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Testbericht

Wolfgang Gomoll, 12. Mai 2009
Nach der gescheiterten VW-Übernahme hängt das Schicksal von Porsche-Chef Wendelin Wiedeking nun am seidenen Faden. Ferdinand Piëch gibt ihm drei bis vier Wochen Zeit, die finanziellen Probleme zu lösen.

Der Patriarch scheint milde gestimmt. Bei der Präsentation des neuen Polo auf Sardinien vollzieht Ferdinand Piëch ostentativ den Schulterschluss mit dem Bundesland Niedersachsen in Person des Regierungssprechers Olaf Glaeseker und mit VW-Chef Martin Winterkorn. Die Laune des Porsche-Enkels ist sogar so gut, dass auch Betriebsratschef Bernd Osterloh mit einem freundlichen Lächeln samt Zuprosten bedacht wird. Anderen, nicht anwesenden Personen, gegenüber ist der Impresario des größten deutschen Autoherstellers bei weitem nicht so wohl gesonnen: Natürlich geht es um Wendelin Wiedeking und dessen gescheiterten Versuch, Volkswagen zu übernehmen. Dabei rückt der schnell bald in den Hintergrund. Der symbolträchtige Auftritt des Männer-Quartetts soll klar und deutlich das Ende der hochfliegenden Pläne des Porsche-Chefs demonstrieren. Ein gewiefter Taktiker wie Piëch macht nichts ohne Hintergedanken.

Mit Gesten ist es denn auch nicht getan. Piëch lässt auch Worte folgen, damit auch ja keine Zweifel aufkommen, wer das Sagen hat. Dabei greift der Vorsitzende des VW-Aufsichtsrates ganz tief in das Automobil-Vokabular: "Wiedeking will gerade seinen Reifenschaden beheben. In vier Wochen wissen wir, wie groß dieser ist. Ob Dichtflüssigkeit ausreicht oder die ganze Karkasse gewechselt werden muss!". Im Klartext: Der Porsche-Chef hat noch vier Wochen Zeit, seinen Laden und dessen Finanzen wieder in Ordnung zu bringen. Denn die sind durch die geplatzte Übernahme in gehörige Schieflage geraten. Die Zuffenhausener drücken Verbindlichkeiten in Milliardenhöhe. Gelingt Wiedeking das nicht, ist sein Verbleib an der Spitze des Zuffenhausener Sportwagen mehr als fraglich. "Wiedeking genießt zur Zeit mein Vertrauen. Es steht nicht an, ihn abzulösen", sagt Piëch. Ein echter Treueschwur klingt anders. Mit ähnlichen Andeutungen hat Piëch in der Vergangenheit schon so mancher Spitzen-Karriere im Konzern ein Ende bereitet. So musste zuletzt etwa Bernd Pischetsrieder seinen Hut nehmen, nachdem Piëch öffentlich Zweifel daran angemeldet hatte dass der damalige VW-Chef noch das Vertrauen des Betriebsrates habe.

Bei der Lösung der finanziellen Probleme sind die Zuffenhausener auf sich alleine gestellt. "VW wird das nicht erledigen", umreißt Piëch die Aufgabenstellung für Wiedeking, nur um dann noch einen verbalen rechten Haken hinterher zu feuern: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich Wendelin Wiedeking mit der Position eines Markenvorstandes zufrieden gibt." Wenn Porsche in den Volkwagen-Konzern eingegliedert wird, wäre genau das wohl Wiedekings Rolle. Unter Winterkorn als Konzernchef. Wie der Zusammenschluss genau verlaufen soll, steht noch nicht fest: Entweder übernimmt VW Porsche oder es wird eine Fusion geben, bei der die Wolfsburger die Führungsrolle behalten - das zumindest ist für Piëch klar. "Die Volkswagen AG muss erhalten bleiben, damit das VW-Gesetz bestehen bleibt", macht er deutlich. Eine Fusion auf Augenhöhe sieht anders aus. Auch räumlich sind die Verhältnisse geklärt. Die Konzernzentrale bleibt weiterhin in Wolfsburg. "Das steht seit sechs Wochen fest", sagt Piëch. Dass der Kleine den Großen schluckt, ist damit ebenso von Tisch wie es im Moment der Einstieg eines Investors ist: Die finanziellen Probleme müssten "mit eigenen Werkzeugen in Ordnung gebracht" werden. Sobald der Deal in trockenen Tüchern ist, kann sich auch Piëch den Einstieg eines Investors vorstellen. Zu seinen Bedingungen. Versteht sich.

Offenbar brach das brachiale Vorgehen der Zuffenhausener bei der Finanzierung des Mega-Deals Wiedeking und seinem Finanzchef Holger Härter das Kreuz. "Der Kleine hat die Banken ganz stark vergrätzt. Sowas vergessen Banker nicht", geißelt Piëch Härters Vorgehen. Der hatte sich Geld von Banken geliehen, um die VW-Übernahme zu finanzieren. Das war nur ein Vorwand Tatsächlich gab Härter das Geld zu höheren Zinsen an andere Kreditinstitute weiter und kassierte die Differenz. Das kam bei den Geschäftspartnern nicht gut an. Als in Zuffenhausen dann das Geld knapp wurde, ließen die Banken das Duo Wiedeking-Härter auflaufen. "Herr Pötsch ist kreditfähiger", sagt Piëch in Anspielung auf den VW-Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch und lächelt siegessicher. Das kann er auch. Denn seit dem Familien-Gipfel vor knapp einer Woche sitzt der 72-Jährige wieder fest im Sattel. Glaubt man ihm, hatten die Familien Piëch und Porsche keine Meinungsverschiedenheiten. Hier kommt der Taktiker wieder durch. Dass Ferdinand Piëch des Öfteren eine andere Meinung vertritt als sein Cousin Wolfgang Porsche ist bekannt. Porsche scheint auch derjenige zu sein, der die schützende Hand über Wendelin Wiedeking hält. Schließlich hat der gebürtige Westfale das Unternehmen vor der Pleite gerettet und zu einem hochprofitablen Konzern gemacht. Doch bei Geld hört die Freundschaft bekanntlich auf. Sollte Wiedeking nicht noch in letzter Sekunde ein finanzieller Befreiungsschlag gelingen, dürfte Ferdinand Piëch seinem Traum, Porsche zu kontrollieren, einen bedeutenden Schritt näher kommen.

Quelle: Autoplenum, 2009-05-12

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