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Testbericht

Wolfgang Gomoll, 27. Juli 2020
Das nächtliche Parkplatz-Chaos entlang der deutschen Autobahnen wird immer dramatischer. Lkws blockieren Rastplätze, Pkw-Stellplätze und sogar die Abbiege-Fahrspuren zu den Rastanlagen. Der Bund versucht, diesem Problem Herr zu werden, aber ein neues EU-Gesetz dürfte die Situation nur noch verschärfen.

Diese brandgefährliche Situation hat wohl jeder schon einmal erlebt. Man biegt nachts auf einen Autobahnparkplatz ein und muss sofort voll in die Eisen steigen, da LKWs die Haltebuchten bis hin zum Verzögerungsstreifen blockieren. \"Vor allem unter der Woche ist die Auslastung auf den Parkplätzen. Raststätten und Autohöfen sehr hoch\", weiß der Geschäftsführer der Vereinigung Deutscher Autohöfe e.V. (VEDA) Alexander Quabach. Auch wenn im Zuge der Corona-Krise der Transportverkehr auf den deutschen Autobahnen etwas zurückgegangen ist, befindet sich das Verhältnis der LKW-Parkplätze zu dem tatsächlichen Bedarf der Brummis nach wie vor in einer gefährlichen Schieflage.

Das hat die \"Bundesweite Erhebung der Lkw-Parksituation an und auf BAB in Deutschland in den Nachtstunden\", die die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) vor zwei Jahren im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) durchgeführt hat, ergeben. Die Zahlen sind eindeutig. Pro Nacht zählten die Prüfer im Durchschnitt 94.100 abgestellte Lkws. Rund 74.500 Lkw-Fahrer nutzen die 1.929 dafür vorgesehenen Rastanlagen oder ehemalige Grenzzollanlagen, um die Nacht zu verbringen. So weit so gut. Allerdings weist der Bund für diese Anlagen eine Kapazität von 51.600 Lkw-Parkmöglichkeiten. Das bedeutet eine Überbelegung von 23.000 Stellplätzen.

Bei den Autohöfen sieht nur bedingt besser aus. Durchschnittlich 19.100 Lkws bogen zur Nachtruhe auf einen der 224 privaten Autohöfe ab. Allerdings gibt es da nur Platz für gut 18.700 Lastwagen. Die Untersuchung des BASt kommt zu dem Schluss, dass an und um die Bundesautobahnen rund 23.300 Lkw-Parkplätze fehlen. Bei dem zunehmenden Transport-Verkehrsaufkommen ist die Tendenz steigend. \"Es muss jetzt gehandelt werden, sonst wächst uns das Problem über den Kopf\", schlägt Alexander Quabach Alarm. Die \"Tank Rast GmbH\" teilt diese Einschätzung. \"An erster Stelle steht für uns dabei die klare Priorität beim Ausbau der bestehenden Rastanlagen auf der Autobahn, was auch technisch und planerisch möglich ist\", sagt Dietmar Thomas und regt an, \"über eine verstärkte Nutzung von ohnehin vorhandenen kommunalen Gewerbeflächen nachzudenken.\"

Dieser Vorschlag geht d\\\'accord mit den Plänen des Verkehrsministeriums. Mit einem fünf Punkte Plan will Minister Andreas Scheuer der Not zu Leibe rücken und durch Fördergelder auch die Tür für private Investoren öffnen, die dann in sogenannten \"autobahnnahen Gebieten\" Parkraum bereitstellen könnten. Doch da beginnen schon die Probleme. Viele gut gemeinte Ideen scheitern an dem Widerstand der Anwohner. \"Manche befürchten, sich die Kriminalität in die Gegend zu holen\", beschreibt Alexander Quabach die Ängste der Bürger. Allerdings ändert das wenig an den Tatsachen. Viele Brummi-Fahrer suchen sich in ihrer Not einen Parkplatz in Gewerbegebieten, die nahe einer Autobahnausfahrt angesiedelt sind.

Für den Ausbau der bestehenden Rastanlagen will der Bund in diesem Jahr 100 Millionen Euro in die Hand nehmen. Da der Platz endlich ist, sollen telematische Parkverfahren beziehungsweise das Kolonnen- und das Kompaktparken den vorhandenen Parkraum um bis zu 50 Prozent besser nutzen. Allerdings bedingt diese Idee auch eine gewisse Disziplin der Brummi-Fahrer. Die Idee, dass Lkws in der Nacht auch auf unbenutzten Pkw-Stellplätzen parken dürfen, nimmt die tatsächlichen Gegebenheiten schon vorweg. Ebenso wie das Aufheben der Obergrenze von 50 Lkw-Parkständen für unbewirtschaftete Rastanlagen. Hier schaffen die Lkw-Fahrer schon vielmals Fakten und kapern diese Stellflächen, um wild zu parken. Also besteht die Gefahr, dass die angedachten Lösungen das Problem nur leicht mildern, und schon gar nicht komplett aus der Welt schaffen.

Falls Lkws einen Parkplatz blockieren, wird bisweilen sogar das Rangieren zum Problem. Schließlich gibt der Fahrtenschreiber die Fahrtzeiten vor. \"Wir erleben oft, dass ein Lkw-Fahrer einem anderen den Schlüssel hinwirft und sagt: Fahr‘ Du weg, ich darf nicht mehr\", erzählt Alexander Quabach. In diesem Zusammenhang könnte das jüngst verabschiedete EU-Gesetz, das vorschreibt, dass die Fahrer ihre Ruhepausen nicht mehr im eigenen Lkw verbringen dürfen, kontraproduktiv wirken. \"Viele der Autohöfe und Rastanlagen bieten die Infrastruktur eines guten Campingplatzes, inklusive Sanitäranlagen und Restaurants. Außerdem haben es sich die Lkw-Fahrer in ihren Führerhäusern schon sehr bequem gemacht. Aus unserer Sicht können die Lkw-Fahrer gerne weiterhin in ihren Kabinen schlafen\", sagt Alexander Quabach.

Das Gesetz sieht vor, dass der Arbeitgeber für die Unterkunft aufkommen muss. Mit dieser Zwangsräumung dürfte sich das Problem nur noch verschärfen beziehungsweise verlagern. Denn damit sind die Brummis gezwungen, Hotels anzusteuern, und wie da die Parkplatzsituation aussieht, kann man sich leicht ausmalen. Für Alexander Quabach ist wichtig, dass man \"mit den Fahrern spricht und Lösungen sucht\", anstatt über ihre Köpfe hinweg entscheidet. Nur so kann man dem nächtlichen Parkplatz-Chaos auf deutschen Autobahnen Herr werden.

Quelle: Autoplenum, 2020-07-27

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