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Testbericht

14. März 2008
Silverwood Lake (Kalifornien/USA), 14. März 2008 - Der surrt und kreischt richtig durch seine kleine Gore-Tex-Membran im Ansaugtrakt. Mercedes legt jetzt also vermehrt Wert auf Sound-Design. Aber dies ist nur eine von vielen Neuerungen, die sich die neue SL-Klasse gefallen lassen musste. Wir haben uns den SL 350 geschnappt, um zu erfahren, ob bei diesem Aggregat der von Mercedes gewählte Spitzname "Sportmotor" seine Berechtigung hat. Kult-Zitate Zwei auffällige Längs-Sicken drücken sich aus der Motorhaube der neuen SL-Generation, was man durchaus als stylisch empfinden kann und was vor allen Dingen an das große Vorbild erinnern soll: den 300 SL von 1954. Und wie beim Urvater so öffnen sich in den Frontkotflügeln des Enkels jetzt auch Entlüftungskiemen. Auch die horizontal verlaufende Lamelle auf der Kühlermaske erinnert noch ein wenig an den Alten. Um den Wagen breit und präsent wirken zu lassen, ragen jetzt die Scheinwerfer weit in die Kotflügel. Und da der SL als so eine Art Mercedes-Trendsetter gilt, ist zu vermuten, dass wir uns an dieses Design auch bei anderen Modellen der Stuttgarter gewöhnen müssen. LED-Frontscheinwerfer kommen für Mercedes im Übrigen zurzeit nicht in Frage, da sie im Vergleich zum eingesetzten Bi-Xenon-System bis auf eine etwas andere Lichtfarbe laut Hersteller nur Nachteile mit sich bringen. So sollen Lichtausbeute sowie Stromverbrauch schlechter und wegen der größeren Einbautiefe für bewegliche LEDs auch die Gestaltungsmöglichkeiten geringer sein. Und nur um des Zeitgeistes willen soll die Technik nicht im SL Einzug halten. Agiles Licht Die serienmäßig vorhandenen Bi-Xenon-Scheinwerfer lassen sich auf Wunsch zum Intelligent Light System upgraden. Autobahnlicht, Kurvenlicht, Abbiegelicht und erweitertes Nebellicht mit besserer Ausleuchtung der Fahrbahnränder verrichten ganz automatisch ihren strahlenden Dienst und verbessern so die Sicherheit bei Nacht und Nebel. Am anderen Ende des Wagens, also am Heck, hat Mercedes ein Bauteil in leichter Diffusor-Optik spendiert. Ob dieses Stück Plastik nun wirklich Rennsport-Gedanken weckt, sei mal dahingestellt. Als schon eher gelungen gehen da die beiden trapezförmigen Doppel-Endrohre durch.

Man kommt ran Im Innenraum des Roadsters, der in 16 Sekunden sein Metall- oder wahlweise Panoramadach vollständig öffnet, hat sich nicht viel getan. Die Sitze kommen aus der komfortablen Sport-Klasse, und alles ist exzellent verarbeitet. In ihren Kopfstützen kann für 600 Euro Aufpreis ein Airscarf, also Luftschal genannter, warmer Luftstrom erzeugt werden, der an kühlen Tagen zuverlässig den Hals warm hält. Bei den mit dickem Lack überzogenen Echtholz-Applikationen können wir immer nur wieder zur matten Ausführung raten - das sieht deutlich echter nach Holz aus. Der 339-Liter-Kofferraum schafft bei geöffnetem Dach noch 235 Liter Gepäck. Und falls das Dach wirklich gerade geöffnet, also in den Kofferraum verschoben ist, kommt man trotzdem jederzeit an sein Gepäck. Beim Öffnen der Kofferklappe fährt das zusammengelegte Dach automatisch ein Stück mit hoch. Nicht Schaukeln nicht für alle Der Dodge Durango vor uns schwingt nach jeder Bodenwelle so richtig schön durch. Besonders den sich aufbauenden Hub können wir gut beobachten. Bei uns passiert das nicht. Das für den SL 350 gegen knapp 4.000 Euro Aufpreis verfügbare ABC-Fahrwerk machts möglich. Die Active-Body-Control passt die Fahrwerkseinstellungen der jeweiligen Fahrsituation an und minimiert so Nick- Wank- und Hubbewegungen, wie wir im Vergleich zu unseren amerikanischen Straßenverkehrs-Mitstreitern unschwer sehen können mit spürbarem Erfolg - es ist eine Wucht. Für das neue Einstiegsmodell SL 280 ist ABC übrigens nicht zu haben, bei SL 500 und SL 600 kümmert es sich serienmäßig um einen Ausgleich. Lenkung ganz direkt Die Firma des Australiers Dr. Arthur E. Bishop, Bishop Steering Technology, beliefert Mercedes schon seit längerem mit Zahnstangen. Und Herr Bishop war es auch, der sich bereits vor 30 Jahren eine Direktlenkung mit variabler Verzahnung auf der Zahnstange patentieren ließ. Damals war die Technik für die Landung von Flugzeugen bestimmt, heute kommt sie gegen 180 Euro Aufpreis im SL zum Einsatz. Neben der geschwindigkeitsabhängigen Servounterstützung sind die Abstände zwischen den Zähnen auf der Zahnstange nach außen hin aufsteigend. In der Praxis bedeutet dies, dass in der Mittellage 15 Grad Lenkradbewegung notwendig sind, um eine Radwinkeländerung von einem Grad zu erzeugen. Ab einem Lenkwinkel von fünf Grad reichen dann aber 12 Grad Lenkraddrehung, um eine Radwinkeländerung von einem Grad zu erzielen. Wie fühlt sich das auf der Straße an?

Außen echt und spontan In der Mittellage wurde aus Komfortgründen auf eine leichtgängige Lenkung Wert gelegt - und dies hat auch geklappt. Bei geringen Geschwindigkeiten zum Rangieren oder Einparken ist dies nützlich, aber wir haben es hier auch mit ein wenig Spiel zu tun. Auf gerader Strecke ein bisschen am Lenkrad wackeln, hat keinen Einfluss auf die Fahrtrichtung des Wagens. Hier hat man sich also eindeutig für mehr Komfort entschieden. Beim SLK ist die Direktlenkung ebenfalls verfügbar und schon von der Mittellage an deutlich straffer. Aber dies schafft die Lenkung des SL in den Bereichen wenig außerhalb der Mittellinie auch. Hier ziehen wir die Räder präzise in ihre Richtung und haben immer ein Gefühl von direkter Rückmeldung - außerhalb des engen Mittelbereiches ist die Lenkung ein Traum. Produziert wird das Zahnstangensystem übrigens nach einem ebenfalls von Bishop patentierten Schmiedeverfahren bei BMB Steering Innovation im sachsen-anhaltinischen Schönebeck. Und die riesige Prototypen-Zahnstange, die wir zu Gesicht bekamen, kann nur in G-, GL-, oder M-Klasse passen. Wir dürfen uns also auf weitere Mercedes-Modelle mit Direktlenkung freuen. Richtig dicht Der 3,5-Liter-V6 hört bei Mercedes jetzt auf den Namen Sportmotor. Wie kommen die Stuttgarter auf diese Bezeichnung? Technisch wurde an dem Aggregat so einiges getan. Das Triebwerk bringt mit 11,7 zu 1 die höchste Serienverdichtung dieser Klasse ohne den Einsatz von Super Plus auf. Dafür musste der komplette Zylinderkopf überarbeitet werden. Der Ventiltrieb wurde umgestellt und um die Ventile vor Resonanz-Vibrationen zu bewahren, mussten sie mit neuen konischen Federn versehen werden. Macht dieser Motor nun Spaß? Trägt er seinen Namen zu Recht? Will hoch drehen, muss hoch drehen Immerhin, das Aggregat leistet jetzt 316 statt 272 PS bei 6.500 Umdrehungen und kommt auf ein Drehmoment von 360 Newtonmeter bei 4.900 U/min. Tempo 100 ist in 6,2 Sekunden erreicht und bei 250 km/h lässt die Elektronik den Vortrieb erlöschen. Aber beim Beschleunigen merken wir: Hier fehlt ein bisschen Hubraum, der die Schwachbrüstigkeit von Hochdrehzahl-Konzepten im unteren Drehzahlbereich kompensieren könnte. So zieht der Wagen erst ab 5.500 U/min richtig ab und erfüllt die Luft ab diesem Bereich mit einem kräftigen Kreischgeräusch, für welches halt extra ein mit besagter Gore-Tex-Membran abgedichtetes Rohr im Ansaugtrakt verbaut wurde. Und der 350er ist in Amerika das Einstiegsmodell - dafür ist der Sportmotor ein ganz feines Aggregat. In Europa gibt es mit der neuen Modellgeneration auch einen SL 280 mit 231 PS. Vom SL 350 werden pro 100 Kilometer 9,9 Liter Sprit niedergebrannt, was eine Verbesserung von 0,4 Liter gegenüber dem schwächeren Vorgängeraggregat darstellt.

Controlled Misfire Das Sounddesign hört aber beim reinen Motorgeräusch nicht auf. Um im Schubbetrieb bei mittleren Umdrehungszahlen ein Auspuff-Knattern hinzubekommen, haben die Ingenieure "Controlled Misfire" eingebaut. Fehlzündungen gab es bei alten Motoren gratis dazu, jetzt werden sie künstlich herbeigeführt. Dabei muss stets die Katalysator-Temperatur überwacht werden, damit der Katalysator nicht in beispielsweise zu heißem Zustand Schaden nehmen kann. Auf der Straße macht dieses künstlich erzeugte Geräusch Spaß, obwohl es nicht allzu brachial sondern eher niedlich daherkommt. Mit dem kräftigen AMG-Knattern hat der normale SL-Fehlzündungssound nur ganz entfernt was zu tun. Ab jetzt mit Zwischengas Die Siebengang-Automatik "7-G-Tronic" ist beim SL 350 serienmäßig mit dabei. Neu an ihr ist, dass sie beim Runterschalten Zwischengas gibt. Durch das Zwischengas laufen die Schaltvorgänge noch harmonischer ab, da die Drehzahlen von Getriebe und Kurbelwelle angeglichen werden. Bei unserer Fahrt durch bergiges Terrain können wir das bestätigen - ein Stoß Zwischengas lockert den Weg durch die Stufen nach unten auf. Aber ein unbedingtes Sport-Getriebe wird die 7-G-Tronic dadurch noch nicht. Sowohl beim Hoch- als auch beim Runterschalten liegt es so manches Mal ein bisschen daneben, was aber nur bei extrem sportlicher Fahrweise auffällt. Die manuellen Schaltzeiten von 100 Millisekunden wie bei der AMG Speedshift MCT werden natürlich deutlich überschritten. Für das komfortvolle Cruisen auf langen Strecken oder eine ambitionierte Hügelfahrt ist die 7-G-Tronic aber bestens geeignet.
Technische Daten
Antrieb:Heckantrieb
Anzahl Gänge:7
Getriebe:Automatik
Motor Bauart:Otto-V-Motor
Hubraum:3.498
Anzahl Ventile:4
Anzahl Zylinder:6
Leistung:232 kW (316 PS) bei UPM
Drehmoment:360 Nm bei 4.900 UPM
Preis
Neupreis: 86.573 € (Stand: März 2008)
Fazit
Überarbeitung gelungen: Der aufgefrischte Mercedes SL 350 hat sich gut entwickelt. Der Motor ist lohnend gekräftigt und die neue Automatik mit Zwischengasfunktion sorgt für harmonische Schaltwelten.

Das umgeschminkte Gesicht ist natürlich Geschmacksache, aber die Zitate des Ur-SL wirken stimmig. Und der Preis von 86.573 Euro? Na ja - es geht hier halt um einen Oberklasse-Roadster.
Testwertung
4.5 von 5

Quelle: auto-news, 2008-03-14

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