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Testbericht

Sebastian Viehmann, 23. Dezember 2010
Ein Porsche Cabrio ist ein schönes Freiluft-Vergnügen, doch noch faszinierender waren stets die seltenen Speedster-Varianten. Ein Ausritt im 911 Speedster von 1989.

Eine kurvenreiche Küstenstraße, Sonne satt, ein laues Lüftchen und das kraftvolle Singen des Boxermotors im Heck. Wenn jetzt noch Phil Collins „Another Day in Paradise“ aus dem Stereo-Kassetten-Radio schmettert, ist der Fahrgenuss im 911 Speedster aus dem Jahr 1989 perfekt. Das Cockpit ist mit schwarzen Kunststoffen vollgepflastert, und die Schalter sind wild in der Gegend verstreut - eine Porsche-Spezialität der 80er. Der Speedster bewegt sich kaum anders als das gewöhnliche 911 Cabriolet. Die Frontscheibe ist kürzer und flacher, die Seitenscheiben ebenso. Aber sie haben sich sowieso in die Tür verabschiedet. Dass sie mit Fensterkurbeln zu bedienen sind, ist in dieser Klasse auch im Jahr 1989 schlicht peinlich.

Der Fahrtwind düst über die kurze Scheibe und wütet kräftig in der Haarpracht. Der Motor ist längst warm, und so werden die 231 Pferde allzu gerne von der Leine gelassen. 0 auf 100 km/h in kaum mehr als sechs Sekunden ist eine Messgröße, die nur Buchhalter mit feuchten Porsche-Träumen interessieren können. Die 284 Nm zeigen den Puristen bei jedem Kurvenausgang, was es heißt, mit einem solchen Heckmotor gekrönt zu sein.

Der Porsche Speedster ist nichts für die Autobahn. Hier wird es ohrenbetäubend laut, und mit geschlossener Stoffmütze ist sowieso kein Staat zu machen. Stattdessen betören auf kurviger Strecke die direkte Lenkung, der bullig sägende Sound und ein Heck, das im Grenzbereich allzu bereit ist zu schwänzeln. Die Kraftentfaltung begeistert auch nach über 20 Jahren. Dass das Getriebe gerne noch einen sechsten Gang vertragen könnte, bleibt auf der Landstraße eine Randerscheinung.

Eigentlich schade, dass der 911 Speedster (G-Modell) 1989 nur ein halbes Jahr lang gebaut wurde. Er bleibt einer der seltensten Vertreter seiner Art – genau wie sein legendärer Vorgänger Porsche 356 Speedster. Das Fahrzeugkonzept folgte einer Devise von Ferry Porsche. „Fahrspaß wird nicht durch Komfort erzeugt“, glaubte der Sportwagen-Konstrukteur. So war der erste Speedster von 1954 Porsche in Reinform: 760 Kilo Lebendgewicht, leichte Schalensitze, Kunststoff-Seitenscheiben. Eine superkurze Windschutzscheibe und ein flatterndes Notverdeck konzentrieren die Aufmerksamkeit des Piloten allein auf die Straße. Luxusextras durfte der Wagen schon deshalb nicht haben, weil Porsche ihn in den USA für 3000 US-Dollar verkaufen wollte.

Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten holte man sich auch die Inspiration für den Wagen. Im September 1953 trat ein amerikanischer Autoimporteur an Ferry Porsche mit der Bitte heran, eine besonders puristische und vor allem kostengünstige Variante des Typ 356 zu produzieren. Vorbild war der America Roadster von 1952, der in Kleinserie für den US-Markt entstanden war. Er brachte bis zu 200 Kilo weniger auf die Waage als das normale Cabrio.

Schon bald nach seiner Markteinführung im Herbst 1954 wurde der 356 Speedster zu einem beliebten Sportgerät in der amerikanischen Rennszene. 1956 erschien eine weitere Variante des Wagens, der 356 A. Die Kombination aus Sportlichkeit und einer gewissen Alltagstauglichkeit brachte dem Speedster das Image eines Lifestyle-Autos ein, mit dem sich zahlreiche Hollywood-Stars schmückten. James Dean zum Beispiel feierte die Premiere seines Films „Jenseits von Eden“ damit, dass er sich einen 356 Speedster kaufte und ihn auch bei Rennen einsetzte.

Danach aber sollte es mehr als 30 Jahre dauern, bis Porsche wieder einen Speedster auf die Räder stellte. 1989 bauten die Zuffenhausener die Speedster-Variante des 911 Carrera. Eine geduckte Silhouette durch die flachere Windschutzscheibe, Sportsitze und der 231 PS starke Boxermotor mit 3,1 Litern Hubraum machen den Wagen noch heute zu einer recht komfortablen Fahrmaschine. Das ungefütterte Verdeck muss man in einer genau festgelegten Prozedur unter einer Abdeckung aus leichtem Kunststoff verstauen. Der Verdeckdeckel präsentiert sich mit einer dicken Doppelhutze, die dem Speedster seine charakteristische Optik verleiht.Im Gegensatz zum Modell 356 gab es den Speedster der G-Serie in zwei unterschiedlich breiten Karosserieformen. Die schmale Form basierte auf dem Cabrio, die breite Variante auf der Karosserie des 911 Turbo.

Nach dem G-Modell kam von 1993 bis 1994 die Modellreihe 964 noch einmal in den Genuss einer auf 930 Stück limitierten Speedster-Version. Noch seltener wird die jüngste Interpretation des Freiluft-Flitzers bleiben. Der 997 II Speedster ist nur in blau oder weiß zu haben, optisch ist er die offene Version des 911 Sport Classic. Die typischen Hutzen hinter den Sitzen dürfen natürlich nicht fehlen. Im Heck tobt sich der 408 PS starke wassergekühlte Sechszylinder-Boxer aus dem 911 Carrera GTS aus. Der neue Speedster ist auf exakt 356 Exemplare limitiert, und man muss 201.682 Euro auf den Tisch des Porsche-Händlers legen. Das sind etwas mehr Scheinchen als die 12.200 D-Mark, die der erste 356 Speedster in Deutschland kostete. Schon damals war das eine stolze Summe: Ein VW Käfer Cabriolet kostete im Jahr 1954 nur 6500 Mark. Aber der offene Käfer boxte im Heck eben nur mit 30 Pferdestärken – für echten Speed musste man schon einen Porsche nehmen.

Quelle: Autoplenum, 2010-12-23

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