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Testbericht

Sebastian Viehmann, 13. Mai 2010
Einmal im Jahr wird der Wörthersee zum Ballermann für PS-Fanatiker. VW nennt es noch das GTI-Treffen, doch es ist längst ein gigantisches Volks(wagen)fest zwischen Krach und Kommerz.

Es war einmal ein beschauliches Örtchen namens Reifnitz in Kärnten. Die Vögel zwitscherten friedlich von den Bäumen, Schloss Reifnitz grüßte von seinem grünen Hügel und still ruhte der Wörthersee. Eines Tages aber, so um 1982, war es vorbei mit der Idylle, denn dann kamen die GTIs. Seitdem gilt jedes Jahr an fünf Tagen im Mai der Ausnahmezustand: Rund 120.000 Menschen und zehntausende Autos wälzen sich durch die Straßen, Motoren brüllen, Musik plärrt, Alkohol fließt in Strömen. Eine Duftmischung aus Bier, Popcorn, Sonnencreme und verbranntem Gummi erfüllt die Luft.

Was viele nicht wissen: Die echten GTI-Fans feiern ihr Treffen schon lange nicht mehr am großen Party-Wochenende – zumindest nicht mit dem eigenen Wagen. „Da musst‘ ja eine Heidenangst um dein Auto hab’n“, sagt ein GTI-Pilot aus Österreich. Viele Besitzer originaler und besonders hochwertig getunter Autos treffen sich schon im Vorfeld des Mega-Events mit ihren Schätzchen und stellen sie dann wieder in die Garage. Originale Sport-Gölfe, vor allem frühe Exemplare und Sondermodelle, sind denn auch Mangelware, wenn am Wörthersee so richtig der Bär steppt.

Stattdessen wird gnadenlos aufgemotzt: Alles was sich die Fantasie erträumen, der Geldeutel bezahlen und der TÜV-Prüfer verschmerzen kann, wird ans Auto geklebt, gepinselt, geschraubt oder sonstwie dauerhaft befestigt. Wenn zwischen Reifen und Radlauf eine Handbreit passt, hat man noch Glück gehabt. Unter manchem GTI-Schweller kleben wahrscheinlich tote Ameisen, weil sie die Bodenfreiheit des Wagens maßlos überschätzt haben. Wilde Spoiler und grimmige Kühlermasken, grelle Lackierungen und freche Sprüche auf der Heckscheibe gehören am Wörthersee zum guten Ton. Viele Fans stecken tausende Euros in Hightech-Fahrwerke oder veredelte Cockpits. Und natürlich darf die Soundanlage im gefühlten Megawattbereich nicht fehlen, für deren Betrieb mancher GTI-Fan wahrscheinlich ein seismologisches Gutachten einholen muss.

Auf der VW-Bühne präsentierte der aus dem Fernsehen bekannte „Autochecker“ Det Müller die sportlichen Highlights vom Polo GTI bis zum Sondermodell Golf GTI Adidas, spielte sich mit VW-Entwicklungschef Ulrich Hackenberg die Bälle zu und hatte einen treffenden Kommentar für das Show Car Golf GTI Excessive: „Der ist was für die linke Spur.“ Das metallicrote Geschoss, konstruiert nach den drei Tuning-Geboten „tiefer, breiter, härter“, steckt glänzend schwarze Felgen aus den verbreiterten Radkästen und hat dem Hintermann neben den Rückleuchten noch einen anderen Lichteffekt zu bieten: Beim Bremsen glimmt ein rötlicher Schimmer durch den Heckdiffusor und beleuchtet den Asphalt.

Für den Volkswagenkonzern ist das Wörtherseetreffen eine riesige Showbühne, eine Mischung aus inoffizieller Hausmesse und Familientreffen. Nicht nur VW zeigt seine Sportmodelle, auch Audi, Seat und Skoda sind mittlerweile mit eigenen Ständen, Shops und Bühnen vertreten. Audi war in diesem Jahr das fünft Mal dabei, Seat zum zweiten Mal. „Im nächsten Jahr kommt noch Scania dazu“, witzelte ein Audi-Mitarbeiter.

Der eigentliche Star des diesjährigen Treffens war allerdings kein GTI und nicht mal ein Vollkswagen. Audi nutzte den Wörthersee zur Präsentation seines neuen A1 - schließlich kann man an kaum einem anderen Ort so viele junge Zielgruppen erreichen, die bereits auf VW-Marken gepolt sind. Sieben A1 wurden zu Motto-Autos umgestaltet, vom FC Bayern-Fanauto über einen mattlackierten Hot Rod bis hin zum „Pickerljäger“, der Verballhornung eines österreichischen Streifenwagens. Dieser Motto-A1 kam beim Publikum besonders gut an, schließlich bittet die Alpenrepublik ihre Gäste gern zur Kasse – mit der Zehntages-Vignette und, weil’s so schön war, gleich noch mit 9,50 Euro Sondermaut für die Tauernautobahn. Mancher Besucher mit nervösem Gasfuß dürfte noch viel tiefer in die Tasche gegriffen haben, denn die Polizei registriert in jedem Jahr rund um das GTI-Treffen deutlich mehr Temposünder als gewöhnlich.

Auf dem Treffen selbst können die Teilnehmer aber nur Schritttempo fahren, wenn sie sich durch die Menschenmassen tasten. Polizei und Security passen auf, dass niemand über die Stränge schlägt, auch wenn die johlenden Zuschauer bei besonders wild getunten Exemplaren natürlich lautstark zum Burnout auffordern. Dafür sowie für die besten Tuning-Autos gibt es ohnehin eigene Wettbewerbe.

Auch wenn der Wörthersee im Mai fest in Volkswagen-Hand ist, bleibt ein bisschen Platz für andere Marken. Vor allem wenn es sich um Oldies handelt, drücken eingefleischte VW-Fans schon mal ein Auge zu. Sogar ein perfekt restaurierter Buick Electra, ein Straßenkreuzer-Schlachtschiff aus den 50ern, cruiste durch die Straßen von Reifnitz. Nur eine Bedingung muss jeder erfüllen, der den Kärntner PS-Karneval mitmacht: Im Blut sollte sich reichlich Benzin befinden.

Quelle: Autoplenum, 2010-05-13

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