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Testbericht

Stefan Grundhoff, 24. Juni 2012
Der Jaguar XK 120 ist eine fahrende Legende. Als automobiles Kuckucksei wurde er über Nacht zum Star der London Motorshow des Jahres 1948. Einer der schönsten Sportroadster der Geschichte begeistert heute mindestens so wie vor mehr als sechs Jahrzehnten.

Den Erstkontakt mit dem Volant des Jaguar XK 120 hätte man sich enger vorgestellt. Auch mit Gardemaß lässt sich die filigrane Versuchung aus Rennwagen und Luxusroadster nach beschwerlichem Einstieg durchaus kommod bewegen. Zumindest bis bei der Wochenendausfahrt die ersten engen Wechselkurven kommen; denn hier ist der Raum knapp, um mit langen Armen das mächtige Steuer zu drehen, das nur wenige Zentimeter vor Bauch und Brustkorb das Pilotieren im Grenzbereich zur Schwerstarbeit macht. Fahrdynamisch ist der Jaguar XK 120 noch immer von beeindruckender Qualität. Federung und Dämpfung lassen einen selbst auf mäßigen Landstraßen ebenso schnell unterwegs sein, wie auf der Nordschleife des Nürburgrings.

Die Linienführung des 4,40 Meter langen Open Two Seater ist nicht nur in klassischem schwarz ein Genuss. Vorne die nicht enden wollende Motorhaube mit tatzenartig geformten Kotflügeln aus der rundliche Frontscheinwerfer wachsen; hinten das weich auslaufende Heck mit winzigen Leuchten und voll verkleideten Radhäusern, die den XK wie eine zum Sprung bereite Katze erscheinen lassen. Kaum zu glauben, dass diese visuelle Versuchung im Nachkriegsengland eine kreative Notlösung war. Denn ursprünglich wollte Jaguar-Chef William Lyons auf der ersten Nachkriegsmotorshow am Londoner Earls Court den MK VII mit einem neu entwickelten Reihensechszylinder präsentieren. Doch die schnelle Luxuslimousine wurde zur Messe im Oktober 1948 nicht rechtzeitig fertig und so kreierte Lyons auf der um 46 Zentimeter verkürzten Plattform des MK VII kurzerhand einen offenen Zweisitzer, der allein in einer Kleinserie von wenigen hundert Fahrzeugen Realität werden sollte. Bereits auf der Motorshow wurden jedoch mehr als 500 XK 120 vom Jaguar-Stand verkauft.

Mindestens ebenso beeindruckend wie Design und Fahrverhalten war und ist der Antrieb des Jaguar XK 120. Der neu entwickelte Reihensechszylinder war ein Wunder an Laufruhe und elastisch zudem. Standardmäßig holte der Sechszylinder aus 3,5 Litern Hubraum 118 kW / 160 PS und 265 Nm Drehmoment, die per Vierganggetriebe an die Hinterachse übertragen wurden. Locker schaffte der rund 1,4 Tonnen schwere XK 120 über 200 km/h Spitze, woher der Nachfolger des legendären Ur-Jaguar SS 100 seine Bezeichnung XK 120 (120 Meilen entsprechen 200 km/h) bekam. Technischer Clou waren nicht nur die beiden oben liegenden Nockenwellen des Triebwerks, sondern ein von Cheftechniker Harry Weslake entwickelter Aluminium-Zylinderkopf mit halbkugelförmigen Brennräumen für eine besondere kraftvolle Leistungsausbeute schon aus unteren Drehzahlbereichen. Die Trommelbremsen präsentieren sich gerade bei heutiger Betrachtung als verbesserungswürdig für einen Sportwagen wie den XK 120.

Ab 1951 bekamen die XK-Modelle eine erste Leistungsspritze auf rund 180 PS. Während die ersten 242 XK-Modelle mit einer Aluminiumkarosserie um Sieg, Platz und Kundenherzen unterwegs waren, die auf einem Eschenholzrahmen montiert waren, wurde diese ab 1950 von einer Stahlblechvariante ersetzt. Aus den ehemals geplanten 200 Fahrzeugen wurden bis zum Produktionsende im Jahre 1965 allein über 7.000 verkaufte Roadster-Modelle. Hinzu kamen 2700 Coupés (Fixed Head) und knapp 1.800 Drophead Coupés, die mit ihrem veränderten Innenraum, versenkbaren Seitenscheiben und einem gefütterten Dach den Insassen deutlich mehr Reisekomfort boten. Der Großteil der XK-Produktion ging als Linkslenker in den Export, wobei sich der britische Beau besonders in den USA einer gigantischen Nachfrage erfreute.

Auch auf längeren Strecken ist eine Ausfahrt mit dem Jaguar XK 120 ein Genuss. Der lange Radstand, die ausgewogene Federung und der kultivierte Reihensechszylinder machen den Nachkriegsbriten aus der Feder von Firmenchef William Lyons zu einem offenen Tourismo mit Suchtpotenzial. Immer wieder frohlockt der Pilot bei einem Blick auf die klassischen Runduhren des hölzernen Armaturenbretts. Genügend Ablagen für einen Urlaub bieten der großzügige Kofferraum und zusätzliche Aussparungen hinter den ledernen Sitzen. Zumindest so lange bestens zu nutzen, bis das Cabriodach sich mit einem komplizierten Klappgestänge geöffnet wird. Kaum zu glauben, dass dieser Traumwagen Ende der 40er Jahre gerade einmal 998 britische Pfund kostete. Heute sind insbesondere die echten Aluminiummodelle des Jaguar XK 120 unbezahlbar. Das gilt umso mehr, wenn diese eine Rennhistorie haben. Schließlich war der XK 120 zu Beginn der 50er Jahre ein erfolgreicher Sportler der auch bei Langstreckenrennen wie Le Mans oder Mille Miglia die Konkurrenz düpierte.

Quelle: Autoplenum, 2012-06-24

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