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Testbericht

Stefan Grundhoff, 22. Oktober 2013
115 PS und 210 Nm Drehmoment - das reichte 1983, um die verwöhnte Automobilwelt zum Schwärmen zu bringen. Galten Diesel bis dato als träge und dreckige Bauernvehikel, brachte BMW mit dem 524 td den sportlichen Selbstzünder-Trend ins Rollen.

Einst zuckelten sie laut ratternd und zäh die Berge hinauf. Jeder Überholvorgang wollte gut überlegt sein, denn Worte wie Drehfreude und Elastizität waren an Bord eines 60 PS starken Mercedes 200 Diesel so weit entfernt wie eine Zeitmaschine. Doch VW Golf GTD und BMW 524 td erfanden den Selbstzünder Anfang der 80er Jahre für den ambitionierten Alltagsbetrieb neu. Fortan war nichts mehr, so wie es war. BMW hatte bis dato gar keinen Diesel im Programm, denn zum sportlichen Image der Marke wollte die rußende Technik mit mäßigen Fahrleistungen und qualmenden Auspuffen nicht passen. Seine Publikumspremiere feierte der BMW 524 td vor exakt 30 Jahren. Während der 70 PS starke GTD dem Golf I das sparsame Fliegen beibrachte, zündete BMW die Dieselrakete für die größeren Fahrzeugklassen. Hier gab es bis dato kaum mehr als die trägen Vorkammerdiesel aus dem Hause Mercedes, die als 200er, 220er oder 240 Diesel durch die Landschaft tuckerten. Auch Mercedes hatte Ende der 70er die Pfad der Tugend verlassen und ließ seine ebenso sparsamen wie langlebigen Dieselmotoren als 300 TD und 300 TDT zu Schwabenpfeilen werden. Doch die Mercedes E-Klasse W 123 hatte seinerzeit ebenso wenig sportliches wie der in den USA allemal erfolgreiche Dieselmotor in der S-Klasse der Baureihe W 126.

Limousine, Diesel und Dynamik ging erstmals ernsthaft mit dem BMW 524 td zusammen. Wenn man ihn in den heutigen Tagen bewegt, mag man daran zunächst ernsthaft zweifeln. Das mag auch daran liegen, dass der knallrote Proband aus dem Jahre 1983 mit einer Buchhalterausstattung erster Güte von sich reden macht. Elektrische Fensterheber, Kopfstützen hinten, Colorglas, eine Zentralverriegelung oder gar eine Klimaanlage waren beim 5er der Baureihe E28 allemal zu bekommen. Doch der gefahrene BMW 524 td bot und bietet nichts mehr als Alufelgen, Nebelscheinwerfer und ein manuelles Schiebedach. So auf Enthaltsamkeit getrimmt, kommt einem der Antritt des Reihensechszylinders vor, als würden Sandsäcke an der hinteren Stoßstange hängen. Elastisch, drehfreudig und kraftvoll - so wurde der erste Dieselauftritt der Münchner Bayern im Jahre 1983 allenthalben beschrieben. Nachvollziehen kann man diese Einordnung nur retrospektiv, denn der wenig laufruhige 5er Diesel nagelt unter heutigen Gesichtspunkten trotz seiner sechs Brennkammern wie ein Sack Nüsse, den der Nikolaus vorweihnachtlich reisend auf dem Rücken trägt.

Brennkammern wie ein Sack Nüsse, den der Nikolaus vorweihnachtlich reisend auf dem Rücken trägt.Die Drehfreude der bekannt grandiosen Benziner 520i oder gar 528i fehlt dem 524 td, der noch ohne Katalysator unterwegs war, weitgehend. Immerhin geht das feuerrote Spielmobil Dank 210 Nm ebenso kraftvoll wie lautstark zu Werke. Zur damaligen Zeit war er mit seinem spindeldünnen Vierspeichenlenkrad und der kargen Instrumentierung so etwas wie ein Neutronenbeschleuniger, der insbesondere der Mercedes-W123er-Baureihe eine schmerzhafte Nase drehte, auch wenn deren Stückzahlen in völlig anderen Sphären entrückt lagen. Die Antriebseinheit des BMW 524 td war von den Motorenentwicklern in München auf der Basis eines Reihensechszylinder-Benziners konzipiert worden. Die Gemeinsamkeiten beschränkten sich dabei auf den Grundaufbau, das Ölversorgungsprinzip und den obenliegenden Ventiltrieb mit der von einem Zahnriemen angetriebenen Nockenwelle. Um den besonderen Anforderungen des Diesel-Prinzips und den Entwicklungszielen für den ersten hauseigenen Selbstzünder gerecht zu werden, waren alle weiteren Details neu konstruiert worden.

Dabei wurden vor allem die thermische Belastung und der hohe Verbrennungsdruck des im Verhältnis von 22,0 : 1 verdichteten Motors berücksichtigt. Das Kurbelgehäuse aus Grauguss erhielt ein Kühlsystem nach dem Längsstromprinzip mit Wasserräumen, die zwischen den Zylindern angeordnet wurden, sowie eine spezielle Deckplatte, die den hohen Kräften der Zylinderkopfverschraubung gewachsen war. Die geschmiedete Kurbelwelle erzeugte einen größeren Hub und war zudem aus besonders vergütetem Stahl gefertigt. Kolben, Pleuel und Kurbelwellenlager wurden ebenfalls hinsichtlich Bauart und Materialbeschaffenheit modifiziert, um maximale Zuverlässigkeit auch unter Volllast sowie im Dauerbetrieb zu gewährleisten. Eine BMW spezifische Weiterentwicklung des Wirbelkammer-Brennverfahrens trug maßgeblich zur Leistungssteigerung bei gleichzeitiger Reduzierung des Verbrauchs sowie der Geräuschemissionen bei. Das in Steyr produzierte Triebwerk des BMW 524td war zudem mit einem Schnellstartsystem ausgestattet, das die dieseltypischen Vorglühzeiten deutlich verkürzte.

Der Turbolader führte die Abgase aus jeweils drei Zylindern zusammen und getrennt voneinander zum Turbinenrad. Die Leistungsdaten waren zu damaligen Zeiten beeindruckend. Der 2,5 Liter große Sechszylinder leistete 85 kW / 115 PS und ein maximales Drehmoment von 210 Nm, das bei 2.400 U/min zur Verfügung stand. Der Turbolader arbeite ab 1.500 U/min und lieferte den vollen Ladedruck von 0,8 bar knapp darunter bei 2.200 U/min. 0 auf Tempo 100 in 12,9 Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h machten den Bayernexpress zum schnellsten Seriendiesel der Welt. Klotzen konnte der Bayer mit seiner beeindruckenden Sparsamkeit. Mit einem Normverbrauch von 7,1 Litern Diesel auf 100 Kilometern lagen die leistungsstärkeren Benziner in weiter Ferne. Kurzzeitig fand der deutsche Sportdiesel sogar Verwendung im amerikanischen Topmodell Lincoln Continental.

War der Dieselanteil in Europa zwischen 1973 bis 1982 von vier auf 15 Prozent gestiegen, erfreute sich auch der Dieselmotor im 4,62 Meter langen 5er BMW einer immer größer werdenden Beliebtheit. Mitte der 80er Jahre wurde jeder dritte Fünfer von einem Turbodiesel angetrieben und der 524 td war innerhalb von vier Jahren das beliebteste Modell der Baureihe. Weniger Beliebtheit erfreute sich die Saugvariante die ab 1985 auch im kleineren 3er BMW zu bekommen war. Mit den müden 63 kW / 86 PS fuhr sich das bayrische Doppelpack wie eine Wanderdünenlandschaft auf Endlos-Erkundungstour in der Sahara. Ist man eine Zeit mit dem BMW 524 td unterwegs, ist der Zeitsprung vollzogen. Man gewöhnt sich an den grolligen Klang, das Turboloch bei niedrigen Drehzahlen und auch das starken Nicken und Wanken der 5er Karosserie. Lenkung und Schaltung gefallen dagegen auf Anhieb und auf der Autobahn rollt der dynamische Bayer von gestern flott und locker im Verkehr mit, als würde er dazu gehören. Dass es ab 140 km/h etwas zäh wird, stört bei der Fahrt Richtung Salzburg nur am Rande. Vielmehr genießt man den kaum vorhandenen Komfort des Buchhaltermodells, kurbelt die Scheibe ein Stück herunter und merkt erst jetzt, dass sogar das Radio fehlt.

Mehr Druck nach vorn gab es im Jahre 1991 als die nächste 5er-Generation der Baureihe E 34 vorgestellt wurde. Der gründlich überarbeitete Erstlingsmotor, wie gewohnt mit sechs Zylindern in Reihenbauweise, arbeitete nach dem Wirbelkammer-Prinzip. Die Ventilsteuerung erfolgte über eine kettenbetriebene Nockenwelle und Tassenstößel mit hydraulischem Ventilspielausgleich. Auch Dank der nun V-förmigen Kolbenmulden und eines neuen Einspritzsystems stieg die Motorleistung auf 105 kW / 143 PS und 260 Nm maximales Drehmoment. Heute hat der Topdiesel im 5er als BMW M 550d xDrive nicht nur Allradantrieb, 381 PS, sondern auch eine Abgasreinigung, die kaum mehr als saubere Luft aus dem Auspuff blasen lässt. So ändern sich die Zeiten.

Quelle: Autoplenum, 2013-10-22

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