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Testbericht

Sebastian Viehmann, 21. Oktober 2010
Das Elektrodreirad TW4XP aus Hessen hat beim Automotive X Prize – die Weltmeisterschaft der Ökomobile - den dritten Platz geholt. Und so fährt sich das sparsamste Auto Deutschlands, das 2012 in Serie gehen könnte.

Wo ist das Lenkrad? Am Steuer des TW4XP muss man sich als passionierter Autofahrer erst einmal umgewöhnen. Das futuristische Elektro-Dreirad steuert man mit zwei Joystick-förmigen Hebeln: Für eine Rechtskurve drückt man den linken Hebel nach vorn, bei einer Linkskurve ist es genau umgekehrt. Ein Gaspedal gibt es nicht, man beschleunigt und bremst das Fahrzeug mit einem Wippschalter am rechten Lenkhebel. Dabei sitzt man entspannt im Schalensitz wie in einem Fernsehsessel und genießt den Ausblick durch die kuppelförmige Panoramascheibe.

Mit einem leisen Surren nimmt das TW4XP Fahrt auf, der Elektromotor mit seiner Maximalleistung von 30 kW schiebt das Dreirad mit ordentlichem Schub voran. Die Energie liefert ein Lithium-Ionen-Akku. Das Fahrzeug erreicht 130 Km/h und soll eine Reichweite von 160 Kilometern haben. Bei Kurvenfahrten dauert es eine Weile, bis man das ungewohnte Lenkprinzip beherrscht und das TW4XP exakt manövrieren kann. Für eine Notbremsung und zum Parken hat das Fahrzeug ein Bremspedal im Fußraum. Der Lenkung fehlt noch eine Servounterstützung, was man schnell in den Armen merkt. Auch die karge Innenausstattung und der Not-Aus-Schalter an der Mittelkonsole erinnern den Fahrer daran, dass es sich noch nicht um ein Serienmodell handelt.

Auf die drei Räder gestellt wurde das TW4XP von Martin Möscheid und seinem Team. Der Maschinenbauer aus dem hessischen Rosenthal baut bereits das Elektro-Dreirad Twike, das ursprünglich in der Schweiz entwickelt wurde und schon seit 1996 auf den Straßen rollt. Das TW4XP bleibt dem Grundkonzept des Twike treu – drei Räder, zwei Sitze, Handgriff-Steuerung. Das Fahrzeug ist mit 2,8 Metern Länge kürzer als ein Smart und ragt nur 1,4 Meter über den Erdboden. Die riesige Windschutzscheibe sorgt für den Aquarium-Effekt, und mit ein paar Handgriffen am Stoffverdeck wird das flüsterleise Gefährt sogar zum Freiluft-Stromer.

Dass die Technik des Fahrzeugs serienreif ist, hat das Projekt TW4XP beim renommierten Automotive X Prize in den USA bewiesen. Vier Woche lang hat das Team aus Hessen geschwitzt, geschraubt und gebangt, um alle Prüfungen in der Weltmeisterschaft der Ökomobile zu bestehen. „Sieben Uhr aufstehen, acht Uhr Testbeginn. Jeden Tag gab es eine neue Hürde“, erzählt Martin Möscheid, dem man die Anstrengungen der letzten Wochen noch anmerkt. Fast verzweifelt wären die Stromer-Konstrukteure an einem Beschleunigungstest. „Gefordert waren 18 Sekunden von 0 auf 60 Meilen, wir lagen bei 19. Dann haben wir uns auch noch einen Bremsplatten geholt“, erzählt Möscheid. Doch am Ende glückte auch diese Prüfung. In seiner Klasse fuhr das Team TW4XP nach knüppelharten Wettkämpfen schließlich als Dritter über die Ziellinie – mit einem Stromverbrauch, der einem Benzindurst von lediglich 1,71 Litern pro 100 Kilometer entspricht.

Der Automotive X Prize soll findige Köpfe dazu ermuntern, eine neue Generation höchst effizienter Fahrzeuge auf die Räder zu stellen. Alle Fahrzeuge müssen mindestens 100 MPG erreichen. MPG steht für die US-amerikanische Verbrauchsangabe Meilen pro Gallone und entspricht einem Verbrauch von 2,35 Litern pro 100 Kilometer. Die rollenden Sparwunder beim X Prize dürfen nicht nur reine Machbarkeitsstudien sein, sondern müssen zahlreiche Sicherheitsanforderungen erfüllen und für die Serienproduktion geeignet sein.

Auch das TW4XP soll kein Einzelstück bleiben. „Die Grundlagen für Antrieb und Fahrwerk stehen“, sagt Martin Möscheid. Die Batterie will er noch in den Unterboden verlegen, um den Schwerpunkt nach unten zu verschieben. „Am Gewicht müssen wir ebenfalls arbeiten. Das Fahrzeug wiegt 675 Kilo, das ist zu schwer für einen Zweisitzer“, betont Möscheid. Das Serienmodell soll weniger als 500 Kilo auf die Waage bringen. Technisch sehen die Entwickler bei ihrem Stromer aber keine Hürden, die nicht in absehbarer Zeit überwindbar wären. Auch an der Idee, dass der Fahrer mit Pedalen zusätzlich Strom produziert und damit kleinere Energieverbraucher an Bord speisen kann, wollen die Hessen festhalten.

Das Problem ist wie bei so vielen Elektroauto-Projekten die Finanzierung. Die 400.000 US-Dollar Preisgeld, die der Automotive X Prize den Hessen beschert, decken kaum die Hälfte der bisherigen Investitionen. Immerhin hat Möscheid schon einige Partner ins Boot geholt. Der Wechselrichter des TW4XP zum Beispiel stammt vom Unternehmen LTi. Im kommenden Frühjahr soll der erste Prototyp des Serienmodells rollen, 2012 könnte dann eine Produktion von maximal 1000 Fahrzeugen starten. „Unser Zielpreis lautet 20.000 Euro pro Stück, aber das wird natürlich eine harte Nuss werden“, so Möscheid.

Auch wenn man sich beim TW4XP die emissionsarme Mobilität teuer erkauft, werden die Betriebskosten extrem niedrig sein. Den Energieverbrauch des Dreirads wollen die Entwickler von aktuell 12,5 kWh auf unter 10 kWh pro 100 Kilometer drücken, was etwa einem Liter Benzinverbrauch entspräche. Damit würde das Fahrzeug weniger Energie konsumieren als jedes herkömmliche Auto und wahrscheinlich sogar weniger als alle Elektro-Flitzer, die schon auf dem Markt sind.

Quelle: Autoplenum, 2010-10-21

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