Seid Ihr eigentlich alle noch zu retten?
Ich hatte mich auf einen ruhigen Samstag eigestellt.
Leider hats heute gleich neun Leute erwischt, und zwar unüblicherweise alle durch Autounfälle. Ich war also von sieben in der Früh bis eben um elf am ackern und jetzt brauch ich einen Drink.
Heute früh fuhr ein 21-jähriges Mädchen mit ihrem Golf eine vierspurige Schnellstraße entlang. Um sieben in der Früh herrscht samstags hier in England null Verkehr. Sie ist mit 110 ab in den Wald, wo es sie stilgercht vor die Palme geschmirgelt hat. Die haben gleich mich angerufen und nicht die Ambulanz. Und was ich noch weniger leiden kann, als Bullen, ist deren Gesichter, wenn sie gerade eine häßliche Leiche sehen mußten. Das gibt denen sowas menschliches und das zerstört mir nur mein Feindbild.
Als ich das kaum geregelt hatte, piepts schon wieder, diesmal hatte es einen Motorradfahrer erwischt. Die werden jedesmal zur Frühlingszeit zur Landplage und bis zirka September hat dann so eine Art natürliche Auslese stattgefunden. Derjenige welche hat auf der Autobahn gemeint, sich mal eben hinlegen zu müssen, und die folgende Schlittershow endete in den Doppel-T-Trägern, an denen die Leitplanken montiert sind. Das hatte was von einem Eierschneider, mit rohen Eiern, in rot. Always wear a helmet. Mein Arsch.
Normal erwischt es mich nicht so hart an einem Tag, aber der Piepser ging noch mal los.
Diesmal war es ein Wohnwagengespann auf dem Weg nach Dover. Der Wohnwagen löste sich vom Zugfahrzeug und segelte rüber auf die Gegenfahrbahn. Entgegen dem, was jeder normale Stockcar Fahrer in der Situation tun würde, stiegen die auf die Bremse. Statt briefmarkengroßer Plastikspreissel gabs also eine Massenkarambolage. Ein 40 Tonner LKW Fahrer hatte keine Chance. Er versuchte noch, das Gespann in die Walachei zu lenken, aber diesmal hielt die Leitplanke, der Winkel war zu spitz.
Mama, Papa und zwei Kinder im Citroen wurden ab dem Unterleib zweigeteilt. Die ganze Familie paßte glatt in einen Sarg. Meine Gummihandschuhe sind auch mit drin. Bin ja kein Chirurg. Vor denen war ein Typ in einem Jeep Cherokee, der kam recht glimpflich davon, der gab mir sogar noch eine Zigarette und man konnte halbwegs normal mit ihm reden. Der Truck flog glatt über seinen Jeep. Vor ihm waren drei Typen in einem Mercedes. Auf dem landete der Truck. Die drei Typen saßen immer noch in ihrem Mercedes, nur leider ohne Köpfe.
So, und nach alledem hab ich noch ne wirklich beschissene Neuigkeit für Euch: Im ganzen Haus ist der Whiskey alle.
Ich bin mir außerdem sicher, daß das Einzige, was all denen, die ich heute eingesammelt hab, als letztes durch den Kopf ging, ist: Wieviel Luft gehört in meine Reifen, wann muß ich meinen Zahnriemen wechseln, soll ich mir einen Drecksdiesel kaufen. Beati pauperes Spiritu.
Tut mir einfach einen Gefallen. Schaltet die Scheißassistenten ab und fahrt mit Hirn. Denn so ein Gesprotzel brauch ich echt nicht jeden Tag. Lernt vor allem, mit Euren traurigen Dreckskarren vernünftig umzugehen.
Bist Du noch zu retten ?
such Dir nen Job als Bäcker.................
Ich kann nur sagen ein wirklicher Scheißjob.
Ich beneide dich jedenfalls nicht aber viel mehr frage ich mich wirklich warum 90% der Leute beim drehen des Zündschlüssels ihr Hirn abschalten....
LG!
Tja Herr Bestatter, ich kann deinen Frust durchaus verstehen. In der Menge gehörts wohl nicht zum Tagesgeschäft.
Deinen Vorschlag, das Hirn beim Fahren einzuschalten kann ich nur voll und ganz unterstützen. Allerdings die eingebauten Fahrhilfen zu deaktivieren würde nur dazu führen, dass ihr mehr Leute einstellen müßt oder Du noch mehr Überstunden schiebst und keine Zeit mehr hast, um deinen mehrzylindrigen Hobbies nachzugehen.
Nachdem ja nun doch einige Stunden verstrichen sind, das eine oder andere Bier geköpft wurde, sollte sich die Frustration ein wenig gelegt haben.
Du wolltest doch als Bestatter arbeiten, sonst kannst ja immer noch umschulen, eventuell zum Rettungssanitäter. Mach das mal ein paar Jahre, dann siehst, wie "schön" dein Leben als Bestatter war.
Tach mein Gutster,
jeder Job hat seine Schattenseiten - wie fühlen sich
die Kohlenträger wenn sie im Juli bei 35° Zentner
um Zentner in den Keller wuchten ...
Ja, und nur ein verschwindend geringer Teil aller
Unfälle ist auf technisches Versagen zurückzuführen !
Der große Rest wird durch Dummheit, Alkohol, Drogen,
Tabletten und Größenwahn verursacht - und die Verursacher bringen unermessliches Leid über die Zurückgebliebenen ...
Dein Job hat jedoch den Vorteil, das dir jeden Tag vor
Augen geführt wird, daß das Leben eine unersetzliche
Kostbarkeit darstellt, auf die man größtmögliche Umsicht anwenden sollte, um es nicht vorzeitig unangemessen zu beenden !
Also freu' dich des Lebens und genieße jeden Moment
davon - und sei froh das du noch da bist ...
Schöne Tage im Kreis deiner Lieben wünscht dir
Pèdà
Moin,
also unserem Bestatter muss ich schon mal Recht geben, im Bezug auf das Fahren mit Hirn und das Abschalten der meist unnötigen Fahrhilfen.
Ich war selbst vor einem halben Jahr bei einem Verkehrsunfall mit fünf Schwerstverletzten als Ersthelfer dabei und es war wirklich keine schöne Sache.
Wenn man relativ oft auf unseren Autobahnen unterwegs ist, ist es schon Wahnsinn, wie da geheizt wird. Wenn ich so mit 130-150 km bei freier Strecke unterwegs bin, brettern manche an einem vorbei, so das man denkt, man steht im Wald :-(.
Ganz zu Schweigen von unseren Herren Brummifahrern, welche eh denken, die haben die Autobahnen für sich gemietet.
Am besten gewöhnt man sich an, so schlimm wie es ist, für einige Verkehrsteilnehmer mitzudenken. Das ist für jeden selbst die beste (Lebens-) Versicherung.
In diesem alle: Allen ein schönes und unfallfreies Pfingstwochenende.
Es sollte öfter solche Berichte geben, das bringt einen echt zum nachdenken.
ich beneide dich nicht, aber eines kommt mir Spanisch vor! Zum Unfall mit der 21 Jährigen: Ich glaube kaum das die Polizei gleich dich dich angerufen hat. Bei einer VU Meldung wird von der Rettungsleitstelle IMMER die Ambulanz und der Notarzt mit rausgeschickt!
Zumal muss der Notarzt erst den Tod feststellen, und erst dann wird ein Bestatter gerufen.
Deswegen glaub ich dir mal dieses Erlebnis eher nicht
Das läuft hier ein wenig anders, als in Deutschland. Wenn jemand so offensichtlich tot ist, kann ein Constable entscheiden, keine medizinische Hilfe mehr anzufordern. Und den Totenschein stelle ich aus.
Jaja, die Engländer und ihr Gesundheitssystem.
btw: Wenn Du einen Job mit Erfolgserlebniss brauchst, hast wohl den falschen. Versuch´s mal mit Berufspolitiker!
Ich sehe das, was gestern abgelaufen ist, beruflich als vollen Erfolg an. Was mir an die Nieren geht ist diese völlig sinnlose Verschwendung von Menschenleben. Vor allem, wenns Kinder erwischt. So abgebrüht kannst Du gar nicht sein.
Politiker gehören sofort eingebuchtet, diese Verbrecher. Es gibt keine schöneres Erfolgserlebnis, als so einen einzutüten.
Diesen Ausdruck hab ich noch nie verstanden!
Gibts auch eine "sinnvolle" Verschwendung von Menschenleben???
Und abgebrüht, bei einem Flugzeughangar voller verbrannter Leichen schon. Ist aber kein Thema fürs Abendessen. Lassen wir das.
Wenn jemand so offensichtlich tot ist, kann ein Constable entscheiden, keine medizinische Hilfe mehr anzufordern. Und den Totenschein stelle ich aus.
......für das Fahrzeug ggf.
Ich denke, die Botschaft, die Bestatter uns vermitteln wollte, ist bei einigen angekommen, wobei der angezweifelte Wahrheitsgehalt sekundär ist. Es kommt nicht darauf an, wer letzlich einen Totenschein ausstellen darf, oder zuerst am Unfallort ist, sondern, dass mit unüberlegtem, fahrlässigem Handeln mit Menschenleben gespielt wird. Und leider, auch das lese ich aus dem Bericht des Bestatters heraus nicht nur mit dem eigenen, sondern auch mit dem Menschenleben unbeteiligter.
Wer es versteht, bei den Beiträgen und den Antworten des Bestatters zwischen den Zeilen zu lesen, der wird einiges aus den Aussagen herauslesen können. Und das generell, nicht nur bei diesem.
Wenn man sich solche Bilder, wie von Bestatter beschrieben einmal vor Augen führt, fährt man vielleicht zukünftig ein bisschen umsichtiger. Wenn nur ein Bruchteil derer, die diesen Beitrag von Bestatter gelesen haben, zukünftig daran denkt und umsetzt, dann hat Bestatter schon viel erreicht.
Aber mein lieber Bestatter, glaube nicht, dass dieser Appell bei unseren alkoholisierten Unbelehrbaren etwas ausrichtet. Bei denen ist Hopfen und Malz verloren. Kleines Wortspiel!!