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Testbericht

Sebastian Viehmann, 4. November 2011
Der Karmann Ghia ist als Coupé und Cabrio ein beliebter Youngtimer. Den TC 145 kennt dagegen kaum jemand, denn er hatte südamerikanisches Temperament im Blech. Auf Tour mit Karmanns brasilianischem Seitensprung.

Ein hohes, kräftig-surrendes Brabbeln erfüllt die Luft – hier kommt bestimmt gleich ein Käfer um die Ecke! Doch das Auto, das da über die kurvige Landstraße bei Osnabrück huscht, gibt trotz des vertrauten Boxermotor-Sounds jedem Betrachter Rätsel auf. Von vorn sieht das etwas pummelige Coupé wie ein VW 1500 aus - also wie jener ultimative Langeweiler, der in den 60er Jahren den Käfer ersetzen sollte und es nie konnte. Doch hinter den Türen des strahlend blauen Coupés endet jede Ähnlichkeit mit dem Volkswagen. Mit einem eleganten Dachschwung, prallen Backen, einer ellenlangen Heckklappe und breiten Rückleuchten präsentiert der Karmann Ghia TC 145 sein unverwechselbares Hinterteil.

Während der Karmann Ghia Typ 14 als Coupé und Cabrio in Deutschland sehr beliebt war, war und ist der TC 145 auf unseren Straßen ein extrem rarer Anblick. Es gab ihn hierzulande nämlich gar nicht, zumindest nicht offiziell. Das Fließheck TC (Touring Coupé) wurde ab 1970 in Brasilien vor den Toren der Industriemetropole São Paulo gebaut und war nur für den südamerikanischen Markt bestimmt.

„Karmann Ghia do Brasil“ hatte bereits 1959 seine Pforten geöffnet und baute seit 1962 Karmann-Coupés. Die Stückzahlen blieben aber bescheiden, 1967 waren gerade einmal 10.000 Fahrzeuge produziert worden. Im August 1970 kam mit dem TC dann ein völlig neues, nicht für den Export bestimmtes Modell auf den Markt. „Hin und wieder mag ein VW-Mitarbeiter bei der Rückkehr aus Brasilien einen TC nach Deutschland mitgebracht haben“, sagt Karmann-Experte Klaus Ulrich, der die Volkswagen-Sammlung in Osnabrück betreut. Ein normaler Import nach Deutschland war gar nicht möglich – nur wer bereits in Brasilien einen TC besessen hatte, durfte ihn in heimische Gefilde führen.

Das dunkelblaue 2+2-sitzige Fließheck aus der Osnabrücker VW-Sammlung wirkt fast fabrikneu, sogar ein Händlerverzeichnis für Südamerika und eine Original-Rechnung finden sich noch im Handschuhfach. Der TC bietet eine Menge Fahrspaß. Der 1,6 Liter große luftgekühlte Boxermotor im Heck leistet stramme 54 PS. Die Technik stammte natürlich von der buckligen Verwandtschaft aus Wolfsburg, nämlich vom VW 1500/1600 und vom Käfer.

Der Flach-Boxer trieb den Brasilianer immerhin auf 142 Km/h. Wenn man sich durch das hakelige Vierganggetriebe gearbeitet hat, kann man dem Karmann-Ghia do Brasil sein südamerikanisches Temperament entlocken. Die Motorabdeckung zittert im Boxer-Takt und heizt das Heck ordentlich auf. Eine Heizung ist beim TC denn auch gar nicht an Bord – wozu braucht man die schließlich an der Copa Cabana. Als Sonderausstattung war der Wärmespender aber erhältlich.

Auch sonst gibt es an Bord des südamerikanischen Karmann nur Selters statt Sekt. Schmucklose Hartplastik-Landschaften breiten sich im Cockpit aus, Komfort ist ein Fremdwort. In Brasilien taugte der Wagen mit seiner großen Heckklappe und der umklappbaren Rücksitzbank trotzdem zum prestigeträchtigen Familienauto und wurde zwischen 1970 und 1976 mehr als 18.000-mal gebaut.

Wer einen wirklich seltenen Youngtimer sucht, degradiert in einem TC 145 jeden Bentley, Porsche oder Jaguar zur Massenware. „In Deutschland gibt es nur sechs bekannte Exemplare, dazu noch eins in Dänemark – das war es dann auch schon in Europa“, sagt TC-Experte und Karmann Ghia-Sammler Andreas Dierkes. Er besitzt einen weißen und einen silbernen TC. „Ich wollte einfach etwas Besonderes fahren“, sagt Dierkes, der bereits mit 17 Jahren an Karmann Ghias herum schraubte und die ersten Wagen noch vor seinem Führerschein besaß.

Die Technik des Coupés ist unproblematisch und Ersatzteile sind leicht zu beschaffen – allerdings nur, solange es nicht um die äußere Hülle des Wagens geht. „Die Windschutzscheibe ist die Achillesferse des Autos. Es würde mich wahrscheinlich ein bis zwei Jahre kosten, dafür einen Ersatz aufzutreiben“, sagt der Karmann-Fan. Trotz dieser Sorge genießt er ganz entspannt die Reaktionen, wenn er mit seinem weißen Brasilianer durch die Gegend cruist: Die meisten sind ganz entzückt und sagen: „So etwas habe ich ja noch nie gesehen“, erzählt Dierkes.

Quelle: Autoplenum, 2011-11-04

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