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Testbericht

Benjamin Bessinger/SP-X, 28. August 2017

Mit der Physik stehen sie in Crewe ein wenig auf Kriegsfuß. Zwar wissen natürlich auch die Ingenieure bei Bentley um die normative Gültigkeit der Naturgesetze. Doch fügen wollen sie sich ihnen deshalb noch lange nicht. Denn warum sollte ein Auto nicht zum Sportwagen taugen, nur weil es mit so viel Lack, Leder und Luxus drapiert ist, dass es am Ende mehr als zwei Tonnen wiegt, fragen sich die Entwickler der VW-Tochter und liefern jetzt zur IAA die passende Antwort. Dann ziehen sie das Tuch von der neuen Generation des Continental GT und wollen mit dem ultimativen Gran Turismo den Beweis antreten, dass man im Luxussegment durchaus noch ein bisschen mehr Sport wagen darf.
 
So rasant der Vorgänger auf der Geraden war, stieß er mit seinem Vortrieb in Kurven zuletzt schnell an seine Grenzen. Für die neue Generation dagegen verspricht Bentley auch eine neue Dimension an Fahrdynamik und krempelt das Auto dafür von Grund auf um. Die angestaubte Plattform des Phaeton wird nach schier unendlichen 14 Jahren im englischen Einsatz endlich ausgemustert. Der neue Continental GT bedient sich der Bodengruppe des Porsche Panamera samt neuer Lenkung und Doppelkupplung statt Automatik. Dazu gibt es ein Fahrwerk mit Dreikammer-Luftfederung und 48-Volt-Stellern, die sich noch schneller der Fahrsituation anpassen und den Koloss entsprechend besser stabilisieren. Es gibt einen neuen Allradantrieb mit variablerer Kraftverteilung und dem Fokus auf die Hinterachse.

Und vor allem gibt es einen weiter entwickelten Zwölfzylinder, der aus sechs Litern Hubraum nun 467 kW/635 PS und 900 Nm schöpft, die tapfer gegen die Gesetze der Physik anstürmen. Nicht umsonst beschleunigt der Luxusliner nun in 3,7 Sekunden von 0 auf 100 und festigt mit einem Spitzentempo von 333 km/h seinen Ruf als schnellster Viersitzer der Welt – nicht schlecht für ein Auto, das trotz mehrerer Zentner Diät-Erfolg noch immer über zwei Tonnen wiegt. Genauso wenig wie der Verbrauch, der zumindest auf dem Prüfstand um 16 Prozent gesunken ist und nun solide unter zwölf Litern liegt.
 
Zwar will der neue Continental GT sportlicher sein als je zuvor. Doch der Luxus bleibt dabei nicht auf der Strecke. Im Gegenteil gibt es noch einmal mehr Glanz und Gloria als bisher – und zwar nicht nur, weil das Design noch protziger und präsenter ist und die Details noch feiner herausgearbeitet wurden. Sondern auch weil Bentley noch mehr Ausstattung ins Auto packt und bei den Materialien noch authentischer bleibt. Was wie Metall aussieht, das ist auch aus Metall, und Holz der Briten ist tatsächlich noch an Bäumen gewachsen. Auch das ist ein Grund, weshalb der Continental GT - Alukarosse hin und Leichtbaufelgen her - noch immer mehr als zwei Tonnen wiegt.
 
Schwer wir ein Luxusliner und schnell wie ein Leistungssportler – das ist nicht der einzige Widerspruch, den Bentley mit dem neuen Continental vereinbaren möchte. Die Briten suchen auch eine neue Balance zwischen Tradition und Technik. Nicht umsonst täfeln sie den Luxusliner auf der einen Seite wieder mit zehn Quadratmetern Echtholzfurnier, schleifen die Konsolen wie die Gehäuse edler Chronometer oder setzen für eine Lederausstattung bis zu 310.675 Stiche, und nicht ohne Grund haben sie auf der anderen Seite über 100 Millionen Zeilen Softwarecode geschrieben und damit 15 mal mehr als es Boeing für einen Dreamliner tut.
Ein Gutteil davon entfällt zwar auf Antrieb und Fahrwerk und die vielen Assistenzsysteme, die der Continental vom Panamera übernimmt. Aber viele Zeilen verwenden die Briten auch auf das erste digitale Cockpit in einem Bentley und vor allem auf ihr rotierendes Display daneben, das wie kein anderes Detail für den harmonischen Umgang mit solchen Kontrasten steht. Denn wer den brillant glänzen Retina-Screen partout nicht sehen möchte, der lässt das ganze Teil einfach um 120 Grad rotieren und blickt so auf drei mechanische Uhren oder weitere 120 Grad später auf eine vornehme Vertäfelung aus Holz.
 
Mehr Leistung als je zuvor und zugleich mehr Luxus – all das gibt es natürlich nicht zum Nulltarif. Zwar verliert Bentley über die Preise noch kein Wort. Doch wenn noch in diesem Jahr die Auslieferung beginnt, wird der Continental GT wohl kaum unter 200.000 Euro zu bekommen sein. Und dabei soll es natürlich nicht bleiben – selbst wenn später wieder ein V8-Benziner kommt, mit dem sich die Preise ein wenig nach unten korrigieren lassen. Sondern genau wie bald im Bentayga soll es auch im Continental GT einen Plug-In-Hybriden geben. Und natürlich steht auch wieder ein Cabrio auf dem Plan. Spätestens dann gilt für die Preise wie für das Verdeck: Nach oben unbegrenzt geöffnet.

 

Fazit

Schneller als die meisten McLaren und vornehmer als ein Maybach – so hat es der Bentley Continental GT zum Luxusliner unter den Supersportwagen gebracht. In der neuen Generation will er alles noch viel besser machen.

Testwertung
4.0 von 5

Quelle: Autoplenum, 2017-08-28

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