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Testbericht

Wolfgang Gomoll, 11. Juli 2014
Die berühmten Taxis gehören zu London, wie Big Ben und der Buckingham Palace. Jetzt will eine indisch-englische Firma eine E-Version des legendären Personentransporters auf den Markt bringen.

Die südenglische Grafschaft Surrey steht für Lebensqualität. Hier hat die Schauspielerin Liz Hurley ihr Landhaus. Hier leben Pop-Stars wie Eric Clapton, Bryan Ferry, Ex-Beetle Schlagzeuger Ringo Starr und Phil Collins. Die Stars genießen die ruhige Beschaulichkeit der Landschaft. Das klassizistisch angehauchte Landhaus in dem Örtchen Mytchett verströmt genau diesen ehrwürdigen Charme. Geölte Holzdielen, fein gewebte Teppiche und ausladende Ledersessel. Einen dynamischen E-Auto-Bauer stellt man sich irgendwie anders vor. Eher antiseptisch, chromglitzernd turbulent. Doch der erste Eindruck täuscht. Hinter den verschlossenen Türen tüfteln findige Ingenieure an einem neuen London Taxi namens "The new Metrocab".

Hier hat die "Frazer-Nash-Entwicklungsabteilung" ihr Zuhause. Frazer-Nash? Fans klassischer Rennwagen erinnern sich sofort an die englische Sportwagen-Schmiede, die im letzten Jahrhundert Rennwagen baute und Ende der 1950er Jahre sang und klanglos von der Bildfläche verschwand. Bis der indische Geschäftsmann Kamal Siddiqi begann, sich in den 1980er Jahren, sich einen Bauchladen aus verschiedenen Autofirmen zusammenzukaufen. Die sollen mit elektrifizierten Antriebsträngen laufen. "Das fing vor 25 Jahren mit Gokarts an", erzählt Sohn Sheban Siddiqi. Was damals mit einer Bastelei anfing, soll heute in London für fast emissionsfreie Taxifahrten sorgen. "Wichtig ist die Skalierbarkeit", erklärt Sheban Siddiqi. Beim New Metrocab geht die Kraft der zwei bürstenlosen E-Motoren auf die Hinterachse. Diese Anzahl der Antriebsräder kann problemlos vervielfacht werden. Große Lkws mit zehn Rädern und Allradantrieb kein Problem. Ein digitales Differential, also Software, mit der die Räder einzeln angesteuert werden, hilft bei den Kurven. Schließlich ist für London Taxis ein Wendekreis von maximal 7,6 Metern vorgeschrieben. Angeblich wird der durch die Wendemöglichkeit vor dem mondänen Ritz-Hotel definiert. Das schafft das New Metrocab. Denn seit knapp zehn Jahren wird der Nachfolger des Transport-Klassikers schon entwickelt. Die beiden 50 kW (68 PS)-Triebwerke garantieren strammen Vortrieb. Kein Wunder bei einem maximalen Drehmoment von zweimal 1.400 Newtonmetern. Die Höchstgeschwindigkeit ist bei 130 km/h abgeriegelt.

Trotz seiner Länge von 4,91 Metern und des Leergewichts von 1.750 Kilogramm schieben die beiden E-Motoren kräftig an. Auch das digitale Differential funktioniert: Der Personentransporter geht entspannt um die Kurven. Das ist alles schön und gut. Für einen Taxifahrer ist wichtig, was unter dem Strich in der Geldbörse bleibt. Laut Sheban Siddiqi wird das E-Metrocab seinen Betreibern mehrere tausend britische Pfund im Jahr sparen. Mit einem Durchschnittsverbrauch von 3,8 l/100 Kilometer und einer CO2-Emission von weniger als 50 g/km unterbietet das neue London Taxi seinen Vorgänger in diesem Bereich um rund 75 Prozent. Die maximale Reichweite sollen 644 Kilometer sein.

Die beiden E-Motoren werden von einer 12.2-kWh-Lithium-Ionen-Batterie gespeist. Ein Dreizylinder-Bezinmotor sorgt dafür, dass der nicht der Saft ausgeht. Woher das Aggregat kommt, steht noch nicht fest. Führende Autobauer geben sich in Mytchett die Türklinke in die Hand. "Für welchen Motor wir uns entscheiden, steht noch nicht fest. Wir werden den nehmen, der für unser Konzept am besten ist", so Sheban. Die Ladezeit der Batterie beträgt rund fünf Stunden. Sinnigerweise liefert Frazer-Nash die Ladestation inklusive Solarstellen gleich mit. Bei den traditionell kritischen Londonern Taxlern, kommt das neue Taxi gut an. Für James Sinclair ist "dieses Taxi ist einen riesen Schritt nach vorne". Ein anderer will sogar seine Rente verschieben, um noch einmal in den Genuss zu kommen, "The New Metrocab zu pilotieren. Ganz entscheidend für den Erfolg des Personentransporters wird die Zuverlässigkeit der Technik sein. Die Londoner Taxifahrer sind bekannt dafür, ihr Arbeitsgerät hart ranzunehmen. Meistens wird das Auto 24 Stunden am Tag von verschiedenen Fahrern bewegt. Die ersten Tests im realen Fahrbetrieb sollen bald beginnen.

Die Form des Personentransporters orientiert sich an dem klassischen Vorbild: Hohes Dach, große Türen und keck dreinblickende runde Scheinwerfer. Die Form zeigt: Allzu viel optische Revolution will man den konservativen Taxifahrern nicht zumuten. Damit ist aber schon wieder Schluss mit den Gemeinsamkeiten. Beim Automobil verhält sich wie beim Sitz der Firma. Die etwas angestaubte Silhouette täuscht. Denn unter dem traditionell anmutenden Blechkleid steckt moderne Technik. Eine Luftfederung sorgt für Komfort und im Passagierraum herrscht keine Enge. Die Batterie befindet sich im Unterboden und der Motor so klein, dass die Motorhaube kürzer ist. Der Radstand von 3,18 Metern lässt schon opulenten Raum-Luxus vermuten.

Sechs Passagiere statt bisher fünf können im neuen London Taxi transportiert werden. Die haben auch mehr Platz als bisher. Selbst bei Vollbesetzung. Auf dem Ledergestühl lässt es sich bequem reisen. Die vorgeschriebene Rampe für Rollstuhlfahrer ist ebenfalls installiert. Auch der Lenker hat es bequem. Ein virtuelles Cockpit versorgt ihn mit den notwendigen Daten. Allerdings sind die Instrumente ziemlich klein. Im Gegensatz zu den Ambitionen der englisch-indischen Firma: Ab 2018 soll in der Londoner Innenstadt emissionsfreier Verkehr rollen. Dann will Frazer-Nash 3.000 bis 5.000 Taxis pro Jahr verkaufen. Später soll sich diese Zahl verdreifachen: Die wichtigsten Märkte sind neben Großbritannien, Asien und Australien, aber auch Frankreich und Deutschland. Für alle Fans klassischer englischer Sportwagen hat die Familie Siddiqi noch etwas in petto: Es soll einen neuen Bristol-Sportwagen geben mit mächtig PS geben. Der elektrifizierte Antrieb wird dem gleichen Konzept folgen, wie das "New Metrocab".

Quelle: Autoplenum, 2014-07-11

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