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Testbericht

Marcel Sommer, 9. Juli 2013
Eine Ausfahrt in einem der teuersten Cabrios der Welt kann zu einer spirituellen Erfahrung der ganz besonderen Art werden. Das Rolls-Royce Drophead Coupé ist weit mehr als nur ein Auto.

"Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein. Alle Ängste, alle Sorgen, sagt man, blieben darunter verborgen und dann - würde, was uns groß und wichtig erscheint, plötzlich nichtig und klein." Wer bei diesen schwülstigen Zeilen aus der Feder von Liedermacher Reinhard Mey an einen Flug in einem Flugzeug denkt, liegt völlig richtig. Allerdings gibt es auch auf Mutter Erde Situationen, die sich mit eben jenen Zeilen vortrefflich beschreiben lassen. Eine davon ist die Fahrt in einem der teuersten und exklusivsten Cabrios der Welt: dem Rolls-Royce Drophead Coupé.

Wer jetzt glaubt, dass lediglich der Preis, der bei 452.200 Euro beginnt, für ein erhabenes Gefühl sorgt, der irrt gewaltig. Zugegeben, allein für die rund 72.000 Euro anfallende Mehrwertsteuer gibt es auch in deutschen Autohäusern äußerst sehenswerte Fahrzeuge. Doch ein Rolls-Royce Phantom Drophead Coupé überzeugt durch ganz andere, auf den ersten Metern bereits erfahrbare Werte. Nicht ohne Grund zählen beziehungsweise zählten stets modebewusste Prominente zu seinen Besitzern: Fußball- und Werbestar David Beckham, Musiker wie Lil Wayne, Sean Diddy Combs, besser bekannt als Puff, P. oder einfach so Diddy sowie der Anfang 2005 verstorbene Modedesigner Rudolph Moshammer. Wenn Geld überhaupt keine Rolle spielt, kommt das Phantom Drophead Coupé bevorzugt ins Spiel.

Einer der Gründe: Der Anblick des 5,61 Meter langen, 1,99 Meter breiten und 1,57 Meter hohen Straßenkreuzers wirkt auf Anhieb. Erscheint die schier aus einem Kühlergrill bestehende Front im Rückspiegel des Vorausfahrenden, wechselt dieser automatisch die Spur. Ob es die Angst ist, auf dem für mindestens 50 Würstchen perfekt bemessenen Grill geschmort zu werden, oder die pure Neugier, welcher Superstar oder welches Mitglied des Königshauses da wohl drin sitzt - wer weiß. Die Anzahl der aus dem Nichts emporschießenden Kamera- und Handylinsen spricht jedoch für letztere Vermutung. Dieses Hochgefühl der ungetrübten Aufmerksamkeit führt gleichermaßen dazu, die eigene Sichtweise gegenüber den übrigen Verkehrsteilnehmern drastisch zu überdenken. Um es in den Worten Reinhard Meys zu sagen, wird alles was groß und wichtig erscheint, plötzlich nichtig und klein. Ein Porsche 911 Turbo, ein SLS aus dem Hause Mercedes-Benz oder gar ein Bentley - sie alle haben verloren. Verloren an Reiz, an Wert, an nahezu allem, was zuvor noch zählte. Solange nicht ein Maybach Landaulet oder ein dachloser Bugatti Veyron den Weg kreuzen, bleibt der offene Rolls-Royce der Star auf dem Asphalt.

Neben seiner Aura überzeugt der Viersitzer aber auch in der Disziplin, in der sich jedes Auto messen lassen muss: dem Fahren selbst. Bereits der Einsteigevorgang ist unvergleichlich. Gegenläufige, von selbst schließende Türen, die sowohl den Weg auf die vorderen Sitzplätze als auch in den begehrten, loungeartigen Fondbereich freigeben. Gefühlt knöchelhohes Lammfell im Fußraum, der dank des 3,32 Meter langen Radstandes sehr großzügig ausfällt. Und eine Federung, die mit nahezu keinem anderen Fahrzeug vergleichbar ist. Hinzu kommt ein Motorengeräusch, das schnell den Eindruck vermittelt, unter der endlos wirkenden und von der berühmten "Spirit of Ecstasy" gekrönten Motorhaube arbeite lediglich eine Batterie. Es gibt Elektrofahrzeuge, die produzieren mehr Störgeräusche. Und dass, obwohl beim 2.630 Kilogramm schweren Rolls-Royce Phantom Drophead Coupé ein 6,75 Liter großer Zwölfzylindermotor mit jeder Menge Benzin geflutet wird. Doch selbst beim obligatorischen Tempo-100-Spurt, den er in 5,8 Sekunden meistert, ist von dem 460 PS starken Ungetüm nichts zu hören. Ordentlich auf die Ohren gibt es lediglich bei Geschwindigkeiten von über 100 Kilometern pro Stunde, sollte das edle Verdeck eingefahren worden sein. Ein Gespräch zu führen ist bei spätestens 160 Sachen nicht mehr möglich. Und wer die 240 Kilometer pro Stunde Spitzengeschwindigkeit abrufen möchte, der sollte zumindest für dieses Vorhaben das Dach schließen.

Auf den beiden leicht erhöhten Logenplätzen im Fond lässt es sich bis zur 100-er Markierung auf dem klar strukturierten Tachoblatt majestätisch thronen. Kein Ruckeln der Achtgang-Automatik, keine Schläge ans Rückgrat durch Schlaglochdurchfahrten - wer einmal hinten sitzen durfte, möchte selten den Platz wieder hergeben. Auch wenn die seitlichen Wankbewegungen an einen Kreuzer bei rauer See erinnern, das Hochgefühl überwiegt. Neben dem Schwanken wirkt auch der über 13 Meter große Wendekreis, als wenn hier kein Auto, sondern ein Luxusliner manövriert werden müsse. In Anbetracht dieser Vergleiche wirkt der Durchschnittsverbrauch von 14,8 Litern auf 100 Kilometern fast schon gering. Gar nicht gering ist die Anzahl der per Knopfdruck zu öffnenden Fächer, wovon eines, das Verborgenste, die magischen Knöpfe zum Heraus- und Hereinfahren der 223 Gramm leichten Kühlerfigur mit dem deutschen Spitznamen Emily freigibt.

Fast alle übrigen Schalteinheiten glänzen dank Chrom und Edelstahl und sind von edlen Materialien wie Holz oder Leder umrahmt. Einzig die Verstellräder für die Klimaanlage sind in schwarzem, gar nicht edel daherkommendem Plastik gehalten. Und wer genau hinschaut, macht an heißen Tagen Bekanntschaft mit schwitzenden Edelstahl-Luftaustrittsdüsen. Ein Muss in diesem Preissegment ist eine Analoguhr an prominenter Stelle in der Mittelkonsole. Doch auch sie verschwindet per Knopfdruck und weicht einem modernen 8,8 Zoll großen Bildschirm, der aufmerksamen BMW-Fahrern durchaus bekannt vorkommt. Was BMW-Besitzer wiederum nicht kennen werden, ist der ungläubige Gesichtsausdruck, wenn sie Passanten fragen, ob sie sich denn mal in das von ihnen so beglotzte und fotografierte Fahrzeug setzen möchten. Die Antwort fällt fast immer gleich aus: Sie gehen einen Schritt zurück und schütteln verlegen den Kopf. Die Angst, mit den Knöpfen der Jeanshose einen Schaden im fünfstelligen Bereich ins Leder oder den Lack zu ritzen, ist einfach zu groß. So bleibt mehr Zeit für den Fahrer selbst, das dünne aber unglaublich große Lenkrad festzuhalten und mit offenem Verdeck den, in den wenigsten Fällen finanziellen, Ängsten und Sorgen davon zu fahren.

Quelle: Autoplenum, 2013-07-09

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