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Testbericht

Sebastian Viehmann, 5. Oktober 2011
Sein Name klingt wie ein Druckfehler, doch den Porsche 912 gab es wirklich. Mit vier statt sechs Zylindern war er die Sparversion des 911er. Noch heute braucht ein 912 vor allem eins: Drehzahl.

Knirschend springt der zweite Gang des hakeligen Getriebes in Position, ein Tritt aufs Gaspedal lässt den Porsche-Motor aufheulen. Die Nadel des Drehzahlmessers wandert von der 3000 langsam zur 5000, der Wagen legt sich in die Kurve. Hier fühlt sich der Porsche 912 ganz in seinem Element, auch wenn er mittlerweile 45 Jahre auf dem Buckel hat. Niedertouriges Fahren verträgt der Oldie aus Porsches Klassiker-Fundus gar nicht, manchmal machen die kapriziösen Vergaser Ärger. So fühlt er sich vor allem bei schneller Fahrt wohl – wie jeder Sportwagen. Und wie es sich für einen Klassiker aus Zuffenhausen gehört, benötigt man ein bisschen Gefühl am Gaspedal, um das Heck in Zaum zu halten.

Dass sich der Porsche so verausgaben muss, hat einen einfachen Grund: Statt sechs Zylindern sind nur vier zum Box-Training im Heck angetreten. Der Wagen sieht aus wie ein normaler 911er, doch der Schriftzug am Heck verrät den 912er. Der Wagen kam 1965 als günstige Alternative zum 911 auf den Markt, der ein Jahr vorher den 356 abgelöst hatte. Der Vierzylinder-Boxer des 912 stammte vom Porsche 356 C, hatte 1582 Kubikzentimeter Hubraum und 90 PS – das waren 40 Pferdchen weniger als beim damaligen 911er mit zwei Litern Hubraum. Im Vergleich zum 911 S mit 160 PS sah der 912 geradezu schwachbrüstig aus.

Immerhin war der 912 etwas leichter als sein potenter Bruder, statt 1095 brachte er nur 995 Kilogramm auf die Waage. Doch die Fahrleistungen sprachen für sich: 13,5 Sekunden brauchte der 912 für den Spurt von 0 auf 100 Km/h, der 911er knackte die 100er Marke je nach Modell und Getriebe schon nach acht bis elf Sekunden. Während die Sechszylinder-Porsche spielend die 200 Km/h-Latte übersprangen, endete der Vorwärtsdrang des 912 bei 183 Sachen.

Doch Leistung war selbst in den 60er Jahren nicht alles, als sich Playboys am Porsche-Volant noch keine Gedanken über Spritverbrauch und Tempolimit machen mussten. Der 912 machte den Traum vom schicken Sportwagen etwas erschwinglicher, denn er kostete bei seiner Markteinführung im April 1965 nur 16.250 D-Mark. Den 911er gab es erst ab 21.900 Mark. Dafür war der 912 nicht nur unter der Haube kastriert und musste den alten Motor des 356 auftragen, den man zugunsten der Langlebigkeit auch noch um fünf PS betrogen hatte – der 356 1600 SC hatte sich noch über 95 Pferdchen freuen dürfen. Einfacher ausgestattet war der 912 obendrein, die sportliche Uhrensammlung im Cockpit mit ihren fünf Rundinstrumenten zum Beispiel kostete extra. Wer auf den Verbrauch achtete, sparte mit einem Durchschnittsdurst von 12 Litern auf 100 Kilometer immerhin mehr als zwei Liter im Vergleich zum 911er ein.

Mitte der 60er Jahre war ein 912 aber auch mit seinen 90 PS durchaus ein konkurrenzfähiger Sportwagen, vor allem unterschied er sich optisch fast gar nicht vom 911er. Erstaunlich vielen Kunden kam es genau darauf an, was den Verkaufserfolg des 912 erklärt. Bis zur Einstellung der Produktion im Jahr 1969 liefen mehr als 30.000 Stück vom Band, davon 2544 Targa-Versionen. Zeitweilig überflügelte die Produktion die des 911er um das Doppelte.

Das Ende des 912 läutete Porsche mit dem 911 T ein, der 1967 erschien und eine auf 110 PS abgespeckte Version des 911er darstellte – aber immerhin mit Sechszylinder-Boxer samt entsprechender Soundkulisse. Mit 19.000 D-Mark war der Neuling 1967 nicht viel teurer als ein 912, dessen Preis auf 17.000 gestiegen war. Es war also keine Überraschung, dass das Interesse am Vierzylinder-Porsche schnell abebbte und man das Modell in Zuffenhausen schließlich ganz kippte.

Die Idee vom Spar-Porsche war aber nicht totzukriegen, zumal der 912 auf dem wichtigen US-Markt großen Anklang fand. Der amerikanische Rennfahrer Mark Donohue verglich für die Zeitschrift Car & Driver den 912 mit seinem großen Bruder 911 und war nicht nur vom Handling des Wagens begeistert: „Man muss Porsche dafür bewundern, dass sie so viel aus so einem relativ kleinen Motor herausholen“, so Donohue.

In den 70er Jahren nach der Ölkrise schickte Porsche mit dem 912 E erneut einen Vierzylinder ins Rennen. Der Boxer leistete magere 87 PS, während ein normaler 911er damals 165 und ein 911 Turbo sogar 260 PS vorweisen konnte. Den 912 E gab es nur in den USA von 1975 bis 1976, und es brauchte schon den amerikanischen Way of Drive mit gemütlichen Cruisen mit 55 Meilen pro Stunde (89 km/h) – so schnell durfte man damals im Sonnenstaat Kalifornien noch fahren – damit nicht auffiel, was für eine lahme Ente das E-Modell war. Den Motor lieh sich der Wagen vom Porsche 914, in dem die Zuffenhausener ebenfalls Sportlichkeit mit vier Töpfen verbanden.

Quelle: Autoplenum, 2011-10-05

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