagen - auf dem Genfer Autosalon konzentriert sich die Branche einmal mehr auf ihr Kerngeschäft im gesättigten Pkw-Markt Europa: Autos für Leute, die eigentlich schon ein Auto haben. Zum Neukauf verführen sollen modischer SUV-Stil, neue Karosserievarianten und eine allgemein schickere Anmutung. Echte Innovationen, die auch neue Kundengruppen locken könnten, fehlen auf der wichtigsten Frühjahrsmesse des Kontinents jedoch.
 
Feierten die Autohersteller ein halbes Jahr zuvor auf der Herbstmesse in Paris noch die  Elektroauto-Revolution, gibt es diesmal zwar einen Reihe von Studien und Prototypen zu diesem Thema, serienreife Modelle für einen breiten Markt fehlen allerdings. Die vor einigen Monaten an der Seine vorgestellten Fahrzeuge kommen zum Großteil erst 2018 oder 2020. Bis dahin wird Geld mit dem altbekannten Geschäftsmodell verdient.
 
In der ersten Reihe stehen dabei erneut die SUV, mit denen nun auch die letzten Hersteller ihre Portfolios auffüllen. So präsentiert der Sportwagenhersteller Alfa sein erstes derartiges Modell, einen feuerroten Dynamiker namens Stelvio mit heckbasiertem Allradantrieb und perspektivisch bis zu 375 kW/510 PS starken Motoren. VW hingegen baut beim Kompaktmodell Tiguan an und lanciert die vor allem für den US-Markt entwickelte Langversion Allspace in Europa. Jeep bringt im Gegenzug mit dem Compass endlich ein klassisches Kompakt-SUV nach europäischem Geschmack auf den Markt. Eine Klasse höher überträgt Volvo das Erfolgsrezept des XC90 auf das Mittelklasse-SUV XC60, das mit hohem Sicherheitsniveau und edlem skandinavischen Design aufwartet. Und Land Rover schließt mit dem Range Rover Velar die kleine, bisher kaum aufgefallene Lücke zwischen dem luxuriösen Sport und dem Boulevard-Geländewagen Evoque. All diese Modelle versprechen gutes Geld: In Europa ist das SUV eines der letzten Wachstumsversprechen. Bis 2020 werden laut einer IHS-Prognose 27 aller Neuzulassungen in dieses Segment fallen. 2005 waren es gerade einmal 5 Prozent.
 
Es gibt aber noch einen zweiten Trend, mit dem die Hersteller die kontinentale Pkw-Sättigung kontern.  Wenn die Europäer – verglichen etwa mit Wachstumsmärkten wie China - schon wenige Autos kaufen, so sollen sie dafür aber immerhin mehr ausgeben können. Kaum ein neues Modell steht in Genf, das nicht bei Preis und Anmutung eine halbe Stufe oberhalb seines Vorgängers positioniert würde. Bestes Beispiel ist der neue Opel Insignia, der so schnittig auftritt, als käme er von einem Premiumhersteller wie Audi, BMW oder Mercedes. Knapp fünf Meter lang, bis zu 184 kW/250 PS stark und bis zur Dachreling mit Technik vollgestopft hat er mit seinem biederen Vor-Vorgänger Vectra nichts mehr gemein bis auf die KBA-Einstufung in der Mittelklasse.
 
Genau diese will auch der VW Arteon vergessen machen, eine als eigenständige Baureihe konzipierte Highend-Version des Passat, die gleichzeitig Ersatz für die hierzulande wenig geliebte Oberklasselimousine Phaeton ist. Auch der Ford Fiesta will in der Neuauflage hoch hinaus und mehr sein als ein preiswerter Kleinwagen – so gibt es ihn etwa erstmals auch in der lederbespannten Edel-Ausführung „Vignale“. Ein wirklich neues Phänomen ist das Hochstreben der Baureihen nicht, selten war es aber so konzentriert zu sehen wie in Genf. Dazu passt auch, dass der Citroen-Ableger DS hier seine endgültige Emanzipation als Premiummarke feiern will: Mit dem DS7 Crossback feiert das erste vollkommen eigen konzipierte Modell der Marke Premiere, nachdem man sich zunächst mit dem Upcycling existierender Citroen-Autos begnügt hatte. Auch die Strategie der Höherpositionierung scheint für die Hersteller sinnvoll. In Deutschland etwa steigen die Beträge, die Neuwagenkäufer in ihr Fahrzeug und dessen Ausstattung investieren seit Jahren stetig. Zuletzt zahlten sie im Schnitt durch alle Klassen knapp 30.000 Euro, Tendenz weiter steigend.
 
Die bereits etablierten Premiumhersteller haben es leichter, ambitionierte Preise beim Kunden durchzusetzen und widmen sich in Genf dem Auffüllen der letzten Lücken im Modellprogramm. Porsche bedient mit dem Oberklasse-Kombi Panamera Sport Turismo Kunden, denen denen das SUV Cayenne zu bullig ist, die aber trotzdem auch mal ihr Mountainbike auf den Wochenendausflug mitnehmen möchten. Mercedes-AMG zeigt mit der Studie GT Concept eine Mischung aus Reiselimousine und Sportwagen, während BMW mit dem 5er Touring seine Business-Baureihe mit dem traditionellen Kombi komplettiert.
 
Was in Genf weitgehend fehlt ist die Elektroauto-Euphorie, wie sie noch in Paris geherrscht hatte. Den dort gezeigten Entwürfen haben die Hersteller diesmal bis auf einzelne Plug-in-Hybride als Ergänzung der konventionellen Motorenpalette nichts hinzuzufügen. Alles, was in Kürze zu kaufen ist, wurde bereits vorgestellt, die nächste Welle rollt frühestens im kommenden Jahr an. So lange müssen SUVs und veredelte Alltagsautos als Geschäftsmodell also mindestens noch tragen. Und das dürfte allemal klappen.
 

 

Fazit

In Genf regiert wieder das Konventionelle: Der SUV-Boom hält an, Brot-und-Butter-Autos werden schicker statt sparsamer und der Verbrennungsmotor bleibt in naher Zukunft der dominierende Antrieb. Die E-Auto-Euphorie von Paris scheint erst einmal vorbei zu sein.

Testwertung
4.0 von 5

Quelle: Autoplenum, 2017-03-07

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