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Testbericht

Sebastian Viehmann, 22. Januar 2010
Ja, nein, vielleicht: Die Politik tut sich schwer mit der Förderung von Elektroautos. Demnächst rollen wieder einmal neue Testflotten an, sogar der Golf wird elektrisch. Das war er allerdings schon 1993. Der „City-Stromer“ von Horst Schultz fährt bis heute ohne nennenswerte Probleme.

Elektroauto-Flotten gab es schon wie Sand am Meer. England setzte jahrelang auf elektrische Milchlaster. General Motors baute mehr als 1000 Stromer vom Typ EV-1, ließ aber fast alle wieder verschrotten. Mini testet einen kleine Stromer in den USA, Smart sammelte Erfahrungen mit 100 Elektro-Smarts in London und schickt in diesem Jahr schon die zweite Generation des Smart ed auf die Reise. Den soll man in zwei Jahren sogar ganz normal beim Händler kaufen können. Doch viele Test-Flotten warten bislang vergeblich darauf, als Vorläufer eines elektrischen Serienmodells in die Geschichte einzugehen.

So erging es auch dem Golf City-Stromer. „Kein Schadstoffausstoß im Straßenverkehr, kein direkter Verbrauch von Kraftstoff und konkurrenzlos leise – das sind die Vorteile des Elektroautos“ – so steht es neben dem Exponat im VW-Museum zu lesen. Rund 100 Stromer auf Basis des Golf 3 wurden ab 1993 in Kooperation mit Siemens gebaut und vorwiegend Energieunternehmen zu Testzwecken überlassen. Heute befinden sich einige davon in Privatbesitz und werden im Alltag bewegt. So wie der Wagen, mit dem Horst Schultz jeden Morgen zur Arbeit fährt. Der Leiter des Museums Autovision in Altlußheim bei Hockenheim ist stolz darauf, dass ein City-Stromer zum Fuhrpark gehört.

Der Wagen ist 13 Jahre alt, hat 35.000 Kilometer auf dem Tacho und sieht wie ein normaler Golf der dritten Generation aus. Die Blei-Gel-Batterien – unterteilt in 16 Blöcke – finden unter dem Fahrzeug und unter der Motorhaube Platz, so dass Rückbank und Kofferraum des Wagens unangetastet blieben. Auch im Cockpit wirkt alles vertraut: Gangschaltung, drei Pedale, Zündschlüssel. Wenn man per Schlüsseldreh den Stromkreis schließt, beginnt der 20 kW starke Drehstrom-Synchronmotor völlig lautlos seine Arbeit.

Ungewohnt sind die zähe Kupplung und das manuelle Fünfganggetriebe. Ein Elektroauto mit Schaltgetriebe ist eine echte Rarität, weil vollkommen unnötig – Stromer haben normalerweise eine stufenlose Kraftübertragung. Nach ein paar Kilometern hat man sich jedoch schnell mit dem Getriebe angefreundet und wechselt die Gänge nach Gefühl so, wie man es von einem Benzinfahrzeug gewohnt ist. Beim Bremsen wird durch Rekuperation Energie zurückgewonnen. Im Vergleich zu einem normalen Golf 3 ist das höhere Gewicht des Autos zwar spürbar, doch mit 1,5 Tonnen bringt der City-Stromer kaum mehr auf die Waage als ein aktueller Golf.

Im Vergleich zum Mini E oder Smart ed ist der Anzug des Strom-Senioren natürlich ziemlich müde. Doch für die Stadt und kurze Überlandfahrten reicht das Durchzugsvermögen locker aus. Je nach Umgebungstemperatur bringen die Batterien den Strom-Golf bis zu 70 Kilometer weit. Am Anfang war es etwas mehr, und auch an die Tücken des Batteriesystems musste sich Schultz gewöhnen: „Wenn die Batteriestandsanzeige bei einem Drittel steht, sollte man bald die nächste Steckdose ansteuern, denn dann gehen die Reserven schnell zur Neige“, berichtet Schultz.

„Mit modernen Lithium-Ionen-Akkus wäre die Reichweite viermal so groß", schätzt der Museumsleiter und Elektroingenieur. An einer normalen Steckdose dauert es rund eineinhalb Stunden, bis die Akkus zu 80 Prozent geladen sind. Für die letzten 20 Prozent zieht sich die Ladezeit dann allerdings in die Länge. Wenn die Sonne scheint, gehen die Treibstoffkosten des Golf gegen Null, denn dann kann er an der Museums-eigenen Solartankstelle neue Energie zapfen. Abgesehen von den Akkus gehört die Technik des City-Stromer keineswegs zum alten Eisen: „Der VW E-Up nutzt einen vergleichbaren Drehstrommotor mit Drehstrom-Umrichter“, so Schultz. VW hatte den Elektro-Käfer auf der letzten IAA präsentiert.

Ob der E-Up jemals zum Serienmodell entwickelt wird, bleibt fraglich. VW will demnächst immerhin 20 Plug-In-Hybride testen. Der Golf TwinDrive soll rund 50 Kilometer rein elektrisch fahren können, bevor ein Verbrenner Strom zum Weiterfahren produzieren muss. Horst Schultz bleibt bei aller Begeisterung für Elektroautos skeptisch: „Solange die Allianz der Öl- und Automobilindustrie immer wieder Argumente für den Verbrennungsmotor findet, wird sich da nicht viel bewegen. Die Automobilindustrie fühlt sich durch die Elektromobilität gestört.“ Was es schon alles an alternativen Antrieben, Versuchsträgern und Ideen zur Mobilität von morgen gab, haben Schultz und seine Mitarbeiter in der Autovision in einer einzigartigen Ausstellung zusammengestellt.

Eines würden die Autobauer in jedem Fall verlieren, wenn plötzlich Elektroautos in Massen über die Straßen rollten: Treue Werkstattkunden, die regelmäßig Geld in die Kasse spülen. Denn im Vergleich zu einem Auto mit Verbrennungsmotor ist der Wartungsaufwand eines Stromers minimal. Abgesehen von einem Defekt, der durch korrodierte Batteriekontakte ausgelöst wurde, hatte der City-Stromer von Horst Schultz noch keine Panne.

Quelle: Autoplenum, 2010-01-22

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