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Testbericht

Jürgen Wolff, 25. März 2014
"Deutsche Autos" - diese Zeiten sind längst vorbei. Die Autobauer auch in Deutschland fertigen ihre Modelle längst rund um den Globus. Und nur die wenigsten Bauteile stammen aus der eigenen Fabrik.

Daimler lässt sich nicht lumpen. Zur Verleihung des Supplier Awards, des hauseigenen Zulieferer-Oscars, waren Ende März auch in diesem Jahr fast 500 Gäste geladen, zum Teil angereist rund um den Globus. In der Stuttgarter Niederlassung des Konzerns zeigten die Stuttgarter, was ihnen ihre Geschäftspartner wert sind: mit klassischem Live-Orchester, Tagesschau-Sprecherin Judith Rakers als Moderatorin und einem üppigen Buffet. Konzernchef Dieter Zetsche hielt die Laudatio auf "Daimlers wichtigste Partner".

"Wenige technische Produkte werden so sehr über Bauch und Kopf verkauft wie Autos", beschreibt eine aktuelle Studie des Fraunhofer Instituts das Dilemma. "Entsprechend kümmern sich die Automobilhersteller mittlerweile in erster Linie um das Gesamtkonzept, das Markenimage und die Kernkompetenz eines Fahrzeugs, die dieses Image prägen." Den großen Rest "delegieren sie an ihre Zulieferer".

Nicht nur bei Mercedes-Benz weiß man genau um die Rolle dieser Zulieferer. Autos sind längst "Gesamtkunstwerke", an denen weltweit viele mitbauen und ihren Teil beitragen - und sei er auch noch so klein wie eine Schraube oder Steckverbindung. Bereits 2002 stammten durchschnittlich zwei Drittel eines Fahrzeugs nicht mehr vom Original Equipment Manufacturer (OEM), also vom klassischen Autohersteller. Für 2015 gehen die Autoren der Fraunhofer-Studie von knapp drei Millionen Beschäftigten bei den Zulieferern und 977.000 bei den Automobilherstellern aus. Und: "Die Zulieferindustrie wird in den nächsten zwölf Jahren rund 2.000 Milliarden Euro investieren und weltweit drei Millionen neue Arbeitsplätze schaffen, davon 1,2 Millionen in Europa." Schon 2010 lagen 70 bis 80 Prozent der Wertschöpfung an einem Auto bei seinen Zulieferern und nur 20 bis 30 Prozent beim eigentlichen Automobilhersteller. Tendenz: deutlich steigend.

Allein die Liste mit den wichtigsten Bauteilen der aktuellen A-Klasse von Mercedes-Benz zählt fast 50 Zulieferer: Die beiden Lift-O-Mat Gasfedern für die Heckklappe liefert Stabilus. Von Dow Automotive Systems kommen die abbindenden Klebstoffe für die Karosseriestruktur. Der Stuttgarter Zulieferer Behr-Hella Thermocontrol steuert die vollautomatische Klimaanlage bei, Brose das Gebläse der Klimaanlage. Die Bremsbeläge für die Vorderachse stammen von Honeywell Friction Materials, die vorderen und hinteren Bremsscheiben selbst von Brembo. Elringklinger ist zuständig für die Zylinderkopfdichtungen des Motors, Federal-Mogul für die Kolben, die Neumayer Teckfor Group für Teile der Nockenwelle und die Schaeffler-Tochter FAG für die Wälzlager. Von Delphi stammt bei den Dieselmotoren die Common Rail-Einspritzung, von GKN Driveline die Gelenkwelle. Carcoustics International sorgt mit Akustikpaketen im Motorraum, am Armaturenbrett und im Tunnel für Ruhe. Munter geht es weiter: Edscha steuert die Türscharniere bei, Gentex die automatisch abblendenden Außenspiegel. Die Mittelarmlehne kommt von Magna, das Armaturenbrett von Faurecia. Für die Antriebs-Zwischenschächte ist Hirschvogel Automotive zuständig, für das große Schiebedach Inteva Products, während das Panoramadach von Webasto kommt. Huf Hülsbeck Fürst liefert die Schließaggregate für die A-Klasse, Borgwarner den Niederdruck AGR-Kühler und Mahle steuert Ventile bei. Von Autoliv kommt der Beifahrerairbag, von IEE zum Teil die Sicherheitskontrolle der Gurte, von Marquardt das Lenkradbedienfeld und von Denso Europe der Start-/Stopp-Anlasser. Die Verkleidung der Heckklappe stammt von der IAC Group, der Heckspoiler von Rehau. Was vergessen? Ach ja: Die Deutsche Pentosin liefert dei Hydraulikflüssigkeit, TI Automotive die Tank Top-Leitungen. Das sollte erst einmal reichen, obwohl sich die Liste noch seitenweise fortsetzen ließe: Die Kernprodukte der "urdeutsche" Automarke Mercedes-Benz sind weltweit zusammengekauft.

Nicht anders bei Volkswagen. In der Lieferantenliste des aktuellen Golf finden sich die gleichen Zulieferer wie bei der A-Klasse, dazu ein paar Variationen: Thyssenkrupp für die Lenksäule, Martinrea für Seitenbleche, ITT Italia für Bremsbeläge, Hellermanntyton für andere Teile der Bremsanlage, Kiekert für die Schließanlage, Koyo für die Getriebelager - um nur ein paar weitere Zulieferer ins Spiel zu bringen.

Dabei dienen die aktuell rund 5.000 Zulieferer keineswegs (nur) als verlängerte Werkbank und billiges Reservoire an Arbeitskräften. Zwei Drittel der wichtigen "Blockbuster-Innovationen" kam und kommt von den Zuliefern. ABS und Airbag, Abstandswarner, Automatikgetriebe und LED-Systeme - viele grundlegende Entwicklungen stammen eigentlich von Zulieferern wie Bosch, Denso, Magna, ZF, Continental oder Hella.

In kaum einer anderen Industrie ist die Globalisierung auch sonst so weit fortgeschritten wie in der Autoindustrie - nicht nur beim Verkauf der fertigen Produkte, auch schon bei deren Fertigung. Dieses Jahr etwa werden erstmals mehr Audi außerhalb Deutschlands gebaut als innerhalb. Den Ingolstädtern gehören mittlerweile zwölf Werke in zehn Ländern. Ganze Modellreihen haben mit Deutschland nur noch wenig zu tun. Seit dem Frühjahr 2011 etwa wird der Audi Q3 vollständig und ausschließlich im spanischen Martorell gebaut - im traditionsreichen dortigen Seat-Stammwerk. 2013 liefen dort unter südlicher Sonne 106.622 Audi Q3 vom Band. Insgesamt haben Audi und Seat in die Produktionsgemeinschaft rund 330 Millionen Euro investiert.

Das globale Denken ist auch unter den deutschen Herstellern keine Spezialität des VW-Konzerns. Die neue C-Klasse von Mercedes-Benz wird in vier Ländern auf drei Kontinenten gebaut: Deutschland (Bremen), den USA (Tuscaloosa, Alabama), China (Peking) und Südafrika (East London). "Nur ein Beispiel dafür, wie wir unsere globale Präsenz ausweiten", versprach Zetsche bei der Verleihung der Supplier Awards.

Quelle: Autoplenum, 2014-03-25

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