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Testbericht

Sebastian Viehmann, 22. August 2010
Einmal im Jahr bringen zehntausende Klassiker Glanz und Gloria der amerikanischen Automobilgeschichte nach Detroit zurück. Der Woodward Dream Cruise ist eine gigantische Blechlawine voller Traumkreuzer und V8-Monster.

Der Arm wird lässig aus dem Fenster gelehnt, das Autoradio ist voll aufgedreht, der Motor sorgt mit seinem satten V8-Blubbern für wohliges Kribbeln im Nacken und die Straße zieht sich als endloses Asphaltband bis zum Horizont. Der Sprit ist billig, an jeder Straßenecke wartet ein Drive-In Restaurant und wer will, kreuzt einfach ganz entspannt und ziellos durch die Nacht. So etwa muss man sich die amerikanische Cruising-Kultur vorstellen, die in Filmen wie „American Graffiti“ verewigt wurde.

Wenn alljährlich am vorletzten August-Wochenende der Woodward Dream Cruise mehr als eine Million Besucher und 30.000 bis 40.000 Autoklassiker anzieht, werden die 50er und 60er Jahre mit ihrer Cruising-Kultur wieder lebendig. Die berühmte Straße, die sich teilweise in acht Spuren von Norden bis Süden durch die Autostadt Detroit zieht, ist dann voll im Griff der Old- und Youngtimer. Dass das gigantische Event nicht auf einer abgesperrten Fläche stattfindet, sondern mitten im normalen Verkehr, macht es nur noch faszinierender.

Ob Muscle Cars wie der Dodge Challenger oder Pontiac GTO, chrombeladene Schlachtschiffe von Buick, Cadillac und Mercury oder hochgezüchtete Hot Rods - alles was in der Automobilhistorie Rang und Namen und nach Möglichkeit einen fetten V8-Motor unter der Haube hat, ist beim Cruise dabei. Auch die „Big Three“, die amerikanischen Autogiganten, zeigen Flagge. Ford zum Beispiel präsentierte auf dem 16. Dream Cruise seinen neuen Mustang Boss 302, eine Verbeugung vor dem Original aus den späten 60ern. Auf dem Chrysler-Stand tummeln sich Dodge Charger, Plymouth GTX und andere Musclecar-Klassiker. Ein Dodge Ram mit riesigen Monstertruck-Reifen darf als Showobjekt einen Mazda plattwalzen.

Dass die Autometropole Detroit seit Jahrzehnten mit wirtschaftlichem Niedergang, Bevölkerungsschwund und steigender Kriminalitätsrate zu kämpfen hat, wird am Dream Cruise-Wochenende kollektiv verdrängt. Die lokalen Radiosender spielen Hits von Rockabilly-Schlagern bis zu den Beach Boys, mehr als eine Millionen Zuschauer und Cruiser sollen sich laut Angaben der Veranstalter jedes Jahr das Spektakel ansehen. Auf den Wiesen und Bürgersteigen sitzen Zuschauer auf Campingstühlen und schauen den vorbei rollenden Blechveteranen nach, für besonders coole Autos vergeben sie mit einem Schild 10 Punkte wie bei einer Eislaufkür. Die Oldtimer, Hot Rods und Musclecars stehen mit geöffneten Hauben auf Wiesen, Parkplätzen und Tankstellen, damit jeder die blank gewienerten V8-Motoren bewundern kann. „Anfassen verboten, anschauen erlaubt“ lautet das Motto, und fast jeder hält sich daran.

Obwohl der Dream Cruise über die Grenzen der USA hinaus kaum Bekanntheit erlangt hat, ist er das weltweit größte Klassiker-Event seiner Art. „Es ist einfach unglaublich, was hier abgeht“, freut sich Steve Meehan, der zum Cruise mit seinem Plymouth Barracuda extra aus Kanada angereist ist. Im Schlepptau hat er ein paar Kollegen, die perfekt restaurierte Musclecars wie einen 71er Plymouth Duster oder den 69er Dodge Super Bee vorweisen können. „Einfach nur die Woodward Avenue entlang cruisen, mit Freunden fachsimpeln und Spaß haben“, bringt Steve das Wesen der Veranstaltung auf den Punkt.

Die Polizei auf ihren Motorrädern hält sich meistens zurück, denn am Dream Cruise-Wochenende steht die Party im Vordergrund. Nur bei betrunkenen Fahrern und illegalen Ampelrennen verstehen die Cops keinen Spaß. Schon auf den Freeways rund um Detroit, auf denen im Übrigen ein Tempolimit von 112 Km/h gilt, warnen große Leuchttafeln mit dem Satz: „Boozing and cruising – you’re losing“. Übersetzt heißt das etwa: „Wer Alkohol trinkt und fährt, verliert“ - und zwar eine Menge Geld sowie den Führerschein.

Zum Rasen allerdings ist ohnehin niemand zum Dream Cruise gekommen. Es geht um Nostalgie pur. „Ich kann mich selbst noch gut an diese Zeit erinnern“, sagt Tom Greenwood, Kolumnist bei der Zeitung Detroit News. Ende der 60er Jahre cruiste der ehemalige US-Marinesoldat selbst über die Woodward Avenue, und zwar im Chevrolet Chevelle Cabriolet eines Freundes. „Der Wagen war wirklich eine Granate. Da lautete das Motto: Hinsetzen, festhalten und die Klappe halten“, erinnert sich Greenwood.

Wenn all die Corvettes, Thunderbirds und Trans Ams über die Woodward Avenue gleiten oder ein Dutzend Galaxies, Falcons und Fairlanes eine Ford-Niederlassung wie ein Postkartenmotiv aus den 60er Jahren erscheinen lässt, wird für Autofans die gute alte Zeit wieder lebendig. Spätestens an der Zapfsäule aber endet die Nostalgie: Die Gallone Benzin kostet zurzeit 2,60 US-Dollar – etwa achtmal soviel wie im Jahr 1965.

Quelle: Autoplenum, 2010-08-22

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