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Testbericht

Marcel Sommer, 3. Juni 2014
Eine Fahrt im Rolls-Royce Silver Cloud I bleibt auf ewig unvergessen. Erst recht, wenn auf der beliebten Couch im Fond gereist wurde.

Mit der Fahrzeugmarke Rolls-Royce verbinden die meisten Menschen Luxus. Den puren, für nahezu jeden unbezahlbaren Luxus. Dagegen kann und wird niemals jemand etwas entgegnen können. Doch was ist in diesem Falle eigentlich mit Luxus gemeint? Das Offensichtlichste liegt hier selbstverständlich auf der Hand: der Fahrzeugpreis. Autos, für deren Preise jeder auch ein Einfamilienhaus erstehen könnte, dürfen ruhig in die Kategorie des Luxus fallen. Und auch die Tatsache, dass so gut wie alles bei einem Rolls-Royce individualisiert werden kann und natürlich auch bezahlt werden muss, ist Luxus. Schön und gut, aber was, wenn der Käufer solch ein fahrendes Individuum besitzt? Er genießt es. Und dass nicht erst seit heute. Denn der wahre Luxus eines Rolls-Royce eröffnet sich einem erst auf einer ausgiebigen Testfahrt. Ob dabei das Exemplar mit der berühmtesten Kühlerfigur der Welt, der Spirit of Ecstasy, aus diesem oder dem vergangenen Jahrtausend stammt, ist völlig unerheblich. Erst recht, wenn wie beim Rolls-Royce Silver Cloud I Drophead Coupe mit einer Karosserie der Firma H. J. Mulliner und Co. aus dem Jahre 1957, der beliebteste Platz auf der breiten Couch im Fond besetzt werden darf.

Bevor der Fahrer dem letzten Reihensechszylindermotor der Marke Rolls-Royce den Befehl zum Fluten der 4.887 Kubikzentimeter großen Brennkammern geben kann, muss erst das Zündschloss gefunden werden. In der Mitte des Cockpits, also links vom rechts positionierten Lenkrad, fündig geworden, erweckt ein leichter Dreh am unscheinbar wirkenden Schlüssel den blubbernden Herzschlag des in Wedgewood Blue lackierten Cabrios. Zum luxuriösen Dahingleiten gehört in vielen Fällen ein sanft die Gänge wechselndes Automatikgetriebe. Daher wundert es nur wenig, dass genau dies auch im damals knapp 60.000 DM und heute 300.000 Euro teuren Oldtimer der Fall ist.

Wer sich im 155 PS starken und bis zu 170 Kilometer pro Stunde schnellen Luxus-Cabrio chauffieren lässt, erfährt am eigenen Leib, was den Mythos Rolls-Royce seit jeher am Leben hält. Wie auf einer rund 1,7 Tonnen schweren Wolke trägt die mit einem hellgrauen Leder bezogene Couch im Fond seinen Besetzer. Dass im Jahr seiner Schöpfung an Sicherheitsgurten wenn überhaupt geforscht wurde, macht mit der Hoffnung auf einen guten Fahrer im Hinterkopf, dieses Mal nichts. Ganz im Gegenteil: Schuhe aus, zur Sonne ausrichten und Beinehochlegen ist angesagt.

Ein wenig seltsam, aber irgendwie auch Erinnerungen weckend schaut ein Blick über die Schulter des Chauffeurs aus. Denn der scheint, selbst auf einer kerzengeraden Strecke mit zunehmendem Tempo mehr und mehr am Lenkrad arbeiten zu müssen. Ein paar Augenblicke und ein Platzwechsel später wird deutlich, warum das so ist. Wie in uralten Hollywoodstreifen, in denen die Autoszenen oft vor einer Filmtapete gedreht wurden, verlangt die Lenkung dem Fahrer des 5,40 Meter langen und 1,90 Meter breiten Rolls-Royce ununterbrochen Richtungskorrekturen ab. Im Zusammenhang mit dem zwar griffigen, doch im Vergleich zu heutigen Standards sehr dünnen Lenkrads, wächst das Verständnis für die allseits belachten und spießigen Autofahrerhandschuhe von Kilometer zu Kilometer.

Wer jetzt glaubt, dass eine labbrige Lenkung, fehlende Sicherheitsgurte und eine ganze Menge Jahre auf dem Buckel den Fahrer des Rolls-Royce daran hindern können, ihm die Sporen zu geben, der irrt gewaltig. Selbst Neuwagenfahrer wundern sich, wenn in Bergauf-Serpentinenpassagen immer wieder ein altes Schätzchen im Rückspiegel formatfüllend auftaucht. Per Automatik-Lenkstockhebel den zweiten Gang einlegen und die blaue Wolke beginnt das Fliegen. Einzig auf den Bergabpassagen muss sich deutlich mehr in Zurückhaltung geübt werden als noch während des Gipfelsturms. Die Hinterradbremsen sind kombinierte hydraulische und mechanische Bremsen mit getriebegesteuerter Servounterstützung, die mit den aktuellen Bremsanlagen bei weitem nicht mithalten können.

Das Schöne an der Fahrt in einem echten Mythos muss aber nicht nur die eigene Freude sein. Fast jeder Verkehrsteilnehmer dreht sich nach dem stählernen Sonderling um, reckt seine Daumen nach oben oder ruft im Vorbeifahren ein paar Komplimente in den Innenraum. Wird einem unglaubwürdig schauenden Auserwählten angeboten selbst einmal Platz im Rolls-Royce zu nehmen, stehen die Chancen des Gönners sehr gut, mit einer Kleinigkeit in Form einer Schale Erdbeeren oder sonstig Greifbarem belohnt zu werden. Erst recht, wenn der Glückspilz sich der Chance bewusst ist, jemals wieder auf einen echten Rolls-Royce Silver Cloud I Drophead Coupe mit Mulliner-Karosserie zu treffen - denn die ist bei lediglich 22 gebauten Exemplaren verschwindend gering.

Quelle: Autoplenum, 2014-06-03

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