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Testbericht

Stefan Grundhoff, 31. März 2010

Ein Porsche 911 GT2 gehört zum schärfsten, was auf deutschen Autobahnen bewegt werden kann. Nicht für das Team von Techart. Der Leonberger Porsche-Tuner verleiht dem Straßenrenner ähnliche Flügel wie Red Bull seinen Konsumenten. Bitte anschnallen!

Bereits sein Radsatz sieht einfach nur martialisch aus. Gigantische Strahlen scheinen wie Messer aus den mächtigen Radkästen herauszustechen. Die graumetallic-farbene Karosserie des sportlichsten 911ers ist wohin man auch schaut von dunklen Kohlefaserelementen durchzogen. Der düstere Karbonstoff hat sich unter anderem über Motorhaube, Scheinwerfer- und Spiegelblenden sowie Flügel, Seitenschweller und Dachspoiler hergemacht. Kampfjet oder Rennwagen? Der GT Street RS muss keinen einzigen Meter fahren, um seinen Tatendrang eindrucksvoll zu unterstreichen. Jeder Betrachter sieht auf den ersten Blick, dass sich dieser Bolide am liebsten mit startenden Jets und nicht gewöhnlichen Sportwagen messen möchte.

LED-Leuchtstäbe teilen die gigantischen Lufteinlassöffnungen in der Frontschürze. Diese ist so tief, dass das Ausweichen an jeder Verkehrsberuhigungsmaßnahme zur echten Aufgabe wird. Der optionale Nasenlift ist dabei eine feine Erfindung – sorgt er doch dafür, dass die Karbonlippe weitgehend unbeschadet bis zum nächsten Auftritt auf dem Rundkurs hält, was sie verspricht. Die kleinen Leuchtstäbe in der Schürze sind wahre Wunder der Lichttechnik. Die schmale Systemeinheit kombiniert Tagfahr-, Stand-, Parklicht und Blinkleuchten in einem gemeinsamen Gehäuse. Die Leuchtstärke passt sich dabei automatisch der gewählten Fahrlichtschaltung an. Darüber hinaus wird das Tagfahrlicht zur besseren
Signalwirkung der Blinkleuchten während des Abbiegevorgangs gedimmt. Derart viel Hightech hätte man allenfalls von Sicherheitspionieren wie Mercedes oder Volvo, nicht aber von einem Nobeltuner wie Techart erwartet. Doch auch hier hat längst der Hightech eingehalten.

Techart mit Sitz im beschaulichen Leonberg liegt gerade einmal elf Kilometer von der Porsche-Firmenzentrale in Stuttgart-Zuffenhausen entfernt. Demjenigen, dem ein noch so scharfes Original-Modell zu dröge ist, kommt in Leonberg vorbei und lässt hier nachschärfen; Optik, Räder, Motorkits oder Komplettumbauten. „Wir haben unter den Porsche-Tunern einen Marktanteil von 40 Prozent“, erzählt der Marketingverantwortliche Alexander Kienborn, „allein hier am Standort arbeiten 80 hoch qualifizierte Leute. Zudem vertreiben wir unsere Fahrzeuge mit rund 30 Händlern weltweit.“ Die Hauptmärkte für Techart-Porsche sind in Europa und den USA. Der Kunde, der sich einen Techart-Porsche kauft, will sich von der Masse abheben. „Ein Porsche ist heute nicht mehr außergewöhnlich“, so Techart-Geschäftsführer Thomas Behringer, der die Firma vor 23 Jahren gründete, „genau das ist unser Geschäft. Rund 15 bis 20 Prozent der Porsche-Kunden wollen mehr Individualität.“ Das Hauptgeschäft von Techart ist der Cayenne, der als „Magnum“ einen hauseigenen Marktanteil von mehr als 50 Prozent hat. Doch das beste Pferd im exklusiven Stall ist der Porsche 911 Techart GT Street RS.

Der von Techart zum GT Street RS umgebaute 911 GT2 ist kein Auto für den Straßenverkehr. Er gehört auf die Rundstrecke. Hier kann er seine kaum vorhandenen Gegner das Fürchten lehren und zum Wimmern in die Boxengasse schicken. Durch aufwendige Umbaumaßnahmen an Triebwerk und Aufladung wurden aus den alles andere als schwächlichen 530-Serien-PS eine Maximalleistung von 515 KW / 700 PS und 860 Nm. Möglich machten dies insbesondere Veränderungen am doppelten Turbolader. Ansaugrohre aus Karbon und ein leistungsstärkerer Ladeluftkühler verleihen dem ehemaligen GT2 nicht nur optisch wahre Flügel. Damit die Boden-Boden-Rakete aus Leonberg auch im schmalen Grenzbereich auf dem Asphalt bleibt, hat Techart bei der Konstruktion des GT Street RS viel Detailarbeit geleistet. „Die Universität in Stuttgart hat einen der modernsten Windkanäle in Deutschland“, so Entwicklungs-Chef Martin Schmidt, „hier stimmen wir Fahrzeuge wie den GT Street für die hohen Geschwindigkeiten ab.“

Der doppelte Turbo bollert ab mittlerem Drehzahlniveau lautstark im Heck los. Veränderungen an Ansaugtrakt und eine neue Auspuffanlage sorgen nicht nur für entsprechenden Drang nach vorn, sondern auch einen begeisternden Sound. Wenn das maximale Drehmoment von bis zu 860 Nm bei 4.500 U/min erst einmal die Hinterachse in seiner Gewalt hat, gibt es kein Halten mehr. Der Techart-Porsche donnert los, wie von der Tarantel gestochen. Das aufwendige Feilen an der Aerodynamik zahlt sich aus. Schließlich soll bei Geschwindigkeiten über 250 nichts schiefgehen. Je nach Getriebeauslegung schafft das Geschoss bis zu 350 km/h. Da zählen jedes Zehntel und jedes Gramm. Der Ausflug in den Stuttgarter Windkanal brachte nennenswerte Ergebnisse. Beim zahmen Autobahntempo von 140 km/h brachten die Modifikationen je zehn Kilogramm Abtrieb an Vorder- und Hinterachse. Das garantiert Spurstabilität im Grenzbereich.

Das Herzstück eines GT2 ist sein 3.6 Liter große Sechszylinder-Boxer – das ist bei der veredelten Techart-Version GT Street RS nicht anders. Gleich danach kommt der imposante Heckflügel, der die zeitlose Silhouette eines 911ers zwar nachdrücklich verunglimpft, jedoch für Sicherheit auf der Straße und Bestleistungen auf der Piste unerlässlich ist. Er besteht beim Street RS ebenfalls aus ebenso leichter wie hochfester Kohlefaser. Aerodynamik-Finessen in Form von Winglets und blumig benannten Gurney Flaps stehen an sich nur für eines: maximalen Anpressdruck, um die üppige Leistung auf die Straßen zu brennen. Kaum weniger spektakulär als das Leitwerk selbst sind die düsteren Luftaustrittsöffnungen, in Heckdeckel und Schürze, die die Abwärme wie bei einem Jetstream nach außen bringen.

Den Fahrer ficht kaum an, was hinter seinem 911er abgeht. Überholen kann angesichts dieser Leistungsdaten sowieso nur der, dem dies huldvoll eingeräumt wird. Der rennerfahrene Pilot genießt die messerscharfe Lenkung und die knackig-knochige Handschaltung, mit der es Profis gelingt, den Spurt 0 auf 100 km/h in 3,4 Sekunden zu erledigen. Nach nicht einmal zehn Sekunden zerbröckelt die 200er-Marke. Bei diesem Tatendrang geht es nicht nur um das Triebwerk, sondern insbesondere um die Abstimmung von Federn und Dämpfern. Das Fahrwerk des GT Street ist straff, jedoch derart bockelhart wie man es bei einer Rennversion erwarten würde. Die Schalensitze geben den von ihnen verlangten Seitenhalt. Das Wildledersteuer sorgt dafür, dass die schweißnassen Hände bei den ersten Leistungsausbrüchen für Piloten und Beifahrer nicht in einer Katastrophe enden.

Wer unbedingt will, kann seinen mit Testosteron voll gepumpten Boliden daher durchaus auf normalen Straßen bewegen. Doch wirklich Spaß macht der Techart eben nur auf dem Kurvenoval oder topfebenen Landstraßen. Wem ein Porsche 911 GT2 zu langweilig und ein Werkstuning zu normal ist, der kommt an der rund 330.000 Euro teuren Techart-Version des GT Street RS nur schwer vorbei. Und falls es doch einen Hauch weniger sein darf: Techart bietet den GT Street RS auch in einer zahmen Version an. Hier muss sich der Pilot mit 580 PS und 800 Nm Drehmoment begnügen. Doch wenn schon – denn schon. Also lieber gleich den großen.

Quelle: Autoplenum, 2010-03-31

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