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Testbericht

14. Februar 2007
Dubai, 13. Februar 2007 – Noch bin ich mir nicht ganz sicher, ob ich eine Fata Morgana sehe oder ob wirklich ein Mercedes SLR McLaren 722 Edition vor mir steht. Doch spätestens als ich den Schlüssel in der Hand halte und sich die Türschlösser mit einem satten Klicken entriegeln, gibt es keinen Zweifel mehr: Ich werde gleich in einem der auf weltweit 150 Stück limitierten Super-Sportwagen durch die Straßen Dubais heizen. Hommage an Stirling Moss Der Name des Sondermodells ist eine Hommage an die Rennfahrer-Legende Stirling Moss, wird mir erklärt. Er gewann 1955 auf einem Mercedes-Benz 300 SLR mit der Startnummer 722 – für die Startzeit 7 Uhr 22 – die traditonsreiche Mille Miglia in Italien. Der aktuelle SLR 722 sei um etwa 45 Kilogramm leichter, bekam 24 Extra-PS spendiert und besitze 40 Newtonmeter mehr Drehmoment als der herkömmliche SLR. Sicherlich alles sehr interessante Fakten für Zahlen-Fans, mich interessiert aber viel mehr, wie sich das PS-Monster fährt. Ich will los. Garten Eden auf vier Rädern Mit etwas zittrigen Händen betätige ich den Türöffner und die Himmelspforte in Form einer Flügeltür gleitet lautlos nach oben. Zum Vorschein kommt der Garten Eden für Freunde der exklusiven Fortbewegung und mein Arbeitsplatz für die nächsten Stunden. Etwas ungeschickt lasse ich mich in die schicken Schalensitze aus Karbon und Leder plumpsen. Elegant sah das sicherlich nicht aus, an meiner Einstiegs-Performance muss ich wohl noch arbeiten. Anders als erwartet packen die Sitze nicht kräftig zu, sondern lassen Hüfte und Schulter fast ein bisschen zu viel Spiel. Offensichtlich haben die Designer hier an die potenziellen Kunden gedacht, die nicht nur auf dem Bankkonto, sondern auch auf den Rippen etwas mehr haben als ich. Mein Blick schweift durch das Cockpit. Wohin das Auge blickt Karbon, Leder und ... Plastik! Das komplette Interieur ist ein handgefertigter Traum, doch die billigen Plastikknöpfe für Fensterheber und Klimaanlage passen so gut zu einem SLR wie Schneeketten oder eine Anhängerkupplung.

Wie im Düsenjet Ich stecke den Schlüssel ins Zündschloss und drehe ihn herum. Nichts tut sich. Ich versuche es noch einmal, mit demselben Ergebnis. Siedend heiß fällt mir ein, dass der PS-Bolide mittels Start-Knopf im Schaltknüppel zum Leben erweckt werden will. Wie bei einem Raketen-Abschussknopf in einem Düsenjet muss ich zuerst eine kleine Abdeckung nach oben klappen, um den rot umrandeten Knopf der Lust zu betätigen. Ein dezentes, aber nicht zu überhörendes Grummeln aus den Sidepipes stellt mir die Nackenhaare auf. Vorsichtig teste ich im Leerlauf das Gaspedal. Ein, zwei kurze Gasstöße und der 5,4-Liter-Vulkan unter der schier endlos langen Motorhaube spuckt Feuer. Ein Sound, der definitiv süchtig macht! Schier unendliche Kraft Vorsichtig nehme ich den Fuß von der Bremse und gebe äußerst sanft Gas. Erstaunlich gutmütig rollt der Rennbolide von dannen. Erster Gang – klack – zweiter Gang – klack – dritter Gang. 3,6 Sekunden soll der Normspurt dauern, die erwarteten Tritte in den Rücken bei den Schaltvorgängen, wie etwa bei einem Lamborghini Gallardo, bleiben aus. Die Fünfgang-Automatik Speedshift von AMG schaltet fast unbemerkt. Doch die Tachonadel, die in Nullkommanichts jenseits der 150 pendelt, macht mir unmissverständlich klar, dass im Bedarfsfall 820 zum äußersten bereite Newtonmeter an der Hinterachse zerren. Bei Tempo 180, das einem im SLR 722 nicht sonderlich schnell vorkommt, bremst mich meine Vernunft und der Respekt vor den allgegenwärtigen arabischen Blitzern. Und dabei war das gerade mal ein bisschen mehr als die Hälfte des Topspeeds, rein theoretisch sind 337 km/h möglich. Eignet sich auch zum Cruisen Doch selbst das gemütliche Mitrollen im Stadtverkehr steht dem SLR 722 ausgezeichnet zur Brust. Auch hier kann die Fünfgang-Automatik punkten. Mittels Drehknopf lassen sich die Schaltmodi Comfort, Sport und Manuell wählen. Sie unterscheiden sich durch verschiedene Fahrpedalkennlinien und kürzere Schaltzeiten im Sport-Modus. In mindestens jedem zweiten Auto, das uns überholt, werden Fotohandys und Kameras gezückt, um unseren Silberpfeil in einem wahrscheinlich total verwackelten Bild festzuhalten. Langsam aber sicher kann ich mir ein leicht erhabenes Grinsen nicht mehr unterdrücken.

Pizzagroße Bremsscheiben Viel mehr als die Beschleunigung und die hohe Endgeschwindigkeit des Sondermodells fasziniert mich die sehr giftige Verzögerung der Brembo-Bremsanlage mit 390 Millimeter großen karbonfaserverstärkten Keramikscheiben. Beifahrer mit empfindlichem Magen sollte man vor einer Vollbremsung unbedingt vorwarnen. Ein leicht flaues Gefühl liess sich auch in meinem Bauch nach diversen Bremsmanövern nicht vermeiden. Allerdings erfordert das Bremspedal eine äußerst feinfühlige Behandlung. Zwischen „sanftem Bremsen“ an der Ampel und „voll in die Eisen steigen“ liegen nur wenige Millimeter Pedalweg, die sehr dosiert eingesetzt werden wollen. Kein Turboloch Endlich geht es runter von der Autobahn. 650 PS, ein Tempolimit von 120 km/h und Blitzer im Kilometer-Abstand sind eine sehr ungünstige Kombination. Hoffentlich stehen auf der Landstraße weniger von den verdammten Dingern! Mutig trete ich das Gaspedal in Richtung Bodenwanne. Ruck zuck bin ich schon wieder viel zu schnell unterwegs. Der SLR 722 ist nicht nur eine Gefahr für den Geldbeutel, sondern auch für den Führerschein. Es macht einfach zu viel Spaß, den V8-Kompressormotor, der mich in jedem Drehzahlbereich vehement in die Sitze drückt, unter Beweis stellen zu lassen, dass er offensichtlich kein Turboloch besitzt. Wanken und Neigen sind ein Fremdwort Die ersten Wegbiegungen nahen. Hier kann der Mercedes McLaren seine wahren Stärken ausspielen. Langgezogene Kurven lassen sich mit einer fast unvorstellbaren Geschwindigkeit und wie auf Schienen meistern. In engeren Kehren wird das sportliche Fahren zu richtiger Arbeit. Die lange Schnauze, die weit nach hinten versetzte Sitzposition und die ziemlich direkte Lenkung erfordern etwas Eingewöhnungszeit, bis der Wagen gekonnt um die Ecken gezirkelt werden kann. Die Federung informiert mich zwar in regelmäßigen Abständen über Schlaglöcher und Ähnliches, aber Wanken und Neigen kommen im Wortschatz des SLR quasi nicht vor. Ein Traum!

Unbezahlbares Schmuckstück Sie werden vermutlich bemerkt haben, dass ich es seither vermieden habe, über den Preis zu sprechen. Und das aus gutem Grunde. Der SLR 722 ist so exklusiv, dass er wahrscheinlich nicht einmal in einem Auto-Kartenspiel auftauchen wird. Und das lässt sich Mercedes McLaren ordentlich bezahlen: Das Schmuckstück soll unglaubliche 464.00 Euro kosten. Und zur Sicherheit noch einmal in Buchstaben: vierhundertvierundsechzigtausend Euro. Falls Ihnen nur noch ein paar Tausender für den Kauf fehlen, muss ich Sie leider enttäuschen. Es haben sich bereits 150 zahlungskräftige Käufer für den Mercedes SLR McLaren 722 Edition gefunden. Und auf dem Gebrauchtmarkt werden solche Schmuckstücke bekanntermaßen auch nicht günstiger zu bekommen sein. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge Meine Fahrzeit im SLR 722 ist um und mein Beifahrer drängt vehement auf einen Wechsel. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge klettere ich aus dem Cockpit. Immerhin durfte ich die Rarität von Mercedes McLaren fahren und es handelte sich um keine Fata Morgana. Allerdings muss ich die bittere Erkenntnis treffen, dass ich mich unsterblich verliebt habe. Doch diese Liebe wird mangels der nötigen Liquidität und Verfügbarkeit wohl eine recht einseitige Angelegenheit bleiben.
Technische Daten
Antrieb:Heckantrieb
Anzahl Gänge:5
Getriebe:Automatik
Motor Bauart:V8-Kompressormotor
Hubraum:5.439
Anzahl Ventile:3
Anzahl Zylinder:8
Leistung:478 kW (650 PS) bei UPM
Drehmoment:820 Nm bei 4.000 UPM
Preis
Neupreis: 464.000 € (Stand: Januar 2007)
Fazit
Was soll man viel sagen zu einem Auto, dass fast eine halbe Million Euro kostet? Der Mercedes SLR McLaren 722 Edition ist, was Optik, Motor und Fahrwerk betrifft, ein absolut einzigartiges Fahrzeug. Die Fahrwerte bewegen sich auf alleroberstem Niveau und dennoch lässt sich der SLR 722 erstaunlich entspannt fahren. Komfort und Alltagstauglichkeit sind in dieser Klasse überdurchschnittlich gut. Sogar der Kofferraum bietet ausreichend Platz für das Wochenend-Gepäck von zwei Personen. Wäre da nur nicht der exorbitant hohe Preis.
Testwertung
5.0 von 5

Quelle: auto-news, 2007-02-14

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