Die spektakulärsten BMW-Studien - Die bayrischen Märchenkönige
Testbericht
BMW hat in den letzten Jahrzehnten grandiose Fahrzeuge kreiert. Noch
spektakulärer sind jedoch die Autos, die die Bayern nie in Serie gebaut
haben.
Die Forschungs- und Entwicklungsabteilung hat im Hause BMW seit je her
einen besonderen Stand. In einer eigenen Firma ausgegliedert dürfen
Designer und Entwickler ihren automobilen Gefühlen nahezu freien Lauf
lassen. Wie spektakulär diese Auswüchse werden können, zeigt ein
Rundgang durch die letzten 25 Jahre. Auf der Suche nach der
spektakulärsten BMW-Studie aller Zeiten kommt vielen der Roadster Gina
oder der BMW Z1 in den Sinn, der tatsächlich später in Serie ging. Doch
das ungewöhnlichste Gefährt mit dem blau-weißen Rotorenlogo auf der
Kühlerhaube war wohl der BMW Z21.
Die Mischung aus Motorrad und Roadster feierte unter dem Namen „Just
4/2“ auf der Tokio Motorshow des Jahres 1995 ihre Weltpremiere. Ein
offener Straßen-Spaßmacher mit offenem Gitterrohrrahmen,
freistehenden Rädern und zwei Sitzschalen ließ Mitte der 90er Jahre nicht
nur Japaner von einer völlig neuen Automobilzukunft träumen. Die
Laufleistung von 1472 Kilometern auf dem Tacho zeigt, dass auch
Entwickler und Designer viel Spaß mit dem spektakulären Prototypen
hatten. Das Vierzylinder-Triebwerk im Heck stammte aus dem Motorrad
BMW K 1100 und leistete 74 KW / 100 PS. Das reichte immerhin für
sturmerprobte 180 km/h, jede Menge Fahrspaß und Fliegenreste
zwischen den Zähnen. Der BMW Z 21 verzichtete neben den meisten
Komfortdetails auch auf eine Windschutzscheibe. Aus dem Stand
beschleunigte der nur 550 Kilogramm schwere Zweisitzer in sechs
Sekunden auf Tempo 100. Für Insassenschutz sorgten Airbags,
Seitenaufprallschutz, spezielle Kleidung und Helme.
Ebenfalls im Jahre 1995 präsentierte die Entwicklungsabteilung im Hause
BMW die Studie des Geländeroadster Z 18. Der BMW Z18 war eine
technische Symbiose aus den zukünftigen Modellen Z8 und X5, die beide
kurz danach ihre Serienpremieren feierten. Der Z18-Roadster war offen,
leicht und bärenstark motorisiert. Zwei Sitze, ein dünner
Windschutzscheibenrahmen und separate Schutzbleche in den Kotflügeln
über den gewaltigen Geländereifen mit Bärentatzen-Muster drückten
diesem Offroader einen ungewöhnlichen Stempel auf. Der Zweisitzer ließ
sich ohne großen Aufwand als Viersitzer oder Pick Up umbauen.
Zur damaligen Zeit hatte der Wunsch nach Mobilität abseits fester
Fahrbahnen einen Boom im Segment der Enduro-Motorräder ausgelöst.
Bei BMW wurde diese Ausprägung der Fahrfreude auf ein automobiles
Konzept übertragen. Jenseits aller bislang gängigen Fahrzeugklassen
kombinierte der BMW Z18 Cabrio- und Offroad-Gefühle miteinander – der
Citroen Mehari lässt grüßen. „Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich
zusammen mit Wolfgang Reitzle in dem Z 18-Prototypen durchs Gelände
gefegt bin“, erzählt sich der Dr. Mario Theissen, damaliger Chef der BMW
Technik GmbH. Als Antriebsquelle des ungewöhnlichen Prototyps diente
ein 260 kW / 355 PS starker Achtzylinder-Motor aus dem späteren BMW
X5. Geschaltet wurde in fünf Stufen per Hand. Für die gewünschte
Geländetauglichkeit sorgte ein technisch aufwändiger Allradantrieb. Die
auf einer Rahmenstruktur aus Stahlprofilen befestigte
Kunststoffkarosserie erinnerte an ein offenes Boot. Kein Wunder, dass
sich der Z 18 selbst von flachen Wasserdurchfahrten nicht stoppen ließ.
Weniger durch sein sehenswertes Design als vielmehr durch seine Technik
machte sich auch der BMW Z 11 einen Namen. Denn lange bevor an Mini
E oder BMW Active E gedacht wurde, zeigten die Bayern eine Studie unter
dem Namen E1 auf der Frankfurter IAA des Jahres 1991. Der
aerodynamisch aufwendige Viersitzer mit großer Ähnlichkeit zum Audi A2
wurde von einem 37 Kilowatt starken Elektromotor angetrieben. Das
dank neuartiger Aluminiumprofilbauweise und Kunststoffkarosserie
besonders leichte Citymobil erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 120
km/h und eine Reichweite von 200 Kilometern. Seine Natriumschwefel-
Batterien saßen crashsicher unter der Fondsitzbank. Zum Aufladen
genügt dem Energiespeicher eine herkömmliche 220-Volt-
Haushaltssteckdose.
Technisch war der BMW Z22 bis dato die aufwendigste BMW-Studie. Er
wurde 1999 vorgestellt. Kein anderer Prototyp von BMW vereinigte in
sich derart viel Innovationen und technischen Neuerungen. „Der BMW
Z 22 ist eine wahre Wundertüte“, erzählt Prof. Raymond Freyman, seit
Jahren Leiter der Entwicklungs- und Technik GmbH von BMW, „die
Voraussetzungen waren ein Auto zu bauen, dass den Radstand eines
7er, die Länge eines 5ers und den Verbrauch eines 3ers zu
konzipieren.“ Der wenig schmucke Z 22 trägt in sich 61 Erfindungen
und mehr als 70 Innovationen. Für den Antrieb sorgt ein Vierzylinder-
Benziner im Heck, der 136 PS leistet und gerade einmal sechs Liter
verbraucht. Für die Kraftübertragung sorgt eine stufenloses CVT-
Getriebe. So arbeiten sowohl Lenkrad als auch Bremspedal bei ihm
nicht mechanisch, sondern übertragen die Befehle mittels elektrischer
Impulse (Steer-by-wire, Brake-by-wire). Kameras ersetzen die
Rückspiegel, ihre Aufnahmen werden in einem zentralen Display
anstelle des Innenspiegels zu einem Panoramabild zusammengefügt.
Ein Fingerabdruck-Scanner ersetzt den konventionellen Zündschlüssel.
Wichtige Informationen wie Geschwindigkeit oder Hinweise des
Navigationssystems werden per Head-Up-Display ins Sichtfeld des
Fahrers projiziert. So ließ sich die Instrumentierung des BMW Z 22 auf
zwei Monitore beschränken. Mit dem rechteckigen
Multifunktionslenkrad wirkt der Innenraum wie ein Flugzeugcockpit.
Der Fahrer kann verschiedene Schaltprogramme mittels eines
elektrischen Drehschalters anwählen. Außerdem wurde der Prototyp
mit einem lenkwinkelabhängigen Kurvenlicht ausgestattet. Auch das
Head-Up Display und Kamerafunktionen wie Side View oder Top View
sind mittlerweile in Serienfahrzeugen verfügbar – nur die Rückspiegel
sind weiterhin gesetzlich vorgeschrieben. Die Fahrgastzelle des Z 22 ist
wie bei einem Rennsport-Monocoque aus kohlefaserverstärktem
Kunststoff gefertigt. Dadurch wird nicht nur eine vorbildliche
Crashsicherheit erreicht. Dank des ultraleichten Verbundwerkstoffs, der
selbst Aluminium um rund 30 Prozent unterbietet, reduziert sich das
Fahrzeuggewicht beträchtlich. Bei gleichem Raumangebot wog der Z 22
rund ein Drittel weniger als ein BMW 528i Touring des Jahres 1999.
Bei einigen Fahrzeugen kann man durchatmen, dass sie nicht den Weg in
die Serienentwicklungen geschafft haben. So experimentierte BMW
längere Zeit an dem Z1 Coupé, einem wenig sehenswerten Bruder des
offenen Z1. Mit dem Kunststoffmodell wollte BMW die Möglichkeiten für
eine Plattformstrategie in dieser Klasse ausloten. Im Rahmen dieses
Projekts – intern mit dem Namen BMW Z2 belegt – wurden
Voraussetzungen definiert, unter denen Komponenten für mehrere
Fahrzeugkonzepte eingesetzt werden können. Der Offroadster blieb aber
eine aus Holz, Gips und Kunststoff entstandene Studie mit Anlehnung an
die Z1 Stilistik und wurde nicht weiter verfolgt. Während das BMW Z1
Coupé niemals auf die Straße kam, wurde die innovative
Plattformstrategie wenige Jahre später bei der Entwicklung eines
Serienfahrzeugs genutzt. Im Jahre 1995 präsentierte BMW den Roadster
BMW Z3. Drei Jahre später bekam der Roadster einen Coupé-Bruder, an
dessen Design ebenfalls die Geister schieden.




























