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Testbericht

Holger Holzer/SP-X, 11. Juni 2016

Wohl noch nie fiel es so leicht, auf einen VW Golf zu verzichten wie heute. Nicht etwa wegen des Diesel-Skandals. Sondern weil Konkurrenten wie Opel Astra, Peugeot 308 oder Hyundai i30 dem Bestseller aus Wolfsburg in Sachen Anmutung und Ausführung so eng auf den Pelz gerückt sind wie in dieser Konzentration niemals zuvor. Auch der Renault Mégane reiht sich seit der Neuauflage im Frühjahr in die Riege der längst nicht mehr chancenlosen Herausforderer ein. Der Franzose liefert dabei die in der Kompaktklasse gefragten Qualitäten, kann dabei aber auch eigene Akzente setzen.

Zunächst zum Pflichtprogramm: Schon äußerlich demonstriert der Renault Selbstbewusstsein und Führungsanspruch. Die stark konturierte Karosserie lässt die Neuauflage ernsthafter und eleganter wirken als den etwas verspielteren Vorgänger. Die mittlerweile markentypischen Tagfahrlicht-Sicheln an der Front sorgen im Rückspiegel des Vordermannes sogar für ein wenig Überholprestige. Der Mégane ist zwar kein Linksspur-Abonnent, in der getesteten Version mit dem mittleren Diesel aber ein durchaus dynamisches Auto; der Vierzylinder zieht williger und kräftiger als es seine 96 kW/130 PS im Vorfeld vermuten ließen, ist dabei angenehm laufruhig und nicht zu durstig. Knapp sechs Liter sind zwar fast zwei Liter mehr als vom Hersteller versprochen, aber angesichts der gebotenen Fahrleistungen durchaus angemessen.

Der souveräne Motor trifft auf ein ausgewogenes Fahrwerk, das ein wenig komfortabler abgestimmt ist als bei den meisten deutschen Konkurrenten, ohne aber zu weich oder gar schwammig zu wirken. Entsprechende Vorbehalte gegen französische Autos sind nicht nur hier also längst überholt. Gegenüber dem Vorgänger fällt außerdem die deutlich verbesserte Lenkung auf, die nun nicht mehr so synthetisch wirkt wie zuvor. Auch ohne die optionale Allradlenkung (zurzeit nur für das GT-Modell) ist der Mégane handlich genug für den Stadtverkehr, ausreichend agil für Überlandfahrten und angenehm komfortabel auf der Autobahn. Ein guter Allrounder mit ausgeprägten Langstrecken-Fähigkeiten.

Allerdings leistet sich der Mégane auch eine ernste Schwäche in einer Kerndisziplin. Denn der Kofferraum bleibt eine Schwachstelle. Die Ladekante ist nicht nur sehr hoch, sondern auch noch extrem breit, so dass beim Hereinwuchten schwerer Gegenstände entweder Rückenprobleme oder Lackkratzer drohen. Außerdem entsteht beim Umklappen der Rücksitzbank eine unpraktische Stufe im Kofferraumboden. Das Ladevolumen hingegen kann sich sehen lassen, zwischen 384 und 1.247 Liter notiert das Datenblatt. Auch, weil der Mégane mit 4,36 Metern Länge zu den größeren Modellen seiner Klasse zählt. Entsprechend luftig sitzen die Passagiere im Fond, ohne dass der Franzose sich hier deutlich vom zehn Zentimeter kürzeren Golf absetzen könnte.

Absetzen will sich der Renault aber durchaus. Für die Kür nach dem Pflichtprogramm hat er den Innenraum erwählt. Der ist zunächst einmal modern gestaltet, hochwertig ausgestattet und gut verarbeitet. Prunkstück ist ein großer Zentralmonitor zwischen Fahrer und Beifahrer, der entgegen der üblichen Konventionen hochkant montiert ist und als zentrales Bedienelement fungiert. Die Software kann nicht durchgehend überzeugen, die verschachtelte Menüstruktur genauso wenig wie die mäßige Betriebssystems-Stabilität oder das Fehlen von Apple Car Play und Android Auto – aber in seinem Kern versteckt sich die charmante Seele des Mégane: die „Multi-Sense“ genannt Individualisierungs-Software.

Renault gibt dem Fahrer damit ungewöhnlich viel Gestaltungsspielraum beim Charakter seines Autos. So lässt sich die Instrumenten-Grafik ebenso den eigenen Vorstellungen anpassen wie die Farbe der Ambiente-Beleuchtung im Innenraum oder die Anzeigen auf der Homepage des Zentralbildschirms. Auch der Charakter von Motor und Lenkung kann flexibel zwischen den Polen Sport und Komfort verschoben werden – adaptive Dämpfer und somit Verstellmöglichkeiten beim Fahrwerk gibt es aber nicht. Der Kompakte wird durch die kleinen manuellen Modifikationen kein neues Auto, fühlt sich aber doch graduell anders an. Weil sich die Einstellungen personalisieren und speichern lassen, kann jedes Familienmitglied eine andere, individuelle Variante des Wagens fahren.

Im engeren Sinne nützlich ist „Multi-Sense“ natürlich nicht. Nüchtern-rationale Golf-Fahrer oder experimentierfreudige Gewindefahrwerk-Abstimmer werden an der spielerischen und oberflächlichen Konfigurierbarkeit wenig Freude haben. Wer sein Auto nicht bierernst nimmt und Spaß am Dekorieren und Ummöblieren hat, vielleicht schon. Und für so jemanden mag die Technik vielleicht sogar den Ausschlag geben, im zunehmend auf hohem Niveau gleichförmigen Kompakt-Segment einen Renault zu wählen. Die Preise für das empfehlenswerte Dieselmodell mit 96 kW/130 PS starten bei 25.090 Euro, „Multi-Sense“ zählt zur Serienausstattung.

Technische Daten – Renault Mégane dCi 130:
Fünftüriges, fünfsitziges Schrägheckmodell der Kompaktklasse, Länge: 4,36 Meter, Breite: 1,81 Meter (mit Außenspiegeln 2,06 Meter), Höhe: 1,44 Meter, Radstand: 2,67 Meter, Kofferraumvolumen: 384 – 1.247 Liter

1,6-Liter-Vierzlylinder-Diesel, 96 kW/130 PS, Frontantrieb, manuelles Sechsganggetriebe, maximales Drehmoment: 320 Nm bei 1.750 U/min, 0-100 km/h: 10,0 s, Vmax: 199 km/h, Durchschnittsverbrauch: 4,0 Liter, CO2-Ausstoß: 103 g/km, Abgasnorm: Euro 6, Effizienzklasse: A, Testverbrauch: 5,8 Liter, Preis: ab 25.090 Euro.

Kurzcharakteristik – Renault Mégane:
Warum: weil man ein Spielkind ist
Warum nicht: weil man ein ernsthafter Erwachsener ist und lieber Golf fährt
Was sonst: VW Golf, Opel Astra, Hyundai i30

Fazit
Der Renault Mégane erreicht zwar nicht die kühle Perfektion des VW Golf, gleicht das aber mit besonderem Charme aus. Für den muss man allerdings auch empfänglich sein.
Testwertung
4.0 von 5

Quelle: Autoplenum, 2016-06-11

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