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Testbericht

Stefan Grundhoff, 13. Mai 2011
Die legendäre Mille Miglia lässt ein Land drei Tage in den Ausnahmezustand verfallen. Eine kleine Reise um die Welt, 1.700 Kilometer lang und halb Italien feiert mit, wenn sich eine brüllende Oldtimerkarawane bis nach Rom zieht.

Die Mille Miglia ist das bekannteste Oldtimerrennen der Welt. Ging es bei dem originalen Autorennen zwischen 1927 und 1957 darum, die rund 1.700 Kilometer lange Strecke Brescia – Rom – Brescia im fließenden italienischen Straßenverkehr in Bestzeit zurückzulegen, so ist davon weit mehr als der Charakter einer historischen Rundfahrt geblieben. Längst ist die „Mille“ seit ihrer Wiederauferstehung als imageträchtiges Oldtimerrennen ein Muss im Kalender echter Oldtimerfans. Die meisten der Teilnehmer wie der britische Slapstick-Star Mister Bean alias Rowan Atkinson wollen die Hochgeschwindigkeits-Rundfahrt einfach einmal am Steuer oder auf dem Beifahrersitz erleben, sich durch Spaliere in engen Ortschaften kämpfen und der Menge jubeln. Andere wie Vorjahressieger Giuliano Canè geht es trotz aller ihm gegebenen Bescheidenheit nur um eines: den Sieg. Die Geschwindigkeit an sich allein ist bei der Jagd nach Bestzeiten und Etappensiegen heutzutage wenig aussagekräftig. Es geht in unzähligen Sonderprüfungen zwischen Brescia und Rom um Gleichmäßigkeit und den Spaß am Autofahren in historischen Autos, die bei dem original bis zum Jahre 1957 ausgefahrenen Autorennen dabei waren. Die Lokalmatadoren Alfa Romeo beherrschten das Rennen vor dem Zweiten Weltkrieg; Ferrari danach. Rennfahrer wie Stirling Moss, Huschke von Hanstein, Tazio Nuvolari oder Pierro Taruffi machten die Italienrundfahrt zur Legende.

Das überhören viele der 375 Teilnehmer geflissendlich gerne. Denn auf wenigen historischen Rennen – schon gar nicht im öffentlichen Straßenverkehr – darf irgendetwas zwischen geduldet und erwünscht so schnell und so scharf gefahren werden wie auf der Mille Miglia. Die Italiener lieben das im 150. Geburtstagsjahr des Landes noch ein bisschen mehr als in den Jahren zuvor. „Ich bin die Mille Miglia hier schon einmal vor gut zehn Jahren gefahren“, strahlt Juan Manuel Fangio Junior, Neffe des legendären Rennfahrers mit der Sonne über Brescia um die Wette, „wir haben auch bei uns zu Hause in Argentinien eine Mille Miglia. Doch so eine Atmosphäre gibt es eben nur hier beim Original.“ Fangio, ehemals selbst erfolgreicher Rennfahrer in den verschiedensten Rennserien der Welt, teilt sich das Cockpit in diesem Jahr mit Mika Häkkinen. Beide sind in einem silbernen Mercedes 300 SLR unterwegs. Die Ellbogenkappen ihrer weißen Shirts sind stilecht mit dem karierten Muster der Rennsitze bezogen. Das ist echte Detailliebe.

Zumindest der nördliche Teil Italiens befindet sich rund um die Mille Miglia drei Tage im Ausnahmezustand. Bereits beim Start in Brescia sind die Teilnehmer mit ihren Fahrzeugen dicht an dicht von tausenden Zuschauern umringt. Die Mille Miglia ist nicht nur in den kleinen Orten an der Strecke der Höhepunkt des Jahres. Schulen und Kindergärten haben geschlossen oder machen Pause, damit die Kinder am Streckenrand Fahnen schwenken, jubeln und den Benzinduft aufsaugen können. Die Rundfahrt selbst hat als Oldtimerrennen mit überschauspar sportlichem Wert wenig mit der echten damaligen Rennveranstaltung zu tun. Doch die Atmosphäre auf den 1.000 Meilen durch den nördlichen Teil Italiens ist unvergleichlich. Die Belastung für Mensch und Maschine ist auch im Jahre 2011 eine nennenswerte und wem sonst ist schon erlaubt, ungeahndet mit Höchstgeschwindigkeit durch die Po-Ebene, die unvergleichliche Toskana oder die Hauptstadt Rom zu rasen? Bereits die erste Etappe zwischen Brescia und Bologna mit einer Nachtankunft ist für viele der schönste Teil der langen Strecke. An Kreisverkehren und Ampeln werden Teilnehmer unter stehenden Ovationen durchgewunken und frenetisch bejubelt. Juan Manuel Fangio Junior wiederholt: „So etwas gibt es eben einfach nur hier. Da kommt keine andere Veranstaltung mit.“ Derweil rauscht gerade ein Jaguar XK 120 aus dem Jahre 1949 vorbei.

Das ist der Hauptgrund, weshalb sich der Organisatoren der Mille Miglia seit der Wiederauflage im Jahre 1977 vor Anmeldungen nicht retten können. Die Teilnehmer kommen aus der ganzen Welt. Der größte Teil der Rennwagen ist von immensem Wert. Während ein BMW 328 Roadster von 1938 locker über 600.000 Euro kostet, liegen die SLR-Modellen von Fangio und Häkkinen bei ein paar Millionen Euro. Kein Wunder, dass Oldtimerfans aus Australien, den USA oder den Emiraten ihren automobilen Retrospielzeuge monatelang akribisch vorbereitet haben und frühzeitig eingeflogen haben. Einige möchten jede Sekunde der Mille Miglia in sich aufsaugen; andere fahren nur einige Etappen und genießen nur Höhepunkte der Strecke wie die jubelnden Massen in Bologna, ein nächtliches Rom, das pittoreske Florenz oder die legendäre Kurvenhatz hinauf nach San Marino, die wohl nur vom Passo della Futa zu toppen ist. Hier können sich legendäre Klassiker wie Alfa Romeo 6C 1500 Super Sport, BMW 328, Porsche 356 Mercedes 300 SLR, Bentley Speed Six, Fiat 508 oder Bugatti Typ 37 stilecht in Szene setzen.

Nicht nur die Teilnehmer der 2011er-Veranstaltung kommen aus der ganzen Welt. Auch viele Zuschauer haben ihren Jahresurlaub extra auf Mitte Mai gelegt, um den Tross der Mille Miglia über die Strecke zu begleiten. Denn so eine kleine Reise um die Oldtimerwelt gibt es eben nur einmal im Jahr – auf der Mille Miglia.

Quelle: Autoplenum, 2011-05-13

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