Volkswagen Bulli - Ein Experiment in Miniaturisierung
Testbericht
In Deutschland ist der VW-Bus vor allem ein Nutzfahrzeug - erst in der Retrospektive, vor allem auf die heckgetriebenen Modellgenerationen vom T1 bis zum T3, überwiegt das nostalgische Moment. In Amerika wurde der Bulli nie so profan betrachtet. Dort galten die praktischen Busse schon in den sechziger Jahren als Kultmobil - jedenfalls bei jenem Teil der Bevölkerung, deren kulturelle und soziale Interessen sich über das Woodstock-Festival und ausgedehnte Surfreisen an die kalifornische Küste definierten. Es waren die Hippies, die mit buntbemalten VW-Bussen durch Amerika zogen und so das Markenimage von Volkswagen erheblich prägten.
Für die Wolfsburger ist dieses Erbe in den USA nicht immer einfach gewesen. Lange Zeit galt VW als Marke für umweltbewegte Sonderlinge, die mit anspruchsvollen Programmerweiterungen wie dem Passat W8 oder dem Phaeton noch weniger anfangen konnten als der Durchschnittsamerikaner. Dennoch hat sich VW dazu entschieden, den Sympathiefaktor des klassischen VW-Bus auszuspielen und damit als Raumkonzept zu wiederholen, was man bereits beim New Beetle, der jetzt neu aufgelegt wird, vorexerziert hat.
Eigentlich stand die Idee schon vor zehn Jahren zur Diskussion. Das 2001 vorgestellte Microbus Concept wurde auf Basis des T5 fünf Jahre lang beinahe bis zur Serienreife entwickelt - und dann kurzerhand gekippt. Als Begründung wurden Dollarkurs und Produktionskosten genannt - das Modell sollte in Hannover vom Band laufen. Vor allem jedoch passt das noch unter Hartmut Warkuß gezeichnete Modell nicht mehr in die verschnörkelte Formensprache von Pischetsrieders Chefdesigner Murat Günak.
Während der Microbus echtes Transporterformat aufwies, sitzt der Bulli allerdings mit 3,99 Metern Länge an der Schwelle zwischen Kleinwagen und Kompaktwagen. Damit präsentiert er sich vor allem als Stadtfahrzeug, das direkt mit dem kultigen xB der Toyota-Tochter Scion, dem Nissan Cube und dem Kia Soul konkurriert. Zwar bietet der Bulli mit 1,75 Metern Breite vorn und hinten jeweils drei Personen Platz - vom Raumangebot des klassischen VW-Bus und des Microbus ist die Studie, die auf einer kompakten Architektur namens "Multitraktionsbaukasten" steht, weit entfernt.
Das miniaturisierte Package könnte sich als Risiko erweisen. Eine Blitzumfrage in der Redaktion der amerikanischen Fachzeitschrift "Car and Driver" ergab zwar hohe Sympathiewerte für den Bulli. Doch das Konzept des Microbus wird von einigen Redakteuren für überzeugender gehalten: "Eigentlich sollte VW einen 'People Mover' bauen". Und ein früherer VW-Designer, der heute in den USA arbeitet, bezeichnet die im Vergleich zum Microbus kantigere Formgebung als "holzschnittartig".
Doch es gibt auch andere Stimmen. Der Autoexperte Jim Hall von 2953 Analytics in Birmingham nahe Detroit ist der Überzeugung, dass der Schritt in das Kompaktsegment richtig ist: "VW kann mit diesem Auto die klassischen Baby Boomers, aber auch eine neue Generation von Autokäufern erreichen. Der Bulli muss also nicht nur nostalgisch, sondern aus sich heraus 'cool' sein." Das Design, so Hall, funktioniert gut: "Das prominent plazierte VW-Zeichen schafft enormen Wiedererkennungswert. Nur VW kann ein solches Auto bauen und damit glaubwürdig sein." Hall glaubt, dass der Bulli nicht nur in den USA, sondern auch weltweit Erfolg haben kann: "Das kompakte Package wird auf vielen Märkten funktionieren. VW muss aber darauf achten, dass der Antrieb bezahlbar bleibt. Denn Kunden, die den Bulli kaufen werden, interessieren sich nicht für Motoren - allenfalls für den Spritverbrauch."
Besonders gut kam bei den Messebesuchern in New York die Auswahl der Materialien und die Integration von Tablet PCs an - für Hall entscheidende Punkte für den Erfolg des Bulli: "Das Thema Connectivity und ein mit sparsamen Linien gezeichnetes, aber hochwertiges Interieur können das Fahrzeug von der Konkurrenz absetzen." Einen Punkt, so der Experte, müsse VW aber im Auge behalten: "Das Auto darf nicht teurer sein als die Konkurrenz im Segment." Bis 2014 - dann könnte der Bulli (unter anderem Namen) auf den US-Markt kommen - kann sich VW darüber noch Gedanken machen.
Um den VW Bulli herrscht in den USA ein fast noch größerer Kult als hierzulande. Was die Amerikaner von der Neuauflage denken, haben wir in New York erfragt.
Um den VW Bulli herrscht in den USA ein fast noch größerer Kult als hierzulande. Was die Amerikaner von der Neuauflage denken, haben wir in New York erfragt.




























