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Testbericht

Wolfram Nickel/SP-X, 6. Februar 2017

Schon seit dem Sommer 1986 schwebten die Münchner im Siebener Himmel, überholte die zweite Generation des BMW 7er (E32) doch fast alle Konkurrenten. „Spitzenklasse aus Bayern“ und „Das beste Auto der Welt“, die Schlagzeilen der Medien überschlugen sich im Lob über die Sechszylinder 730i und 733i. Dabei hatte BMW das eigentliche Prachtstück noch in petto: Eine Zwölfzylinder-Limousine, wie es sie aus Deutschland seit einem halben Jahrhundert nicht gegeben hatte. Im Februar 1987 war es soweit, der BMW 750i und die Langversion 750iL mit neu entwickeltem 220 kW/300 PS starkem 5,0-Liter-V12 brachten Bewegung in die Oberklasse und lösten ein noch nie da gewesenes Leistungswettrüsten in der weltweiten Luxusliga aus.
 
„BMW überholt alle“ titelte die Fachpresse nach ersten Testfahrten und bezog sich dabei nicht nur auf die Vmax von 250 km/h. Ohne Abregelung wären sogar 270 km/h möglich gewesen, es fehlte jedoch an adäquaten Reifen. Vor allem in Komfort und Ausstattung galten die monumentalen Zwölfzylinder als neue Messlatte. Bei 160 km/h und knapp über 2.000 Touren waren nach Medienmeinung fast keine Motorengeräusche vernehmbar. Noch wichtiger war der Prestigefaktor des V12, der die wohlsituierte Kundenklientel euphorisierte. So zählte BMW schon vor der Premiere über 3.000 Blindbestellungen für das Flaggschiff, das die Mercedes S-Klasse erstmals kurzzeitig von Vorstandsparkplätzen verdrängte.
 
Allerdings zielten die BMW 750i und 750iL nicht nur auf die Käufer der Mercedes S-Klasse, vielmehr konterten die ersten Zwölfzylinder mit Katalysator auch die englischen V12-Luxusliner von Jaguar und Daimler. In Nordamerika, weltweit wichtigster Luxusmarkt, galt der 5,02 Meter lange 750iL sogar als Alternative zu Rolls-Royce Silver Spirit und Bentley Mulsanne. Welche Klasse das deutsche Highend-Triebwerk besaß, betonte Rolls-Royce elf Jahre später, denn von da an wurde der Silver Seraph tatsächlich mit dem BMW-V12-Motor ausgerüstet. Aber auch im Komfort konnte der BMW 750iL schon 1987 mit außergewöhnlichen Features aufwarten. Dazu zählte die Mehrzonen-Klimaautomatik für Front- und Fondpassagiere mit vorprogrammierbarer Standlüftung.
 
Den Charakter der Chauffeurlimousine unterstrichen neuartige Fond-Kopfstützen, die bei belastetem Sitzkissen automatisch ausfuhren sowie elektrisch separat verstellbare Fond-Sitzkissen und Rückenlehnen. Wem diese Annehmlichkeiten nicht genügten, für den gab es von Karossiers wie Hamco den V12 mit 28 Zentimeter zusätzlichem Radstand, Bareinrichtung und allen modernen Bürokommunikationsmitteln sowie mit Panzerung. Der ohnehin stolze Preis des BMW 750i steigerte sich so von 102.000 auf 450.000 Mark für den All-inclusive-V12. Letzterer kostete übrigens 50 Prozent mehr als ein Rolls-Royce Silver Spur und war damit die teuerste Limousine in Deutschland. Im Vergleich dazu wirkte der von Alpina auf 257 kW/350 PS leistungsgesteigerte 750iL wie ein Sonderangebot: 208.000 Mark wurden für den Alpina B12 5.0 L fällig, der mit 275 km/h die schnellste Serienlimousine der Welt war.
 
Im Fahrkomfort setzte bereits der „billigste“ BMW 750i Maßstäbe, denn die neue elektronische „Dämpfer Control“ war Standard. Dafür nutzte BMW zweistufig umschaltbare Stoßdämpfer mit jeweils zwei in Doppelkolben unabhängig voneinander arbeitenden Ventilsystemen. Der Fahrer konnte per Knopfdruck zwischen einer komfortbetonten und einer sportlich-straffen Fahrwerksabtimmung wählen. Letztere trug dazu bei, dass die Presse jubelte: „selbst bei Höchstgeschwindigkeit unbeirrbarer Geradeauslauf“. Wer die 220 kW/300 PS und die damals sensationellen 450 Nm Drehmoment voll auskostete, musste allerdings 20 bis 23 Liter Verbrauch hinnehmen. Nur theoretischer Natur war der Normverbrauch von 10,5 Liter bei 90 km/h, immerhin war der Münchner Zwölfzylinder damit sparsamer als der neue, 205 kW/297 PS freisetzende V8 im 560 SEL, mit dem Mercedes rasch nachgerüstet hatte. Ein V8, der nichts daran änderte, dass sich das bayerische Dickschiff mit optionaler Doppelverglasung in der deutschen Zulassungsstatistik zumindest vorübergehend vor den ewigen Oberklasse-Bestseller mit Stern setzte.
 
Heute wirken 220 kW/300 PS für eine Oberklasse-Limousine bescheiden, bietet doch schon der kleinste BMW als M140i deutlich mehr Power. Vor 30 Jahren jedoch erreichte der BMW 750i damit eine Schallmauer, die nicht einmal Jaguar Sovereign V12 und Maserati Quattroporte/Royale V8 durchbrochen hatten. Zwei Limousinen, die vormals als schnellste Viertürer der Welt galten und die durch einen V12 mit beispielhafter motorischer Laufruhe entthront wurden. Anschaulich gemacht wurde dies bei der Publikumspremiere durch hochkant auf den Motorblock gestellte Münzen, die bei laufender Maschine nicht umfielen. Zukunftsweisend war auch die Steuerung des nur 240 Kilogramm wiegenden Leichtmetallaggregats. Zwei völlig voneinander getrennte elektronische Systeme übernahmen die Regelung von Kraftstoffeinspritzung und Zündung für jeweils eine Sechszylinderbank, die in einem Winkel von 60 Grad zueinanderstanden.
 
Allerdings hatte es auch 15 Jahre Vorarbeit und zwei Vorläufer-V12 gebraucht, bis die BMW-Techniker ihr Serientriebwerk aus Leichtmetall vorstellten. Ein erster 5,0-Liter-V12 von 1974 war zu schwer geraten und zwei kleinere 3,6-Liter- und 4,5-Liter-V12 von 1977 scheiterten unter den Nachwirkungen der ersten Energiekrisen. Fünf Jahre später hatten sich die Diskussionen um Energieverknappungen vorläufig erledigt und BMW wagte sich an eine komplette Neuentwicklung, die schon nach zehn Monaten erfolgreich auf dem Prüfstand lief. Wie mutig das 1982 erneuerte Bekenntnis zum V12 war, zeigt auch der Vergleich mit Jaguar, wo die 1986 vorgestellte XJ40-Serie anfangs nicht für V12 ausgelegt war. Mercedes konnte sogar erst 1991 mit der S-Klasse der Baureihe W140 mit noch größerem 6,0-Liter-V12 die früher gewohnten Machtverhältnisse wiederherstellen.
 
Dieser Zwölfender mit Stern deklassierte den von Claus Luthe zeitlos elegant entworfenen BMW 7er der Serie E32 gleich mehrfach: Zum einen entwickelte der Mercedes 600 SE so viele kW wie der BMW an PS aufbot. Zum anderen trat der Big-Benz so stattlich auf, dass der BMW 750i im Vergleich wie eine zierliche Mittelklasselimousine wirkte.
 
Wo Licht ist, gibt es auch Schatten. So konnten die 7er der Baureihe E32 noch nicht das Qualitätsniveau der ausgereiften S-Klasse W126 erreichen, wie vor allem Käufer wussten, die beide Modelle fuhren. Auch galt der V12 anfangs als nicht so robust wie die legendären BMW-Sechszylinder und der 1992 im 7er eingeführte V8. Probleme, die BMW löste, spätestens mit der 1994 lancierten dritten 7er-Generation.
 
Trotzdem erreichte der zweite BMW 7er gerade wegen des V12, was seinen Vorgängern, dem barocken BMW V8 aus den 1950er Jahren, den Modellen 2500 bis 3,3 Liter und dem ersten 7er (E23) nicht gelang: Er schoss BMW in die Sphäre der globalen automobilen Nobelklasse. Und das mit einem respektablen Gesamtabsatz von über 310.000 Einheiten.

Chronik

1972: Unter dem Projektnamen M33 wird ein Zwölfzylindermotor mit 220 kW/300 PS und 5,0 Liter Hubraum entwickelt, der 1974 fertiggestellt ist, aber nicht in Serie geht
1977: Debüt der ersten BMW 7er-Generation (E23). Entwicklungsstart für den V12-Motor der Serie M66 in den Hubraumstufen 3,6- und 4,5-Liter und mit bis zu 275 PS Leistung. Beide V12-Varianten gehen aber letztlich nicht in Serie. Für den 7er (E23) gibt es stattdessen einen turboaufgeladenen Sechszylinder (745i)
1979: Entwicklungsstart des BMW 7er der Serie E32
1982: Im November fällt die Entscheidung für die Entwicklung eines V12. Konstruktionsstart ist am 1. Dezember
1983: Im Oktober Prüfstanderprobung des V12
1986: Im September erfolgt die Vorstellung des 7ers der Serie E32 mit den Sechszylinder-Typen BMW 730i und 735i
1987: Im Februar kommuniziert BMW die Details zu Motor und Technik der neuen Spitzentypen 750i und 750iL. Weltpremiere feiern die Zwölfzylinder-Limousinen auf dem Genfer Salon. Erkennungszeichen gegenüber den Sechszylindertypen 730i und 735i sind die breitere Niere im Kühlergrill und rechteckige Auspuffendrohre. Die Preise für den 750i beginnen bei 98.000 Mark. Der BMW-Konzern erreicht die Rekord-Produktionszahl von 461.340 Pkw. 55.606 Einheiten davon sind 7er-Modelle aus dem Werk Dingolfing, darunter 15.676 BMW 730i, 33.861 BMW 730i, 1.266 BMW 750i und 3.594 BMW 750iL
1988: Preiserhöhung auf 107.000 Mark für den 750i und 125.000 Mark für den 750iL. Mit Spezialausstattung kostet der 750iL ab 142.000 Mark, darüber rangieren die Sonderanfertigungen von Karossiers. Im ersten vollen Jahr erzielt der 750i/iL weltweit über 10.000 Zulassungen. Alpina präsentiert den B12 5.0 als schnellste V12-Limousine der Welt
1989: Premiere für das Luxuscoupé BMW 850i (Serie E31) mit dem Zwölfzylinder des 750i
1991: Mercedes-Benz S-Klasse der Baureihe W140 wird eingeführt. Schon in den ersten neun Monaten nach Markteinführung werden über 48.000 S-Klasse-Limousinen ausgeliefert, während BMW im ganzen Jahr nur noch 35.000 Einheiten des 7ers verkauft
1992: Modellpflege mit modifizierter Frontgestaltung durch neue Schürze und mit neuen V8-Motoren mit Vierventil-Technik im 730i und 740i. Als erster deutscher Serien-Pkw wird der BMW 750i/iL mit Xenonlicht ausgestattet. Die Mercedes-Benz S-Klasse (W140) überholt in der deutschen Zulassungsstatistik mit 22.000 Einheiten erneut den BMW 7er (15.000 Verkäufe)
1994: Im Februar kündigt BMW einen Generationenwechsel an. Die 7er-Reihe mit dem internen Code E38 ersetzt im Juni den E32.

BMW 750i/iL (E32) - Technische Daten:

Oberklasselimousine, Länge: 4,91 (iL: 5,02) Meter, Breite: 1,85 Meter, Höhe: 1,40 Meter, Radstand: 2,83 (iL: 2,95) Meter, Kofferraumvolumen: 500 Liter.

BMW 750i/iL (E32):5,0-Liter-V12-Benziner, Viergang-Automatik, 220 kW/300 PS, maximales Drehmoment: 450 Nm bei 4.100 U/min, 0-100 km/h: 7,4 s,Vmax 250 km/h (abgeregelt).
 
Produktionszahlen:

BMW 7er (E32) insgesamt über 310.000 Einheiten (1986-1994), davon 91.258 BMW 730i (Sechszylinder), 42.548 BMW 740i/iL. 14.869 BMW 750i (Zahl bis 1993) und 32.092  BMW 750i/iL (Zahl bis 1993).
   

Dieser Motor wirkte wie ein Stachel im Fleisch von Mercedes und allen anderen Premiummarken. Mit dem ersten deutschen Zwölfzylinder der Nachkriegszeit in der neuen Luxuslimousine 750i katapultierte sich BMW weltweit an die Spitze der Nobelklasse. Und in Deutschland überholte der 7er erstmals die S-Klasse

Fazit
Dieser Motor wirkte wie ein Stachel im Fleisch von Mercedes und allen anderen Premiummarken. Mit dem ersten deutschen Zwölfzylinder der Nachkriegszeit in der neuen Luxuslimousine 750i katapultierte sich BMW weltweit an die Spitze der Nobelklasse. Und in Deutschland überholte der 7er erstmals die S-Klasse

Quelle: Autoplenum, 2017-02-06

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