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Testbericht

Max Friedhoff/SP-X, 5. November 2017

Der KTM X-BOW GT4 ist kein Auto, das man an jeder Ecke sieht, zu gering ist die bisher gebaute Stückzahl des extremen Rennwagens. Kein Wunder also, dass der Zuschauerandrang vor unserer Box bei jedem Rennen größer ist als bei den Werksrennteams von Porsche, Ferrari oder Bentley. Knapp 4,10 Meter lang, zwei Meter breit und nur knapp 1.000 Kilogramm schwer ist der Carbon-Renner, in dem ich zusammen mit unserem Team „Aimpoint Racing“ in der VLN-Langstreckenmeisterschaft am Nürburgring den „KTM X-BOW Cup powered by Michelin“ bestreite. Zwei Fahrer teilen sich in der eigens für den X-BOW eingerichteten „Cup-X“-Klasse ein Auto. In unserem Fall wechsle ich mich am Steuer mit meinem Vater Axel ab, ein echtes Vater-Sohn-Gespann also.

Doch zurück zum X-BOW GT4: Der Namenszusatz deutet auf die immer stärker boomende GT4-Klasse hin, für die mittlerweile auch Audi, Mercedes-AMG, BMW und viele mehr einen Kundensport-Renner anbieten. Doch dank des extrem niedrigen Gewichts und dem ausgeklügelten Carbon-Chassis ist der X-BOW eigentlich zu schnell, um in einer Klasse mit den behäbigen GT-Wagen der Premiumhersteller mitzufahren. Daher haben die Österreicher 2017 erstmals eine eigene Klasse für den optisch auffälligen Rennwagen geschaffen, in der er nahezu ohne Einschränkungen der Motorsporthoheit FIA und des Deutschen Motorsport Bundes DMSB antreten darf. In unserem Fall bedeutet das ein Trockengewicht von 1.065 Kilogramm und eine Motorleistung von rund 257 kW/350 PS, die aus einem Zweiliter-Turbo von Audi generiert wird. Das Triebwerk ist an ein sequenzielles Sechsgang-Getriebe gekoppelt, das ohne Zugunterbrechung per Wippen am Lenkrad geschaltet wird. Entwickelt wurde das Ganze unter der Leitung von Reiter Engineering aus dem bayrischen Kirchanschöring.

Dann wollen wir mal: Rein in den feuerfesten Overall, das Nackenschutz-System am Helm befestigen und auf den Fahrerwechsel beim Boxenstopp warten. Der X-BOW rauscht tieffliegerartig in die Box und wird gleich mit der im Unterboden integrierten Hebeanlage auf drei Stempel gestellt. Sofort machen sich die Mechaniker an die Arbeit, die Zentralverschluss-Räder zu wechseln und den 120-Liter-Tank zu füllen. Gleichzeitig öffnet sich die „Canopy“ genannte Polycarbonat-Kanzel über dem Cockpit, denn der X-BOW hat konzeptbedingt keine Türen. Ich klettere hinein ins enge Carbon-Monocoque und lasse mich festschnallen. Das abnehmbare Lenkrad wird auf die Lenksäule gesteckt, dann fliegt der Deckel über mir auch schon wieder zu und mein Teamchef winkt mich auf die Strecke.

Nach Verlassen der Boxengasse dreht der Turbomotor gierig hoch und ich lege mit einem Fingerschnipsen Gang um Gang ein. Auf die breite und ebene Grand-Prix-Strecke des Nürburgrings folgt die legendäre Eifelachterbahn der Nordschleife, zusammen ergeben beide Strecken die rund 25 Kilometer lange „VLN-Variante“, die im X-BOW GT4 nach rund 8:35 Minuten einmal umrundet ist. Besonders auf dem schmalen Asphaltband der altehrwürdigen Nordschleife ist der kleine und wendige KTM in seinem Element. Die Kuppen, Senken, Sprünge und Kurven fliegen unter dem Carbon-Monster durch, als wolle es den Teer der Straßendecke inhalieren. Vor allem auf der Bremse weiß der X-BOW – dank der Sechskolben-Anlage aus dem Lamborghini Gallardo GT3 – zu beeindrucken: Keiner verzögert später. Dabei ist der GT4 allerdings kein einfaches Auto, er erfordert jederzeit volle Aufmerksamkeit und höchste Alarmbereitschaft. Gerade die fehlende Servolenkung setzt dem Fahrer bei langen Distanzen – mehr als zwei Stunden am Stück sind nicht ungewöhnlich – physisch extrem zu. Und besonders im Nassen ist Vorsicht geboten. Wenn der Audi-Motor unterhalb von 4.000 Umdrehungen zum Drehmoment-Schwinger ansetzt und voll zuschlägt, muss der Kutscher schon alle Sinne beisammen haben, um einen unangenehmen – und teuren – Leitplankenkontakt zu vermeiden.

Was den X-BOW GT4 im Konkurrenzumfeld – neben seiner bestechenden Optik – besonders attraktiv macht? Der Preis von rund 140.000 Euro (netto) ist im Vergleich zu den Wettbewerbern sehr niedrig, andere GT4-Renner kosten meist um die 200.000 Euro. Betrachtet man die Tatsache, dass der KTM deutlich schneller als seine Mitbewerber sein kann (ohne Einstufung in der „Balance of Performance“), ist der „Crossbow“ ein echter Preis-Leistungs- und vor allem Preis-Spaß-Gigant. Auch die laufenden Kosten halten sich im Rahmen. Dank des niedrigen Gewichts lässt sich beispielsweise eine ganze Saison (neun Rennen mit jeweils vier Stunden plus Training) mit einem Satz Bremsscheiben bestreiten. Für ein Rennwochenende reicht außerdem theoretisch ein Satz an Reifen.

Und auch für den „Wohlfühlfaktor“ tut KTM Einiges. So gibt es in der VLN neben der obligatorischen Fahrerwertung auch jeweils einen Pokal für den besten Junior und den besten Gentlemen, die alle am Ende des Jahres auch attraktive Preise aus der Motorradsparte der Grazer bekommen. Gefeiert wird nach den Rennen gemeinsam in einer eigens angemieteten Lounge über der Boxenanlage. Wer also auf der Suche nach einer neuen motorsportlichen Herausforderung für 2018 ist, sollte sich definitiv mit dem X-BOW GT4 beschäftigen. Und falls „nur“ Nordschleife fahren in der VLN zu langweilig erscheinen sollte: Der X-BOW lässt sich natürlich auch in allen anderen weltweiten GT4-Meisterschaften einsetzen. Ganz nach dem Motto der Marke, „Ready to Race!“.

Der stärkste Porsche 911 aller Zeiten fährt in unter acht Minuten über die Nürburgring-Nordschleife. Dafür braucht man allerdings nicht zwingend 700 PS – die Hälfte tut es auch. Wie im KTM X-BOW GT4, mit dem es in der VLN-Langstreckenmeisterschaft an den Start geht.

Fazit
Der stärkste Porsche 911 aller Zeiten fährt in unter acht Minuten über die Nürburgring-Nordschleife. Dafür braucht man allerdings nicht zwingend 700 PS – die Hälfte tut es auch. Wie im KTM X-BOW GT4, mit dem es in der VLN-Langstreckenmeisterschaft an den Start geht.

Quelle: Autoplenum, 2017-11-05

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