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Testbericht

Wolfgang Gomoll, 18. September 2015
Die IAA ist eine Zwei-Klassen-Gesellschaft. Zumindest, was die Publikumsgunst der Aussteller betrifft: Während sich um Blechkarossen Menschentrauben bilden, ist der Andrang bei den Zulieferern überschaubar. Dabei gibt es bei Conti, Bosch Co viel Neues zu entdecken, das das Autofahren in Zukunft entscheidend beeinflussen wird.

"Los schnell, wir müssen uns noch die Alfa Romeo Giulia anschauen", schnauft der leicht übergewichtige Mann seinem ähnlich gebauten Kumpel zu. Beide hasten los, die Audi-Tüten schwingen im Stakkato der schnellen Schritte. Die Halle 4 lässt das Paar völlig außer Acht und auf ihrem Weg zur italienischen Mittelklasse-Limousine links liegen. Dabei steht auf dem Stand des fränkischen Zulieferers Brose ein Volvo XC 90, in dem ein spezieller Fahrersitz montiert ist. Das Gestühl massiert den Fahrer nach dem Takt der Musik. Was sich zunächst, wie eine teure Spielerei a la "Beats by Dr. Brose", anhört, soll den Passagieren helfen, lange Strecken noch entspannter zu bewältigen.

Hinter den drei Wohlfühlprogrammen "Welle", "punktuell" und eben Musik steckt ein ausgeklügeltes Konzept. Anders als die gebräuchlichen Massage-Sitze sind in dem Stuhl acht Motoren verbaut, die den Körper zielgenau mit Vibrationen bearbeiten. Dabei ist die Frequenz der Schwingungen exakt so eingestellt, dass die inneren Organe - anders als bei anderen Produkten - nicht angeregt werden. "Sonst ist die Gefahr größer, dass dem Fahrer schlecht wird", erklärt Brose-Ingenieur Dr. Christian Mergl.

Um Vibrationen geht es auch bei den aktiven Motorlagern der französischen Firma Moving Magnet Technologies. Die sind nämlich so konstruiert, dass sie den Schwingen des Motors entgegenwirken und so die gefühlte Laufruhe des Triebwerks deutlich verbessern. Innermotorisch tut sich auch einiges. Unter dem Motto "schwerer Leichtbau" feiert der Stahlkolben ein Comeback. Da dieser Werkstoff sich bei Hitze nicht in dem Maße ausdehnt, wie Aluminium, kann das Zusammenspiel Zylinder-Laufbuchse und Kolben genauer eingestellt werden. Dadurch verringert sich die Reibung und der Kraftstoffverbrauch reduziert sich um vier bis fünf Prozent. Beim Mercedes E350 Bluetec ist das System schon verbaut, Audi, BMW und Mercedes werden nachziehen. Auch beim Rest des Zylinders gibt es Neuigkeiten: Federal Mogul hat natriumgefüllte Hohlschaftventile mit extrem kleinen Schaftdurchmessern in petto. Durch diese Bauweise kann die Wärme besser aus dem Ventil über die Ventilführung geleitet werden, was die Temperatur am Ventilkopf um 80 Grad bis 150 Grad senkt, was den CO2-Ausstoß reduziert und das Downsizing erleichtert. Zudem sind die Ventile auch noch leichter.

Der französische Zulieferer Faurecia macht aus den Abgasen Strom. Der Trick hinter dem Exhaust Heat Power Generation (EHPG)-System ist ein Wärmetauscher, der im Abgasstrom platziert ist. Das Prinzip ähnelt dem eines Kraftwerks: Die Wärmeenergie aus den Auspuffrohren wird im Wärmetauscher auf eine Flüssigkeit übertragen. Diese wandelt die Energie in Druckdampf um und treibt so eine Turbine an, die mit einem Generator gekoppelt wird und so Strom erzeugt, der in einer Batterie gespeichert wird. Bei Hybrid-Pkws sinkt der Kraftstoffverbrauch laut Faurecia um etwa sieben Prozent, da der Fahrer erst später auf den Benzinbetrieb umstellen muss. Zusätzlich werden so zwischen einen und zwei Kilowatt an elektrischer Energie produziert.

Continental experimentiert mit Naturkautschuk, der aus der Wurzel des Löwenzahns gewonnen wird. Das Einsatzgebiet könnten Motorlager sein. Die Baukasten-Systeme der Hersteller treiben die Zulieferer weiterhin um. Continental hat eine modulare Turboladerschlauchleitung, die sowohl für Diesel- als auch für Benzinmotoren einsetzbar ist. Der niedersächsische Konzern dreht aber auch am ganz großen Rad und nutzt das 48-Volt-Bordnetz, um den Verbrauch bei einem Dieselmotor, um den Verbrauch um rund neun Prozent zu senken. Die Integration des 48-Volt-Bordnetzes in ein 1.6-Liter-Diesel-Fahrzeug klappte reibungslos. Mithilfe des neuen Bordnetzes werden verbrauchsreduzierende Maßnahmen, wie Seglen und Rekuperation optimal eingesetzt werden.

Das Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF präsentiert auf der IAA einen luftgekühlten, elektrifizierten Antriebsstrang, der sich direkt an den Rädern befindet. Luftgekühlt sind der Radnabenmotor und der Antriebsumrichter. Ergänzt wird die Technik durch einen Multi-Level-DCDC-Wandler und eine adaptive Fahrwerksdämpfer. Damit diese Kühlung auch effizient vonstatten geht, musste die Felge entsprechend konstruiert werden. Letztendlich fiel die Wahl auf Felgen im Propeller-Design. Der Bremsen-Spezialist Brembo setzt auf Aluminium Bremssättel und spart so sieben Prozent Gewicht ein. Das mag auf den ersten Blick als unwesentlich erscheinen, aber beim Kampf um jedes weniger Gramm CO2-Ausstoß zählt auch im Auto jedes Gramm. Zumal die Summe der Verbesserungen eine substantielle Gewichtsreduktion ermöglicht. Das Zulieferer-Schwergewicht Bosch hat unlängst das amerikanische Start-Up-Unternehmen Seeo Inc. Gekauft und nutzt jetzt die Expertise der Kalifornier, um die Energiedichte der Akkus zu verbessern. Experten zufolge wird die Leistungsfähigkeit der Lithium-Ionen-Batterie bis 2020 noch deutlich ansteigen. Damit die Kraft auch auf dem Asphalt ankommt, entwickeln Zulieferer wie GKN eine elektrifizierte Hinterachse, die das Drehmoment zuverlässig und effizient umsetzt.

Quelle: Autoplenum, 2015-09-18

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