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Testbericht

Stefan Grundhoff, 6. November 2018
Die unendliche Geschichte der automobilen Brennstoffzelle geht in die nächste Runde. Mittlerweile bietet Hyundai auf einigen Märkten seinen Nexo an und auch Mercedes will nach zahlreichen Verzögerungen seinen GLC Fuel Cell doch noch auf die Straßen bringen. Der größte Feind des Wasserstoffs sind günstige Akkus.

Die Geschichte der Brennstoffstelle ist schon ein paar Jahrzehnte alt. Autohersteller aus Japan, den USA und Deutschland bastelten immer wieder an der als visionär bezeichneten Antriebstechnologie herum. In ein paar Jahren sollte die Technik serienreif sein und dann würde es einen Durchbruch geben - so hörte man es immer wieder. Der kam bisher nie. Während Hersteller wie Toyota, General Motors oder Honda auf technische Lösungen und Kleinserien setzten, ging Daimler einen anderen Weg. Vor sieben Jahren veranstaltete Mercedes eine groß angelegte Welttournee, auf der die Alltagstauglichkeit der automobilen Brennstoffzelle auf eine harte Probe gestellt werden sollte. Eine Kleinstflotte von elektrisch betriebenen Mercedes B-Klassen tuckerte nahezu lautlos um den Globus. Die Motoren wurden nicht von Batterien, sondern von Wasserstoff gespeist, der ähnlich wie Benzin nachgetankt werden kann. In einem aufwendigen Prozess wird der Wasserstoff zu elektrischer Energie umgewandelt und trieb die B-Klasse-Versuchsträger an.

Bereits seit den 80er Jahren dokterten die ingenieurgetriebenen Schwaben an dem Einsatz von Brennstoffzellen in Autos herum. Ein erster Proband, der MB 100 Transporter, benötigte noch seinen gesamten Laderaum als Minilabor, um die Technik unterzubringen. Es folgten zahllose Versuchsträger mit Namen Necar in Form von Kleintransportern, A- und B-Klassen und Bussen; doch zum Serienbetrieb reichte es nicht. Hier grätschten sich asiatischen Hersteller herein und ließen ihre Testflotten durch Japan, Korea und die USA surren. Mercedes kündigte immer wieder den Serieneinsatz eines Brennstoffzellenautos an, blieb die Umsetzung aber bis dato schuldig. Zuletzt sollte es 2012 / 2013 soweit sein und eine Zusammenarbeit mit den beiden Herstellern Nissan und Ford sollte Rückenwind bringen. Doch die Kooperation wurde zum Rohrkrepierer und das Brennstoffzellenfahrzeug für jedermann blieb erst einmal in der Untertürkheimer Entwicklungsgarage.

\"Die Brennstoffzellentechnologie ist integraler Bestandteil unserer Antriebsstrategie\", bricht Professor Christian Mohrdieck, Leiter des Bereichs Brennstoffzellensystem bei Daimler, eine Lanze für die Saubermann-Technik, \"die Vorteile liegen für uns klar auf der Hand: Null Emissionen, hohe Reichweiten und kurze Betankungszeiten sowie ein breites Einsatzspektrum vom Pkw bis zu Bussen, anderen großen Nutzfahrzeugen und nicht zuletzt auch für stationäre Anwendungen.\" Doch wenn man sieht, wie Mercedes sich bemüht, den Kunden Lust auf die zukünftigen Modellen Elektroflotte EQ zu machen und wer die Milliardenaufwände kennt, die hinter der batteriebetriebenen Elektromobilität stehen, hat Zweifel daran, dass die Daimler-Verantwortlichen mit Haut und Haaren für das Thema Wasserstoff brennen. Stünde die Entscheidung zu der Entwicklung eines Brennstoffzellen-PKW heute an, würde die Antwort wohl nicht derart positiv ausfallen, wie vor Jahren. Hier wurde abgenickt, dass die SUV-Allzweckwaffe GLC nicht nur als Benziner, Diesel und Plug-In-Hybride, sondern auch als Brennstoffzellenvariante angeboten werden sollte.

Der chinesische Autohersteller Great Wall Motor beabsichtigt ebenfalls, Brennstoffzellenfahrzeuge als Teil seiner alternativen Energie-Roadmap zu entwickeln. Der Autohersteller erwarb im September einen Anteil von 51,01 Prozent an der Shanghai Fuel-Cell Vehicle Company von Dynavolt Tech und will sich an H2 Mobility Deutschland beteiligen. Derzeit laufen bei verschiedenen Herstellern Bestrebungen, dem Wasserstoffantrieb die nächste Chance zu geben. Doch ist es dafür nicht zumindest für den PKW-Bereich zu spät? Dass die Autohersteller die Brennstoffzellentechnik mittlerweile im Griff haben, daran zweifelt keiner. Doch das Tankstellennetz ist trotz kleiner Zuwächse länderübergreifend nach wir vor mikroskopisch und ganz nebenbei gibt es da noch den Kunden. Dem fällt es schwer genug, im Geiste neben den bekannten Antriebsmethoden Diesel und Benzin noch Hybriden und Elektroautos zu erdenken.

Die sind bereits verfügbar oder stehen kurz vor der Tür. Bei den Wasserstoffmodellen gibt es mit Toyota Mirai, Hyundai Nexo, Honda Clarity oder Mercedes GLC Fuel Cell nicht mehr als ein paar Feigenblätter, mit denen sich einige Autohersteller weitgehend vergeblich schmücken. SUV-Modelle mit Brennstoffzelle wie der Hyundai Nexo oder der Mercedes GLC sind wegen der Platzprobleme noch nicht einmal mit dem üblichen Allradantrieb zu bekommen. Zudem sind Modelle wie der Toyota Mirai oder der Honda Clarity nicht nur technisch, sondern auch optisch polarisierend und glänzen kaum mit einem gewinnenden Äußeren. Die Preise verschlagen einem schlicht den Atem. 60.000 bis 80.000 Euro sind für ein Auto, das mit konventionellem Antrieb die Hälfte oder weniger kostet, ein Ausschlusskriterium. Kein Wunder, dass es den Mercedes nur als Mietmodell geben soll. Diese Nachteile wiegen ähnlich stark wie ein Tankstellennetz, das nicht nur in Deutschland keines ist. Was bringt es, wenn sich der 700-bar-Tank in drei bis fünf Minuten für weitere 500 bis 800 Kilometer füllen lässt wie bei einem Diesel oder Benziner. Derzeit werden in Deutschland rund 50 Tankstellen betrieben; weitere 40 sind in Planung. Das Invest ist hoch, denn eine Wasserstofftankstelle kostet je nach Anzahl der Zapfsäulen einen siebenstelligen Betrag. \"Die hohe elektrische Reichweite, kurze Betankungszeiten und die Alltagstauglichkeit eines SUVs werden ihn zum perfekten Begleiter machen\", sagt Mercedes-Entwicklungsvorstand Ola Källenius, \"möglich wird das erst durch die kompakte Bauweise unseres Brennstoffzellensystems. Ebenfalls eine echte Weltpremiere ist die Kombination mit einer großen zusätzlichen Lithium-Ionen-Batterie, die sich bequem per Plug-in-Technologie aufladen lässt.\"

Im Gegensatz zum Mercedes GLC hat der Hyundai Nexo kein zusätzliches Akkupaket, das den Elektromotor mit Leistung versorgt. Mit einer Tankfüllung in den drei im Unterboden verborgenen Karbonbehältern schluckt der Koreaner 6,3 Kilogramm Wasserstoff und ermöglicht somit eine WLTP-Reichweite von rund 600 Kilometern, während die 4,4 Kilogramm Wasserstoff im GLC für 437 Kilometer reicht. \"Wir haben in Korea gerade einmal elf Tankstellen, die Hälfte davon sind Forschungszapfsäulen\", so Sae Hoo Kim, Entwicklungsleiter des Hyundai Nexo, \"wir bräuchten in unserem Land 80 bis 100, damit davon eine echte Initiative ausgeht. Doch insgesamt müssten es mindestens 400 sein.\" Diese Zahl soll bis 2023 auch in Deutschland existieren, doch der Drang die Zapfsäulen aufzubauen ist bisher allenthalben überschaubar.

\"Im Jahre 2025 erwarten wir rund 20 Millionen Elektroautos, da die Steigerungen zuletzt bei 40 bis 50 Prozent pro Jahr lagen, \"erläutert Professor Werner Tillmetz, der sich seit 30 Jahren mit der Brennstoffzellentechnik befasst, \"das wären rund ein Viertel aller neuen Autos. Dafür würde man 1.000 Gigawattstunden an Akkuleistung benötigen. Das sind 20 Gigafactories, von denen Tesla gerade eine hat mit einem Invest von 100 Milliarden Dollar. Zudem gibt es die Rohstoffproblematik. Die Batterieprobleme hat die Brennstoffzelle nicht.\" Doch die Techniker dieser Welt haben die Brennstoffzelle schon seit vielen Jahren im breiten Serieneinsatz gesehen. Und es hapert nicht nur an der Lobby und Zapfsäulen, sondern eben auch an der Kundenakzeptanz. Der aufkommende Trend zu Elektroautos und Hybriden mit entsprechenden Akkureichweiten lässt das Problem für die automobile Brennstoffzelle eher größer werden lassen.

Und kaum ein Hersteller arbeitet derzeit mit echtem Hochdruck an dem Thema, da es teurer denn je ist, die aktuellen Verbrenner technologisch fit für die kommenden zehn Jahre zu machen und die Neuinvestitionen in den Bereichen Fahrerassistenzsysteme, Vernetzung, Elektroantriebe und Akkutechnik gigantische Summen verschlingen. So bleibt für die Brennstoffzelle nur ein vergleichsweise kleiner Teil der Investitionen über. Viele Hersteller haben sich von der Brennstoffzelle komplett verabschiedet und große, innovationsgetriebene Marken wie BMW, Audi, Volkswagen oder General Motors fahren den Bereich Wasserstoff zumindest bei den PKW nur noch auf ganz kleiner Flamme. Noch nicht geklärt ist zudem die Verwendung der alternden Brennstoffzellen-Stacks. \"Bisher hielt unser Stack im Hyundai ix35 fünf Jahre\", erklärt Sae Hook Kim, \"im Nexo sind es 5.000 Betriebsstunden oder zehn Jahre. Danach kann man ihn entweder mit geringerer Leistung anderweitig weiternutzen oder recyclen, wozu ich tendiere.\" So schwierig der Einsatz einer Brennstoffzelle im PKW aussieht, so realistisch ist eine Umsetzung im Schwerlastverkehr. Gerade den Anbietern von großen Lastwagen ist klar, dass ein Lastzug rein elektrisch angetrieben eine Batterie mit sich führen müsste, die mehrere Tonnen wiegt, um längere Strecken zurückzulegen. Gerade für schwere Lasten und lange Strecken böte sich die Brennstoffzelle daher an. Vielleicht kommt sie in Nutzfahrzeugen dann doch noch auf die Räder. Das würde den Daimler-Verantwortlichen gut passen, da die Technik des GLC F-Cell auf Transporter oder Lastwagen skalierbar ist.

Quelle: Autoplenum, 2018-11-06

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