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Testbericht

Ralf Bernert/SP-X, 27. Juli 2016

Der Designer Albrecht Graf Goertz hat Mitte der 50er Jahre die ersten Linien des 507 gezeichnet und vermutlich nicht gewusst, dass das Ergebnis seines Schaffens eine Art Hymne des Autodesigns werden sollte. Mehr als sechzig Jahre später steht man vor diesem Wagen und verliert für einen Augenblick jedes Interesse am Wetter. Es regnet, es ist kühl aber die Frage, ob man nun das Verdeck öffnen oder schließen soll, ist so nebensächlich wie das Wetter in drei Tagen. Die Verschlüsse werden geöffnet, das Dach wandert nach hinten und legt sich dort zur Ruhe. Es erscheint ein Salon in Rot, dazu ein roter Teppich, man hat uns erwartet.
 
Vorher lädt der Roadster aus München zum Rundgang ein. Die lange Front, die breite Doppelniere, die Nase deutlich in Richtung Asphalt gestreckt, die Seitenlinie geschwungen wie eine Violine, dazu die Details. Die Türgriffe, ein kurzer Druck mit dem Finger genügt, die verchromte Zunge fährt hinaus und gibt den Weg ins Innere frei. Die Schnellverschlüsse an den Rädern, direkt neben den Türen die Kiemen mit dem BMW-Emblem. Man kann den Wagen x-mal umrunden, er sieht aus jeder Perspektive sehr, sehr gut aus.
 
Mitte der Fünfziger Jahre, BMW will im Konzert der Oberen Zehntausend mitspielen. Der Designer Albrecht Graf Goertz lässt den Zeichenstift laufen, ein paar Kurven auf dem Papier genügen, die Silhouette begeistert den Vorstand in München, vorher hatte der US-Importeur Max Hoffmann den Bayern die Idee eines sportlichen Roadsters verkauft. Die Technik des 507 stammt aus der barocken Limousine 501. Ein Kastenrahmen, vorn Einzelradaufhängung, hinten Starrachse, der V8 wird von 140 auf 150 PS gesteigert. Man rechnet mit reichlich Andrang in den Autohäusern, präsentiert den Wagen auf der IAA, die Besucher sind begeistert. Nur kaufen wollen ihn nicht so viele wie erwartet. 26.500,00 DM sind als Preis doch recht hoch. Der 507 konkurriert mit Einfamilienhäusern. Nach vier Jahren wird die Produktion eingestellt. 254 Fahrzeuge wurden gebaut, heute sind laut BMW noch 220 Roadster unterwegs. Ein Exemplar wird derzeit wieder hergerichtet, Der Rock´n-Roller Elvis Presley bewegte ihn während seiner Militär-Zeit in Deutschland. Die Liste berühmter Besitzer ist eindrucksvoll: Alain Delon, der Rennfahrer John Surtees, Ursula Andress, Toni Sailer und auch Sophia Loren waren mit dem feinen BMW unterwegs.
 
Sechzig Jahre später lockt der rote Teppich noch immer. Die beiden Sitze, das elfenbeinfarbige Volant, der recht lange Schaltstab und die großen Rundinstrumente zeugen von bester Handarbeit, man sitzt bequem und hat reichlich Platz. Die Themen Sport und Querdynamik werden lässig ignoriert, auch wenn einige 507 für den Einsatz im Motorsport leicht modifiziert wurde. Wer hier sitzt, will genießen, cruisen und gesehen werden.
 
Der Dreiliter-V8 erwacht zum Leben, der lange Schalthebel wandert nach vorn, der Handbremsstab ist links neben dem Lenkrad dezent versteckt, der Kupplungsfuß hebt sich langsam, gleichzeitig senkt sich der rechte Fuß und der Blick über die lange Fronthaube lässt von nun an den leichten, aber spürbaren Nieselregen vollkommen vergessen. Es beginnt, ein langer und einnehmender Moment der echten Fahrfreude. Auch, weil man in einem Fahrzeug unterwegs ist, dessen derzeitiger Marktwert für Normalautofahrer kaum realisierbar ist. Wir reden gerade über mehr als zwei Millionen Euro.
 
Die ersten Meter, jede Querstraße wird zur Gefahrenquelle, wir befahren die erste Kreuzung mit allergrößter Vorsicht, den zweiten Gang finden wir sehr, sehr weit hinten auf der Landstraße dann wandert der Schaltstock ungewöhnlich weit nach rechts vorn. Das linke Knie des Beifahrers ist im Weg und der BMW rollt, verhalten aber zügig, an sommerlich grünen Feldern vorbei. Das wirklich große Volant liegt gut in der Hand, ein wenig Spiel gehört dazu, die Trommelbremsen verzögern sauber und nachhaltig. Das Gaspedal wird gestreichelt und der Blick konzentriert sich auf die beiden winzigen Spiegel. Ein zeitgenössischer Wagen nähert sich im Rückspiegel, der Gasfuß reagiert mit leichtem Druck und die 150 PS weiter vorn sorgen erstens für den wunderbaren Sound des V8 und zweitens für spürbaren Vortrieb. Die Perlmutt-farbige Tachonadel swingt in Richtung der Zahl 90 und der Fahrtwind gesellt sich zum mondänen und zeitlosen Interieur. Je länger die Fahrt dauert, desto stärker wird der Spaß an Tempo und vor allem langen, offenen Kurven. Der 507 ist und war kein Rennwagen. Er flaniert und spaziert in hohem Tempo durch die Landschaft, Ortschaften verwandeln sich in Konzertsäle, der Roadster betritt die Bühne und sorgt für leisen Applaus. An der Ampel hören wir die Frage nach dem Alter oder der Motorleistung. Komplimente ob des Designs sind bald Routine und der sparsame Umgang des Designers mit den Formen und Zierteilen erntet besonders viel Feedback. Man mag diesen Wagen, auch weil er eben nicht mit Lifestyle und Schick um sich wirft. Die dezente Opulenz ist seine Stärke.
 
Nach gut drei Stunden endet die Vorstellung. Der BMW steht wieder auf dem Parkplatz, es regnet noch immer und wir haben es nicht wirklich bemerkt. Der BMW 507 kann Menschen in seinen Bann ziehen. Dass Elvis Presley an Bord dieses Automobils gerne durch Deutschland fuhr, ist nachvollziehbar. Dieser Wagen ist nicht nur unverschämt hübsch, er ist auch außergewöhnlich exklusiv und bemerkenswert einfach zu fahren. Im Grunde ist er ein Auto für Jedermann, wäre er nicht so kostspielig.

Ein paar Fakten zum BMW 507:

Motor: V8
Hubraum: 3.168 ccm
Leistung: 150 PS (165 Sportmotor)
Länge: 4.380 mm
Breite: 1.650 mm
Höhe: 1.260 mm
Radstand: 2.840 mm
Leergewicht: 1.220 kg
 
Getriebe: 4-Gang Handschalter (vollsynchronisiert)
Bremsen: vorn und hinten Trommel
Antrieb: Hinterräder
Höchstgeschwindigkeit: 190 bis 220 km/h – je nach Getriebeübersetzung
 
Produktion: 1955 bis 1959
Stückzahl: 254
Neupreis einst: 26.500,00 DM
aktueller Marktpreis: über 2.000.000,00 Euro

Er ist äußerst selten, er weckt Emotionen und er lockt mit einer gewaltigen Prise Exklusivität. Der „Traum von der Isar“ ist ein Roadster, wie er eleganter und sportlicher nicht sein könnte. Wer einmal hinter dem Steuer Platz genommen hat, möchte so schnell nicht wieder aussteigen.

Fazit
Er ist äußerst selten, er weckt Emotionen und er lockt mit einer gewaltigen Prise Exklusivität. Der „Traum von der Isar“ ist ein Roadster, wie er eleganter und sportlicher nicht sein könnte. Wer einmal hinter dem Steuer Platz genommen hat, möchte so schnell nicht wieder aussteigen.
Testwertung
5.0 von 5

Quelle: Autoplenum, 2016-07-27

Getestete Modelle
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