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Testbericht

Stefan Grundhoff, 8. Juli 2015
Fast zwei Jahrzehnte lang erfreuten sich Klappdächer bei Cabriofans größter Beliebtheit. Doch die Zeit der festen Hüte scheint vorbei zu sein. Stoffmützen liegen wieder mehr im Trend denn je.

Oben ohne an der Münchner Isar, im Berliner Tiergarten oder entlang der weniger sonnenverwöhnten Elbe? Alles heute längst kein Problem mehr. Topless ist auch in den deutschen Innenstädten mehr "in" denn je. Bei den Autos sieht das ganz anders aus. Cabrios und Roadster stehen sich bei den Händlern oftmals die breiten Reifen, elegant auf Alufelgen gespannt, platt. Ausnahmen sind der immergrüne und jüngst neu aufgelegte Mazda MX-5, der offene BMW 2er oder Opel Cascada - alle drei verzichten auf Klappdächer, sondern setzen auf feinen Stoff. Luxuskunden warten sehnlichst auf das Mercedes S-Klasse Cabrio, den offenen GT AMG Roadster oder das nächste Audi A5 Cabrio, das 2016 seine Premiere feiern wird. Auch diesen Modellen gemein ist die bestoffte Kopfbedeckung, denn ein festes Klappdach sucht man bei allen Derivaten vergeblich.

Auch die offenen Porsche-Modelle Boxster und 911 Cabrio sind seit Jahr und Tag mit einer schicken Stoffmütze unterwegs. Beim offenen Elfer gilt das jedoch nur auf den ersten Blick. Denn unter dem Bezugsstoff besteht das bis zu einer Geschwindigkeit von 50 km/h zu öffnende Flächenspriegelverdeck aus vier großen Dachsegmenten, die sich per Knopfdruck kunstvoll entfalten. Die Hightech-Spriegel bestehen aus Magnesium, die Verdeck-Lenker aus ebenso leichtem wie hochfesten Aluminium. Das Dach selbst ist daher eine Mischung aus Stoffhut und Klappdach. 13 Sekunden dauert es, bis der 911er den vollautomatischen Striptease hingelegt hat. Auch bei anderen Herstellern überlegt man, die Symbiose aus Stoffdach und festen Dachelementen für die kommenden Generationen zu nutzen. Im Gespräch sind hier unter anderem die offenen Versionen von Mercedes C- / E-Klasse, BMW 4er und Audi A5. Auch der nächste Mercedes SL soll ein Stoffdach bekommen wie der einst beliebte R 129, der 2000 auslief. Die Modellpflege des aktuellen Mercedes SL wird es jedoch beim Klappdach belassen, obschon sich dieses nur im Stand öffnen und schließen lässt.

Der Grund für den Trend hin zurück zur echten Stoffmütze liegt auf der Hand. Diejenigen, die sich für ein Cabriolet interessieren, wollen auch bei geschlossenem Dach zeigen, dass sie ein echtes Cabrio und kein Coupé bewegen. Der Klappdachtrend, der Mitte der 90er Jahre mit Mercedes SLK und dem Peugeot-Doppelpack aus 207cc und 307cc begann, ist Vergangenheit und hat seine Berechtigung heute fast nur noch bei offenen Doppelsitzern. Damals ging es um größere Volumina, da die Klappdachcabrios als vollwertige Erstfahrzeuge gekauft wurden. Heute bewegen viele die deutlich kleiner gewordene Anzahl von rollenden Sonnenterassen als Zweit- oder Drittwagen. Der einstige Cabriomassenhersteller Peugeot hat beispielsweise gar kein Cabrio mehr im Angebot. Auch Ford, Volkswagen, Mitsubishi, Volvo oder Nissan zogen die meisten ihrer offenen Modelle zurück und ersetzten diese durch beliebte SUV-Allzweckwaffen.

Die Cabrios von einst hatten Mützen aus PVC oder Stoff. Bei höheren Geschwindigkeiten blähte sich das Dach auf und Waschstraßen waren besser tabu. Bei einem Cabriolet allein mochte es in den späten 90ern auf einmal kaum noch ein Hersteller belassen. Coupé-Cabriolet hieß der zauberhafte Begriff, der eigentlich nur sagen möchte: Ich kann alles! Immer und überall! Die ersten Klappdach-Cabrios gab es bereits vor dem zweiten Weltkrieg mit dem Peugeot 402 / 403, aber erst mit dem 1996 vorgestellten Mercedes-Benz SLK begann eine neue Ära. Auf den hochpreisigen Schönling aus Stuttgart folgte zwei Jahre später der Peugeot 206 cc. Alles in allem das gleiche Konzept, nur eine ganze Ecke günstiger. Und von immensem Erfolg gekrönt. Die neuen Stars heißen über Nacht BMW 3er Cabriolet, VW Eos, Mitsubishi Colt CZC, Opel Astra TwinTop und Ford Focus CC. Sie lösten die Stoffdächer so konsequent ab, wie einst die Hartschalenkoffer die reisenden Lederungetüme aus den 50er und 60er Jahren. Präsentierten sich die kleineren Vertreter wie Peugeot 207 CC oder Opel Tigra TwinTop mit dem Klappdach zumeist noch recht ansehnlich, offenbarte das Konzept bei größeren Modellen schnell optische Nachteile. Gerade bei Karosserievarianten wie dem Opel Astra TwinTop, dem unansehnlichen Nissan Micra Cabrio oder dem Focus CC wünschen sich nicht wenige Cabriofans, die Hersteller hätten nicht auf Teufel komm raus das Stoffdach abgeschafft.

Die Vorteile der Coupé-Cabrios waren unbestritten. Das feste Dach bedeutete uneingeschränkte Ganzjahrestauglichkeit, günstigere Versicherungstarife und zumindest in geschlossenem Zustand beschneidet kein Verdeckkasten den Kofferraum. Doch modernste Stoffdach-Cabrios haben im direkten Vergleich keine nennenswerten Nachteile mehr. Zudem sind die Wärme- und Geräuschdämmungen der Stoffmützen mittlerweile denen der Klappdächer überlegen. Das Auge isst bekanntlich auch mit, und Cabriofahrer sind nicht selten ästhetikverliebte Genussmenschen. Doch gerade die Mittelklasse-Cabrios der 2000er-Jahre trugen mitunter unansehnliche Hinterteile mit sich herum. Irgendwo muss das klappbare Hartschalendach schließlich untergebracht werden.

Das wurde gerade bei den kleinen Cabrios ein Problem. Der ehemalige Mitsubishi Colt CZC hatte hinten herum ein paar Kubikzentimeter zu viel auf den Backen; der offene Nissan Micra ebenso. Weiterer, grundsätzlicher Nachteil von Klappdächern: Die meist weit nach hinten gezogenen Windschutzscheibenrahmen beeinträchtigen nicht nur die Frischluftzufuhr. Sie eignen sich auch ganz hervorragend dazu, sich beim Ein- und Aussteigen schmerzhaft die Stirn anzustoßen. Einige Hersteller wie Porsche, Jaguar oder Audi blieben standhaft und setzten sogar ihren doppelsitzigen Roadstern TT, F-Type oder Boxster keine Hartschalenmütze auf. Opel ruderte als einer der ersten zurück und zeigte mit dem Opel Cascada, wie sexy Textil sein kann. Anzunehmen, dass den Rüsselsheimern selbst Premiumhersteller wie Mercedes oder BMW folgen.

Quelle: Autoplenum, 2015-07-08

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