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Testbericht

Stefan Grundhoff, 21. Juli 2014
Die Krisenregionen in der Welt sind ungezählt. In Afrika, Südamerika oder dem mittleren Osten wird erbitterter denn je gekämpft. Es geht um Leben und Tod - kein Wunder, dass die Nachfrage nach gepanzerten Fahrzeugen gigantisch ist. Eine der erfolgreichsten Firmen sitzt in Garching bei München.

In der Zeppelinstraße im Garchinger Gewerbegebiet geht es tagsüber turbulent zu. Unzählige Firmen bekommen Güter geliefert oder produzierte Waren werden abgeholt. Neue Büros werden gebaut und um die Ecke glänzt ein großes Fahrzeugzentrum von BMW. Der graue Bau von Alpha Armouring fällt einem nicht einmal auf, wenn man vor dem Tor steht. Das Gebäude wirkt auf den zweiten Blick moderner als viele der Billigbauten aus den 60er und 70er Jahren, die sonst die Straße säumen. Das Firmenschild von Alpha Armouring muss man ebenfalls suchen und Eintritt gibt es nur auf Knopfdruck. Alles hoch gesichert. Vor dem Gebäude stehen ein paar dunkle Geländewagen. So weit, so unspektakulär.

Doch genau diese Geländewagen vom Typ Mercedes G-Klasse und Toyota Land Cruiser sind - schwer gepanzert - das Geschäft der Garchinger Spezialfirma. Aus dem Norden von München gehen die gepanzerten Fahrzeuge in die ganze Welt; schützen Politiker, Diplomaten, Hilfsorganisationen und Spezialkräfte. Dort, wo es besonders gefährlich wird, kommt man um schwer gepanzerte Fahrzeuge längst nicht mehr herum. Botschafter in allen wichtigen Ländern sind seit Jahrzehnten in solchen Schutzfahrzeugen unterwegs - zumeist mit einer Sicherheitskolonne, um sich bestmöglich gegen Beschuss und Bombenanschläge zu wappnen. Während die Politiker aus der ersten Reihe zumeist mit gepanzerten Luxuslimousinen wie Mercedes S-Klasse, BMW 7er oder Audi A8 unterwegs sind, geht es bei Personen, die nicht derart in der Öffentlichkeit stehen, zumeist etwas rustikaler zu. Zudem sind die zu schützenden Personen in vielen Regionen aufgrund von zerborstenen oder nicht asphaltierten Fahrbahnen auf Geländewagen angewiesen, die sich von zerklüfteten Pisten und ein paar Straßensperren nicht beeindrucken lassen. Hierfür gibt es kaum perfektere Fahrzeuge als die Mercedes G-Klasse oder der Toyota Land Cruiser 200. Wegen der wichtigen diplomatischen Kontakte hat Alpha Armouring mittlerweile eine Außenstelle in Berlin.

"Pro Jahr produzieren wir derzeit rund 80 Fahrzeuge. Die Nachfrage ist insbesondere nach der Mercedes G-Klasse und dem Toyota Land Cruiser 200 groß", sagt Firmenchef Klaus Ackermann, "wir arbeiten hier am Standort mit gut 50 Personen. Die Hauptkunden sind Regierungen, der diplomatische Dienst oder Organisationen. Doch es gibt auch immer mehr Privatpersonen, die Schutz benötigen." Die Hauptabnehmer sitzen dabei längst nicht mehr allein in Russland und Südamerika. Gerade in Afrika oder dem mittleren Osten ist die Nachfrage nach schwer gepanzerten Fahrzeugen größer denn je.

Gepanzerte Geländewagen wie die Mercedes G-Klasse gibt es auch bei den Herstellern selbst zu kaufen. Klaus Ackermann, seit Jahren auch Karosserieexperte des Unternehmens: "Doch die können die Nachfrage kaum befriedigen, weil ihr Hauptgeschäft nun einmal die normalen Fahrzeuge sind. Und zudem sind wir deutlicher günstiger. Bei rund 220.000 Euro fängt bei uns eine gepanzerte G-Klasse mit Dieselmotor an." Wer ein Luxusmodell mit Power-V8 und Sonderwünschen will, dreht die Preisspirale locker auf über 400.000 Euro. Zu erkennen sind die schwer gepanzerten Fahrzeuge nur für Experten. In normalen Straßenbild fällt nicht auf, dass diese bestens gegen Beschuss mit Maschinengewehren, Garanten oder Sprengfallen vorbereitet sind.

Ackermann weist grimmig darauf hin, dass man schnell in den undurchsichtigen Nachrüstertopf geworfen wird. "Die Leute vertrauen uns schließlich ihr Leben an", unterstreicht er, "da geht es nicht nur um Stahlplatten und Panzerglas, sondern insbesondere um Fugenbereiche und die perfekte Verarbeitung." Acht bis zwölf Wochen dauert es, ehe ein gepanzerter Geländewagen das Firmengelände von Alpha Armouring in der Schutzklasse VR6 oder VR7 verlässt. Ihren Mercedes-Stern hat die G-Klasse dann ebenso verloren wie der Land-Cruiser das rundliche Toyota-Signet. Stattdessen gibt es auf dem Kühlergrill das doppelt A-Logo von Alpha Armouring.

Der Umbau von einer gewöhnlichen Mercedes G-Klasse zu einem schwer gepanzerten Alpha-Modell ist aufwendig. Die normalen Serienfahrzeuge werden komplett auseinander genommen, Kabel aufgerollt und dann das Auto von innen komplett neu eingekleidet. Hinter der gewöhnlichen Blechfassade werden millimetergenau Stahlplatten verbaut, um gegen schwersten Beschuss gesichert zu sein. "Wir arbeiten mittlerweile nur noch mit Stahl", so Klaus Ackermann weiter. Ist die G-Klasse weitgehend unscheinbar zu einem Panzer geworden, hat sie in der schwersten Panzerklasse VR7 (ehemals B7) um rund 1,8 Tonnen zugelegt. Allein eine Tür wiegt dann 180 Kilogramm und die jeweils 70 Kilogramm schweren Seitenscheiben sind nach der mehrwöchigen Kraftkur dick wie eine Faust - sieben Zentimeter. Der äußere Lack bleibt beim gesamten Umbau unangetastet, doch das serienmäßige Schiebedach sieht zum Beispiel nur von außen so aus, als ob es sich noch öffnen ließe.

Doch der Panzermarkt wandelt sich seit Jahren. Waren es ehemals nur Behörden, Hilfsorganisationen und der diplomatische Dienst, die schwer gepanzerte Fahrzeuge benötigten, so wuchs die Nachfrage insbesondere durch die Öffnung des Ostens beträchtlich. Gab es wegen der unsicheren Situation in Ländern wie Mexiko oder Brasilien schon immer eine nennenswerte Nachfrage nach leicht gepanzerten Modellen gegen Straßenräuber, entwickelte sich in den 90ern insbesondere in Russland der größte Markt für schwer gepanzerte Autos, die ganz nebenbei nicht selten zum Statussymbol ihrer Besitzer wurde. "Viele unserer Fahrzeuge gehen mittlerweile nach Afghanistan und immer mehr Fahrzeuge werden in afrikanische Länder wie Nigeria verkauft", hält sich Ackermann mit konkreten Informationen über seine Kunden zurück, "und toi, toi, toi - bisher ist in unseren Fahrzeugen noch niemand zu Schaden gekommen."

Die schwer gepanzerte G-Klasse von Alpha Armouring bewegt sich ebenso wie der Land Cruiser 200 im normalen Straßenverkehr unspektakulär und kaum anders als die Serienversionen. Die 1,4 bis 1,8 Tonnen Zusatzgewicht je nach Schutzklasse lassen sich nicht überspielen, aber gerade mit starken Motorisierungen gewöhnt man sich schnell an die Panzerung, die man beiden Modellen nicht einmal auf den zweiten Blick ansieht. Die verbauten Stahlplatten im Innenraum sind so groß wie möglich, weil jede Naht eine Schwachstelle sein könnte. In den unscheinbaren Reifen befindet sich auf der Felge ein Notlaufring, sodass im Notfall weiter gefahren werden kann. Die Fenster lassen sich aus Sicherheitsgründen nicht öffnen. Nur einige Modelle bekommen auf der Fahrerseite eine kleine Dokumentendurchreiche. Auch das Gefahrenszenario hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt. Längst werden die meisten Fahrzeuge nicht mehr beschossen, sondern fahren in Sprengfallen. Daher werden die Fahrzeuge auch von unten bestmöglich gesichert. Um zu zeigen, was mit einem gepanzerten Fahrzeug möglich ist, wurde in über einjähriger Bau- und Entwicklungszeit ein spektakuläres Einzelstück aufgebaut. Der Valiant hat technisch nicht mehr viel mit einer Mercedes G-Klasse gemein. Von innen sowie außen mutet er eher an, wie ein Panzerfahrzeug aus einem futuristischen Endzeitfilm. Die Panzerung ist auf militärischem Standard und das meiste, was sich dem Valiant in den Weg stellt, dürfte dieser schlicht überrollen. Zudem verfügt der Panzerwagen der Zukunft über eine Sauerstoff- und Feuerlöschanlage, Nachtsichtgeräte und Kameras rundum. Gut vorstellbar, dass ein solches Fahrzeug bald auch in Krisenregionen unterwegs ist. Sein Preis: über eine Million Euro. Sicherheit hat eben ihren Preis.

Quelle: Autoplenum, 2014-07-21

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