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Autoplenum, 2010-04-11

Mercedes E 220 CDI T - Wohlfühl-Oase

Testbericht

Stefan Grundhoff

Seit Ende der 70er Jahre gilt das Mercedes T-Modell als Nobellaster der
Oberklasse. Das aktuelle Modell bietet viel Raum, grenzenlose Sicherheit
und teuren Luxus. Doch reicht der kleine Dieselmotor mit 170 PS?

In dieser Klasse ist man standesgemäß mit einem Sechszylinder
unterwegs. Gerade bei der Konkurrenz aus München und Ingolstadt
entscheiden sich die meisten Kunden für mehr als 200 PS, sechs
Brennkammern und das obligatorische Automatikgetriebe. Bei Mercedes
sieht das ganze etwas anders aus. Viele Kunden entscheiden sich seit der
Vorgeneration W 211 für den 2,2 Liter kleinen Vierzylinderdiesel mit
Commonrail-Aufladung.

Optisch ist das aktuelle T-Modell ein typischer Mercedes-Kombi. Nichts regt
einen auf, kaum etwas sticht sonderlich ins Auge. Unauffällig wie ein VW
Golf IV fügt sich der Mercedes-Kombi seit der Vorstellung seiner ersten
Generation im Jahre 1977 in den Straßenverkehr ein. Das T-Modell trug
seither noch nie auf oder blies die Backen auf. Nicht wenige Kunden, die
sich eigentlich eine Mercedes S-Klasse kaufen würden, jedoch mehr
Laderaum benötigten, landeten in den Generationen W 123, W 124, W
210 und W 211 beim sehenswert zurückhaltenden Kombi. Doch seitdem
auch bei den Schwaben die Garde der Edel-SUV Einzug gehalten hat, tun
sich die Mercedes-Laster bei den finanzstarken Kunden schwerer.
Schließlich sind Modelle wie R-, GL- und besonders die ML-Klasse deutlich
schicker und individueller als ein gewöhnliches T-Modell. Die Crossover-
Fraktion greift insbesondere die Kunden ab, die beim Kombi eine teure,
entsprechend hoch motorisierte Version mit Sechs- oder Achtzylinder
kaufen würden.

Wohl der wichtigste Grund dafür, wieso gerade der kleine Vierzylinder-
Diesel des Mercedes E 220 CDI T in den letzten Jahren so beliebt
geworden ist. Wer sich besonders wenig gönnen möchte, gibt sich nicht
nur mit dem 125 KW / 170 PS starken Diesel, sondern auch einer
manuellen Handschaltung zufrieden. Die passt trotz ordentlicher
Abstufung nicht zum Reisecharakter einer Mercedes E-Klasse. Zudem
gibt es noch nicht einmal die erwartete Start-Stopp-Automatik, die den
Verbrauch weiter senkt. Diese kommt erst im nächsten Jahr. Daher
sollte man sich das Automatik-Kreuzchen in der Optionsliste in keinem
Fall sparen, auch wenn beim Vierzylinder nur die betagte Fünfgang-
Schaltautomatik angeboten wird. Dabei geht es jedoch ausschließlich
um einen standesgemäßen Komfortgewinn. Denn gerade mit dem
manuellen Sechsgang-Getriebe geht der 4,90 Meter lange Mercedes E
220 CDI T trotz überschaubarer Leistung kraftvoll vom Start weg los.
Ab 1.400 U/min steht das maximale Drehmoment von 400 Nm zur
Verfügung. Das Motorengeräusch ist sehr präsent und in dieser Klasse
allzu nervig. Die vier Brennkammern kann der Schwaben weder im
kalten noch im warmen Zustand überspielen. Er hat zumindest im
leeren Beladungszustand ausreichend Kraft, bietet jedoch nie die
Laufruhe, die man von einer luxuriösen E-Klasse erwarten darf.

Die Fahrleistungen liefern demzufolge nicht mehr als solides Mittelmaß. 0
auf 100 km/h in 8,8 Sekunden sind für einen Kombi dieser Klasse wenig
kaufentscheidend. Die Höchstgeschwindigkeit von 218 km/h erreicht der
1,9 Tonen schwere Hecktriebler nur mit Mühe und entsprechendem
Anlauf. Im Praxistest konnte der Kombi die Verbrauchsvorgabe des
Herstellers nicht annähernd erreichen. Statt der in Aussicht gestellten 5,8
Liter Diesel auf 100 Kilometern verbrauchte der Lademeister knapp über
acht Liter auf gleicher Strecke. Dafür ist auch ein sparsamer Sechszylinder
mit rund drei Litern Hubraum zu bewegen. Zudem muss der Fahrer sein
T-Modell mit engagierten Schaltvorgängen bei Laune halten, um zügig
voranzukommen und die Gänge schon einmal wenig artgerecht
ausdrehen.

Die große Stärke der Mercedes E-Klasse ist sein großzügiges Raumangebot
und der hohe Langstreckenkomfort. Die Sitzposition ist für Fahrer und
Passagiere jeder Größe perfekt – zumindest, wenn man sich für die
vollelektrischen Ledersitze entschieden hat. Die lassen sich auf Wünsch
erhitzen oder kühlen und lassen so jede Fahrt zu einer echten Erholung
werden. Die Materialien im Innenraum, die vorbildlich illuminierten
Schalter und Anzeigeelemente setzen in der Oberklasse ebenso Maßstäbe
wie die Sicherheitsausstattung, die mit den zahlreichen
Assistenzsystemen für sicheres Überholen oder Spurhalten den
Fahrkomfort deutlich steigert. Eine Enttäuschung ist die
Verkehrszeichenanzeige, die Tempolimits in das Multifunktionsdisplay
projiziert. Das Kameraauge überwacht alle Verkehrszeichen, kann die
Schilder zu Aufhebung des Tempolimits jedoch nicht lesen. Zudem ist die
Menüfunktion im Kombiinstrument jeweils unterbrochen, wenn ein neues
Limit kommt. Dringend nachbessern und bis dahin einfach ausschalten.

Ein Kombi definiert sich nicht zuletzt über seinen Laderaum. Das Volumen
des großen Heckabteils liegt zwischen 695 und 1.950 Litern. Die
Ladekante ist angenehm tief. Dabei öffnet und schließt die Heckklappe wie
es sich gehört vollelektrisch. Mit einem Handgriff klappen die Rücksitze
einzeln nach vorne um. Einfacher lässt sich weder reisen noch laden. Die
geringen Windgeräusche bei hohen Geschwindigkeiten sowie die
vorbildlich abgestimmte Federung und Dämpfung komplettieren nur das
nahezu perfekte Bild, dass die Mercedes E-Klasse als Reisekombi bietet.

Wenn es etwas auszusetzen gibt, sind es der wenig standesgemäße
Motor, die deplatzierte Handschaltung und die schwache
Serienausstattung. Denn in einem bleibt sich das Stuttgarter T-Modell
ebenfalls seit 1977 treu – in der endlos langen Aufpreisliste. Wer den
Edelkombi mit Getriebeautomatik, elektrischen Ledersitzen, Xenonlicht,
Mehrzonen-Klimatisierung, Navigation und weiteren üblichen
Annehmlichkeiten ausstaffieren will, drückt den bereits stattlichen
Einstiegspreis von 45.339 Euro weit Richtung 60.000er-Marke. Zudem
sollte sich der Kunde lange überlegen, ob es nicht zumindest der E 250
CDI T mit 204 PS oder besser gleich der E 300 CDI T sein soll. Der größere
Sechszylinder macht den Kombi erst zum idealen Reisebegleiter kostet
aber mit Siebenstufenautomatik gleich knapp 7.000 Euro mehr.

Quelle: Autoplenum, 2010-04-11