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Testbericht

28. Oktober 2009
Haar, 28. Oktober 2009 - Es ist dunkel, es ist spät und es regnet. Und von der Erdgas-Zapfsäule des Globus-Baumarktes grinst uns ein hell erleuchtetes Schild entgegen: "Außer Betrieb". Wir sind tief in der Pampa und wollen einfach nur noch nach Hause - aber wenn man mit Erdgas fährt, ist das nicht immer ganz so einfach. Unser Wagen: ein Opel Zafira 1.6 CNG mit Turboaufladung. Unsere Strecke: quer durch Deutschland von München über Berlin zur Ostsee-Insel Usedom. Immer unter der Prämisse, so viel wie möglich im Erdgas-Betrieb zu fahren - wir ahnen nicht, was uns erwartet.

Die Zafira-Stärken An dem Opel Zafira 1.6 CNG Turbo gibt es an sich nicht viel auszusetzen. Von außen ist der Wagen halt ein Zafira, innen gefallen die bequemen Langstrecken-tauglichen Sitze, die verschiebbare zweite Sitzreihe und die komfortabel zu einem ebenen Ladeboden versenkbaren Sitze der dritten Reihe. Die hohe Sitzposition macht den Einstieg einfach und schafft Übersicht im Verkehr. Die Lenkung macht einen unspektakulären Job und das Fahrwerk geht für einen Familien-Wagen in Ordnung. Allerdings wankt der Zafira in Kurven wacker und das Abrollen könnte etwas softer vonstatten gehen. Was uns ein bisschen stört, ist die schwergängige klobige Handbremse, vom Design her etwas überkandidelt im Stile eines Flug-Schubreglers gehalten.

Jetzt geht der Anzug halbwegs in Ordnung Den Erdgas-Zafira gibt es auch ohne Turbo-Lader. In dieser Version ist der Wagen was für gemütliche Zeitgenossen: 17 Sekunden von null auf 100 km/h sprechen für sich. Unser Turbo-Aggregat ist da schon knurriger, bekommt Überholvorgänge auf der Autobahn recht unauffällig hin. Aber dafür sind Drehzahlen notwendig, obwohl das maximale Drehmoment von 210 Newtonmeter bereits bei 2.300 U/min anliegt, geht gefühlt erst ab 3.000 U/min die Post ab - die maximal 150 PS gibt es erst ab 5.000 U/min. Und dann wird der Motor richtig laut, egal ob im Erdgas- oder Benzinbetrieb. Wir müssen mit der leicht knorpeligen Schaltung immer fleißig runterschalten. Bei 11,5 Sekunden bleibt der Stoppuhr-Zeiger nach dem Sprint von null auf hundert stehen. Und wie ist das nun mit Tanken, Verbrauch und langen Strecken?

Erdgas-Tankstellen-Netz: zu löchrig? Etwas über 850 Erdgas-Tankstellen gibt es in Deutschland. An den Zapfsäulen steht auch manchmal "CNG", die Abkürzung für "Compressed Natural Gas". Das konkurrierende Produkt Autogas "LPG" (Liquefied Petroleum Gas) wird momentan an 5.364 Tankstellen angeboten (Stand September 2009). Es gibt also um den Faktor sechs mehr Auto- als Erdgastankstellen. Aber davon lassen wir uns nicht bange machen: Wir haben schließlich einen gedruckten Erdgas-Tankstellenatlas dabei und Opel gibt an, dass unser Navi CNG-Tankstellen findet. So greifen wir zum Start gleich aufs Navi zurück, da uns die Verwendung des guten alten Atlas etwas antiquiert vorkommt.

Neben der Spur Was uns als Erstes auffällt: An der gesamten A9, die München mit Berlin verbindet, gibt es keine einzige Erdgastankstelle. Das Gleiche gilt für die A93, auf welcher wir eine Vollsperrung der A9 umgehen wollen. Auch sonst herrscht in dieser Beziehung in Deutschland Ebbe: Null CNG-Tankstellen liegen direkt an den beliebten Schnellfahr-Verbindungen. Im Gegensatz dazu leuchtet uns nur allzu oft schadenfroh das LPG-Schild von Autobahntankstellen an. Ein paar Autohöfe mit Erdgas-Tanke kommen den Autobahnen zwar nahe, aber wir müssen in jedem Fall runter von unserer Route. Egal, wir düsen los, standardmäßig fährt unser Wagen im Erdgasmodus. 21 Kilogramm des brennbaren Gases sollen in die Druck-Tanks des Zafiras passen. Per Knopfdruck können wir auf die 14 Liter Benzin-Reserve umschalten - von der wir unter allen Umständen die Finger lassen wollen.

Das erste Mal Tanken Kurz vor Regensburg müssen wir erstmals tanken. Aber mit dem Navi eine CNG-Tankstelle zu finden, gestaltet sich umständlich: Wir müssen die aktuelle Routenführung beenden, dann nach Sonderzielen suchen, die Unterkategorie "Tankstellen" wählen und dann die Liste durchscrollen. In der Liste sind grundsätzlich sämtliche Tankstellen der Gegend aufgeführt, die mit Erdgas-Angebot tragen zusätzlich das Kürzel "CNG". Ausschließlich nach CNG-Zapfstellen suchen können wir nicht. Entfernung zur nächsten Erdgas-Zapfe für uns: sieben Kilometer.

Zeit und Nerven Wir erreichen unsere Tankstelle in Regensburg, müssen aber erstmal warten - den einzigen Erdgas-Zapfrüssel belegt ein anderer Zafira. Und es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis die paar Kilogramm Gas in den Tank gezischt sind. Außerdem wollen wir unsere Benzin-Reserve randvoll machen. Also gehen wir in den Tankstellen-Laden, lassen die Zapfsäule auf null zurückstellen, schrauben den fummeligen Tankdeckel aus seiner Ecke und lassen Benzin in den Stutzen - bis wir den Flüssigkeits-Spiegel sehen können. Zurück auf der Autobahn haben wir einen Umweg von beinahe 15 Kilometer gemacht und zirka eine halbe Stunde eingebüßt. Dass wir wegen eines defekten Ventils nur halb soviel Gas mitnehmen konnten wie angegeben, ist uns zu diesem Zeitpunkt noch nicht richtig klar. Wir wollen jetzt mal den Gastank richtig leer fahren - und sind erstaunt, mit welch ambitionierter Geschwindigkeit der Tank-Zeiger Richtung "null" zieht. In der Nähe von Wunsiedel geht dann ein spürbarer Ruck durch den Wagen - der CNG-Tank ist leer, was mit einer automatischen Umstellung auf Benzinbetrieb verbunden ist. Ein Waschpark in Wunsiedel soll laut Navi Erdgas führen. Wir fahren hin - die Gegend ist bestimmt wunderschön, aber nachts bei Regen interessiert uns das nicht.

Das Navi machts nicht viel leichter Wir fahren ins fahle Licht der Automaten-Tankstelle und sehen, dass da ein Erdgasschlauch zu fehlen scheint. Zum Glück hängt auf der anderen Seite der Säule doch ein Rüssel. Das Tanken über die EC-Karte funktioniert prima. Zurück auf der Autobahn haben wir mehr als eine weitere halbe Stunde Umweg auf der Uhr - und unser Tank fasst anscheinend nur 9,5 Kilogramm Gas - womit wir zirka 150 Kilometer weit kommen. Wir müssen also noch zweimal tanken, um bis nach Berlin zu gelangen.

Navi-Sorgen Nachdem uns unser Navi bei der Tankstellensuche mitten im finsteren Wald mit der Nachricht überrascht: "Ziel erreicht", planen wir die weitere Route mit dem Atlas. Dort sehen wir von vornherein, welche Tankstellen nahe an der Autobahn liegen und welche noch geöffnet haben. Schließlich wird es nach 22:00 Uhr in Sachen Erdgas in der Provinz duster: 38 Prozent der CNG-Tankstellen sind nicht 24 Stunden geöffnet. Mit anderen Worten: Nachts stehen dem Erdgas-Fahrer nur noch etwas über 500 Tankstellen in ganz Deutschland zur Verfügung. Eine richtige Hilfe wäre das Navi, wenn es auf Knopfdruck geöffnete Tankstellen in Fahrtrichtung fände - aber so eine Lösung ist nicht in Sicht. Das Zafira-Navigationssystem hat nicht mal alle Erdgas-Tankstellen parat und versucht sich manchmal mit eigenwilligen Routenführungen. So wird der Weg vom Ostseebad Bansin nach Berlin grundsätzlich mit einem kleinen 200-Kilometer-Schwenk über Polen berechnet. Und bei der links vor uns liegenden Tankstelle in Bansin höhnt es aus dem Lautsprecher: "Ziel liegt auf der rechten Seite". Auf dem Rückweg nachts erreichen wir eine Aral-Tankstelle in Finowfurt, die laut Navi noch 1,1 Kilometer entfernt sein sollte.

"Da jeht ja nüscht rin" In Großstädten gibt es kein Problem mit Erdgas-Zapfstellen. Grundsätzlich werden die Tankstellen vom örtlichen Gasversoger über unterirdische Leitungen mit Gas beliefert. "Deshalb is dit bei uns so jünstich" sagt mir die nette Kassiererin an der Berliner "Go"-Tankstelle. Aber die Preise werden von den Gasversorgern diktiert. In Berlin zahlen wir 96 Cent, in Wunsiedel sind es nur 89 Cent. Am teuersten kommt uns der Erdgas-Spaß bei Motor Nützel in Bayreuth: 1,02 Cent pro Kilogramm macht einen Unterschied von 13 Cent zum günstigsten Anbieter im 50 Kilometer entfernten Wunsiedel. Wir verbrauchen im Schnitt 5,78 Kilogramm Erdgas pro 100 Kilometer (bei über 130 km/h kommen wir schnell auf 9,15 Kilogramm), womit für diese Strecke unter sechs Euro fällig werden. In Sachen Kosten macht so ein Erdgaswagen Spaß - zumindest beim Bezahlen. Die geringe Reichweite kommentiert unsere Berliner Kassiererin mit einem mitleidigen "Da jeht ja nüscht rin".

Kein Spaß für die Betreiber Und den Tankstellen-Betreibern scheint der Spaß am Erdgas auch zu vergehen: Zum einen ist für einen Anschluss ans Gasleitungsnetz ein enormer technischer Aufwand nötig, zum anderen liegt halt die Preisgestaltung in fremder Hand. Laut Aral, einer der größten Anbieter von Erdgas an Tankstellen, sind durch den rund um die Uhr laufenden Erdgas-Kompressor die Stromkosten pro Zapfstelle so hoch, dass in manchen Monaten eben nicht einmal die Energiekosten wieder hereinkommen. Mit anderen Worten: Der Verkauf von Erdgas ist für die Tankstellenbetreiber kein lohnendes Geschäft. Und an einigen Tankstellen kann man nur Erdgas zapfen, wenn man sich vorher an der Kasse eine Tankkarte holt - hier ist die Erdgas-Säule nicht mit dem normalen Kassensystem der Tankstelle verbunden. Ein schnell voranschreitender Ausbau des CNG-Tankstellennetzes ist nicht zu erwarten, schon gar nicht an Autobahnen. Laut Aral gibt es entweder in der Nähe von großen Autobahnen keine Erdgasleitungen oder nur solche mit einem zu großen Querschnitt, als das sich der technische Aufwand rechnen würde, dort einen Abzweig zu legen. Das Abfall-Produkt der Kraftstoffherstellung "Autogas" lässt sich hingegen bei geringeren Drücken deutlich billiger lagern.

Klare Zahlen Und die Zahl der Autogas-Fahrzeuge liegt mit 306.402 im Jahr 2009 über fünf Mal so hoch wie die der Erdgas-Wagen (60.744 Fahrzeuge). Seit 2006 hat sich der Bestand an LPG-Fahrzeugen mehr als versiebenfacht, die Zahl der CNG-Wagen ist im gleichen Zeitraum gerade mal auf das Doppelte angewachsen. Ganz klar, in welcher Gas-Sorte die Tankstellenbetreiber die Zukunft sehen: Autogas. Übrigens: Der Anteil an Auto- und Erdgasfahrzeugen liegt zusammengenommen in Deutschland bei einem Gesamtbestand an Pkw von 41,3 Millionen Fahrzeugen bei zirka gerade mal einem Prozent.

Wenn das Ventil klemmt Die besonders geringe Reichweite unseres Zafira hing mit einem zwischen den Tanks sitzenden verklemmten Ventil zusammen. Bei der Werkstattsuche fällt uns noch auf, dass nur ganz wenige Vertragswerkstätten auch Erdgasfahrzeuge reparieren. In unserer Werkstatt hören wir, dass so ein verklemmtes Ventil gar nicht mal so selten ist - schade bei einem Auto, dessen Reichweite ohnehin nicht die größte ist. Nach der Reparatur kommen wir im reinen Gasbetrieb beinahe 300 Kilometer weit.
Technische Daten
Antrieb:Frontantrieb
Anzahl Gänge:6
Getriebe:Schaltgetriebe
Motor Bauart:Turbo-Ottomotor
Hubraum:1.598
Anzahl Ventile:4
Anzahl Zylinder:4
Leistung:110 kW (150 PS) bei UPM
Drehmoment:210 Nm bei 2.300 UPM
Preis
Neupreis: 25.435 € (Stand: Oktober 2009)
Fazit
Am Opel Zafira gibt es nicht viel zu tippen und mit Erdgas-Turbo ist der Wagen inzwischen auch halbwegs flott. Aber die relativ geringe Reichweite in Kombination mit dem überaus löchrigen CNG-Tankstellen-Netz macht Probleme. Wer den Wagen in dicht besiedelten Gegenden mit gut ausgebautem Erdgas-Tankstellen-Netz bewegt, kann die Freude am Sparen genießen. Wer oft lange Strecken auf unbekannten Routen, zudem auch noch nachts, zurücklegen muss, sollte eher über einen Autogas-Zafira nachdenken.

Für LPG gibt es erheblich mehr Tankstellen, die Gas-Reichweite ist höher und die Kosten liegen ungefähr gleichauf. Es sieht so aus, als wenn es im Bereich der alternativen Gas-Antriebe nur Platz für ein System gibt - und hier hat sich Autogas anscheinend bereits durchgesetzt.

Im Vergleich zu Autogas gibt es für Erdgas weniger Tankstellen, weniger Autos und geringeren Zuwächse - und keine nennenswerten Vorteile gegenüber LPG: Für den Erdgasantrieb wird es sehr sehr schwer.
Testwertung
4.0 von 5

Quelle: auto-news, 2009-10-28

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