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Autoplenum, 2010-06-16

Neuer VW Jetta - Die große Bühne

Testbericht

Stefan Grundhoff

Der Times Square ist einer der meistfotografierten Plätze in New York.
Jeder Besucher stattet der Kreuzung inmitten von gleißenden
Leuchtreklamen einen Besuch ab. Hier gibt es Staus, Megakonzerte und
Demonstrationen. Diesmal jubelt alles für den neuen VW Jetta – und Katy
Perry.

Pop-Star Katy Perry, erfolgreichste US-Sängerin der letzen Jahre, gab ein
Kurzkonzert und sprang dem neuen VW Jetta bei ihrem neuesten Hit
„California Girls“ auch noch auf die Motorhaube. Mit dem Senioren-
Image des Jetta ist es ab sofort vorbei – zumindest wenn es Volkswagen
nach geht. Schon am Tag vor der Weltpremiere des neuen VW Jetta war
der legendäre Times Square zwischen den Ehrenmalen von Father Duffy
und George M. Cohan kaum wiederzuerkennen. Weißer Sandstrand,
echter Rasen und eine eigene Bühne - Volkswagen ließ es bei der
Weltpremiere des neuen Jetta so richtig krachen. Während andere
Hersteller in wirtschaftlich schweren Zeiten ihre Wunden lecken, gehen
die Wolfsburger in die Vollen und drehen der Konkurrenz zum
wiederholte Male schmerzhaft eine Nase. „Wir schlagen mit dem neuen
Jetta ein neues Kapitel auf“, läutete Stefan Jacoby, CEO von VW
Nordamerika ein, „Volkswagen ist zuhause in den USA.“ Produziert wird
der neue Jetta in Mexiko. Auf der Detroit Motorshow Anfang 2011 feiert
der etwas größere New Midsize Sedan seine Weltpremiere, der dann im
neuen US-Werk Chattanooga entsteht. Wolfsburg nimmt die USA ins
Visier.

„Ein Organisations-Team von 20 Leuten hat in den letzten drei Monaten
daran gearbeitet, diesen Event auf die Beine zu stellen“, erzählt Christian
Buhlmann, Koordinator und Pressesprecher im Hause Volkswagen, „es ist
in diesen Zeiten nicht leicht, etwas derartiges auf dem Times Square zu
veranstalten.“ Dass die Weltpremiere des neuen Jetta solch ein Knaller
werden würde, hatten wohl sogar die selbstbewussten VW-
Verantwortlichen nicht erwartet. Nach nervigem Wetter-hin-und-her in
den letzten Tagen strahlte die Sonne zusammen mit einer glänzend
aufgelegten Katy Perry und drei Jetta-Modellen um die Wette. Auf den
mächtigen Leuchtreklamen des Square zogen diesmal nicht Kinotrailer von
Sex and the City oder lokalen Musicals alle Blicke auf sich, sondern Stefan
Jacoby, CEO von Volkswagen Nordamerika und die neue Mittelklasse-
Limousine von Volkswagen.

Taxis rauschen vorbei und auf den Touristenbussen klicken Fotoapparate.
Das sind Jetta und Volkswagen, Jahrgang 2010 / 2011. Der Jetta in den
USA und in Deutschland – das sind zwei Welten, die unterschiedlicher
kaum sein könnten. Hierzulande hat der Jetta den Sprung zur
erfolgreichen Sportlimousine nie geschafft. In Deutschland ist der VW Jetta
im Gegensatz zum legendären Golf eine Langweilerkiste, wie sie müder
kaum sein könnte. Die technischen und praktischen Qualitäten eines Jetta
sind seit Jahr und Tag unbestritten, doch kaum jemand unter 65 Jahren
würde in unseren Breiten freiwillig erzählen, einen Jetta zu fahren.

In den USA sieht das völlig anders aus. Hier zählt die Stufenheckversion
des Golf trotz Vorderradantriebs als echte Sportlimousine; fast wie bei
uns ein dynamischer 3er BMW. Die ungewöhnlichen Lorbeeren hat sich
der Jetta in den 80er Jahren verdient, als er mit leistungsstarken GTI-
Motoren eine günstige Möglichkeit war, ein vergleichsweise sportliches
Auto aus Europa zu bewegen. Volkswagen hat sich in den letzten Jahren
mehr schlecht als recht bemüht, dem Jetta auch bei uns ein etwas
jüngeres Image zu verpassen. Wenn es einen Markt gibt, auf dem Jetta
erfolgreich läuft, dann sind es die USA. Kein Wunder daher, dass die
Weltpremiere des neuen VW Jetta in Manhattan stattfindet. Einmal
mehr zeigen die Wolfsburger ihr ganzes Selbstbewusstsein und ihre
Vorherrschaftsansprüche auf dem automobilen Weltmarkt. Noch vor
Jahren hätte man den Jetta still und leise in die breite Modellpalette
einlaufen lassen. Allenfalls an eine Präsentation auf einer 2B-Messe wäre
zu denken gewesen. Doch beim neuen Jetta war es damit nicht getan.
Wenn schon – denn schon. Der neue VW Jetta soll mit dem Auftritt von
Katy Perry gerade in den USA einen Raketenstart bekommen und die
Konkurrenz blickt ungläubig nach Wolfsburg wie das Landei, das zum
ersten Mal auf dem Times Square steht und den Mund am Father Duffy
Square nicht mehr zu bekommt.

Aktuell verkauft sich der Jetta in den USA jährlich mehr als 100.000 Mal.
Das neue Modell soll einen gewichtigen Anteil daran haben, dass sich das
gesamt verkaufte Volkswagen-Volumen in den Vereinigten Staaten bis
2018 auf mehr als 800.000 Fahrzeuge pro Jahr verdreifacht. Der neue
Jetta hat mit seinem müden Vorgänger nicht viel mehr als das Signet am
Heck gemein. 9,6 Millionen Jettas wurden im Laufe der Jahrzehnte
verkauft. Gerade die USA werden dafür sorgen, dass es bald deutlich mehr
werden. Die auf der Detroit Motorshow gezeigte Vision des Mittelklasse-
Coupés (NCS) hatte bereits erahnen lassen, dass der neue Jetta sich alles
andere als müde präsentieren würde. Ein Blick auf die eigens aufgebaute
Bühne am Times Square zeigt, dass die Erwartungen nicht zu groß waren.
So zeigt sich der neue Jetta zwar nicht mit derart deutlichen Anlehnungen
an das Audi A5 Coupé wie die Messe-Studie, aber kaum jemand kommt auf
die Idee, dass der Jetta ein Golf-Ableger sein könnte.

Front und Heck der 4,64 Meter langen Limousine (plus neun Zentimeter)
sind klar gezeichnet und lassen den Jetta deutlich breiter und
eigenständiger als bisher erscheinen. So verbündet sich der Jetta der
Generation 2011 eher mit der nächsten Passat-Familie, die Ende des
Jahres ihre Premiere feiert. Kaum etwas erinnert noch an den Golf. Im
Innenraum setzt der Jetta ebenso wie seine Brüder Klassenmaßstäbe.
Haptik, Verarbeitung und Ergonomie setzen nicht nur in den USA
Bestwerte. Das Platzangebot ist Dank des verlängerten Radstandes von
sieben Zentimetern auch im Fond üppig. Die Zeiten, als der VW Jetta ein
Golf mit Anhang war, gehören der Vergangenheit an. Mit dem neuen
Modell darf man problemlos auch in Deutschland mit einem Jetta
vorfahren, ohne dass einem hellgraue Jacken mit Tunnelzug und
Gesundheitsschuhe angedichtet werden. Optisch sichtbare Gleichteile mit
dem Golf – das war gestern. Mit frischen Design will VW den Klassenprimus
Toyota Corolla angreifen, der aktuell sechsmal so viele Fahrzeuge verkauft.

In den USA und Kanada wird der neue Jetta mit drei Benzin-Motoren
und einem Turbodiesel (TDI Clean Diesel) angeboten. Die
Einstiegsmotorisierung (85 kW / 115 PS) und der Common-Rail-TDI
(103 kW / 140 PS). Überarbeitet wurden der bekannte 2,5-Liter-
Benziner mit 125 kW / 170 PS und das sportliche Topaggregat, der
aufgeladene 2.0 TSI mit 147 kW / 200 PS, der ab 2011 den Jetta GLI in
Nordamerika antreiben wird. In Europa wird es eine andere
Motorenstrategie geben. Kleinere Hubräume und Aufladungen sind bei
allen Motoren maßgebend. Vier von sechs Motoren werden 2011 neu im
Jetta-Programm aufgenommen: Der 1.2 TSI (77 kW / 105 PS), der 1.4
TSI (118 kW / 160 PS) sowie die zwei Common-Rail-Turbodiesel 1.6 TDI
(77 / kW 105 PS) und 2.0 TDI (103 kW / 140 PS). Bekannt von anderen
Modellen sind der 1.4 TSI (90 kW / 122 PS) und der 2.0 TSI (147 kW /
200 PS). Bis auf den 1.2 TSI können optional alle Motoren mit einem 6-
Gang-DSG (77-kW-TDI, 103-kW-TDI, 147-kW-TSI) sowie 7-Gang-DSG
(90-kW-TSI, 118-kW-TSI) kombiniert werden. Sparmeister sind der 1,2
TSI, der 5,3 Liter Super auf 100 Kilometern verbraucht und der 1.6 TDI,
der sich auf der gleichen Strecke mit 4,1 Litern Diesel zufrieden geben
soll.

Der Preis für das Basismodell VW Jetta S liegt in den USA bei 15.995 Dollar.
Marktstart ist Ende September. Weitere Ausstattungsvarianten sind Jetta
SE, SEL und TDI. In Europa kommt der neue VW Jetta Anfang 2011 zu
Preisen ab unter 20.000 Euro auf den Markt. Hier wird es bei den
Bezeichnungen Trendline, Comfortline und Highline bleiben. Das
Basismodell verfügt unter anderem über eine geteilte Rücksitzlehne,
Kofferraum-Fernentriegelung, Klimaanlage und sechs Airbags.

Quelle: Autoplenum, 2010-06-16